Bundestagswahl 2025
Wahlprogramme: Kultur

Kultur nimmt bisher wenig Raum im Wahlkampf ein. Dennoch gibt es in der Kulturpolitik konkrete Ideen: Filmförderung reformieren, Künstlersozialkasse erhalten, Kreativwirtschaft stärken, Erinnerungskultur bewahren - welche Partei will was? Ein Überblick.

    Blick in einen Kinosaal. Der rote Vorhang vor der Leinwand ist noch geschlossen.
    Ob zur deutschen Filmförderung, der Kreativwirtschaft oder zur Erinnerungskultur: Im Bereich der Kulturpolitik gibt es in den Wahlprogrammen durchaus Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, denn nicht jeder Partei ist die Kultur gleich wichtig. (imago / Frank Sorge / Sabine Brose)
    In den Parteiprogrammen zum Thema Kultur zeigen sich einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Die Union will sich erstmalig der deutschen Kolonialgeschichte widmen, die AfD dagegen lehnt eine Rückgabe von Sammlungsgütern an Herkunftsstaaten ab.
    Was fast alle Parteien eint: Kultur soll bezahlbar für alle Bürgerinnen und Bürger bleiben. Die meisten Parteien betonen auch die Bedeutung der Künstlersozialkasse, die Kulturschaffenden eine soziale Absicherung bietet.

    Die Parteien

    SPD: Kultur als Staatsziel in der Verfassung

    Die SPD äußert sich in ihrem Wahlprogramm auf mehreren Seiten zur Kulturpolitik. Die Partei steht für Medienvielfalt sowie Vielfalt in Kunst und Kultur. Die „uneingeschränkte Freiheit der Künste“ sei nicht nur ein „kultureller Wert, sondern ein politischer Auftrag“. Die Kultur solle deshalb als Staatsziel in der Verfassung verankert werden, damit gebe man der „Bedeutung von Kunst und Kultur in der Gesellschaft einen festen Platz“.
    „Kultur für alle“ ist ein Kernversprechen der Partei. Konkret heißt das: Kulturelle Angebote sollen für Bürgerinnen und Bürger bezahlbar bleiben. Man gewährleiste eine „zukunftsgerechte Organisation und Finanzierung der Kultur“.
    Die Sozialdemokraten wollen die Kreativwirtschaft stärken. Künstlerinnen und Künstler sollen fair bezahlt und abgesichert sein: Die Künstlersozialkasse soll ausgebaut werden. Urheberrechte sollen weiterhin gewährleistet sein, der deutsche Film soll gestärkt. Man setze sich für eine „umfassende Reform der Filmförderung“ ein. Darunter versteht die SPD unter anderem ein steuerliches Anreizsystem sowie eine Investitionsverpflichtung für internationale Streaming-Plattformen. Auch die Popkultur soll gefördert werden, zum Beispiel wolle man mit „Kulturschutzgebieten“ im Baurecht kulturelle Einrichtungen wie Clubs vor Verdrängung schützen.
    Zur Erinnerungskultur heißt es bei der SPD: Man werde die Erinnerung an die „NS-Verbrechen und die Shoah wachhalten und künftigen Generation vermitteln.“ Auch die Aufarbeitung der SED-Zeit und des Kolonialismus müsse weitergehen. Konkret heißt es dazu nur: Man wolle Kultur- und Gedenkorte fördern.

    CDU/CSU: Kulturföderalismus bewahren

    "Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit, auf dem wir als Nation heute stehen und auch in Zukunft stehen wollen“, schreibt die Union. Kunst und Kultur findet sich im Wahlprogramm wieder, vieles bleibt allerdings vage und unkonkret. Die Förderung von Kunst und Kultur sei eine Aufgabe, die Kommunen, Länder und Bund gemeinsam gewährleisten müssten, schreibt die Partei.
    So möchte die CDU den „Kulturföderalismus bewahren und stärken“. Eine kulturelle Infrastruktur zähle zur Daseinsvorsorge, Museen, Galerien, Theater und Bibliotheken gehörten auch in den ländlichen Raum. Konkreter wird es an diesem Punkt nicht, genauso wenig wie bei dem Punkt, dass man Zukunftstechnologien und Kultur "Zusammendenken" wolle. Man setze sich dafür ein, „dass die Potenziale genutzt werden“, heißt es lediglich.
    Die CDU möchte auch „Clubs als Kulturorte“ anerkennen und die Kreativwirtschaft stärken. Letzteres soll vor allem durch eine Förderung der Musikindustrie sowie eine Kino-, Film-, und Games-Förderung bewerkstelligt werden.
    Erstmalig erweitert die CDU ihren Punkt der Erinnerungskultur, neben den beiden totalitären Regimen in Deutschland, auch „um die Geschichte des Kolonialismus“. Die SED-Diktatur soll weiterhin aufgearbeitet werden und die Erinnerung an Flucht und Vertreibung wach gehalten sowie das kulturelle Erbe der Heimatvertriebenen gepflegt werden.

    Bündnis 90/Die Grünen: Kultur konkret fördern

    Die Grünen widmen der Kultur im Vergleich viel Platz in ihrem Wahlprogramm und werden an einigen Stellen auch konkreter zur Umsetzung. Die größten Überschneidungen weisen sie mit der SPD auf. So wollen sie zum Beispiel auch ein „Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern“ und damit Kunst und Kultur „umfassend und in der Breite“ stärken.
    Kulturelle Orte wie Theater, Kinos, Bibliotheken und Clubs sollen im Gewerbemietrecht vor Verdrängung geschützt werden. Kommunen sollen mit dem „Deutschlandfonds“ finanziell unterstützt werden, um dringende Investitionen, auch im Bereich Kultureinrichtungen, tätigen zu können.
    Weitere Punkte möchte die Partei angehen:
    • Der Kulturpass soll ausgebaut werden. Davon profitieren dann 18-jährige, die mit einem Guthaben Kultur nutzen können.
    • Die Freie-Szene soll durch den Ausbau des Bundeskulturfonds profitieren.
    • Die begonnene Reform der Filmförderung soll abgeschlossen werden.
    • Die soziale Lage von Künstlern soll verbessert werden, indem die Künstlersozialversicherung „zukunftsfest“ gemacht wird.
    • Kleine Verlage sollen gefördert werden.
    • Im Urheberrecht werde man weiterhin für eine „angemessene Vergütung“ kämpfen.
    Zur Erinnerungskultur heißt es: Man wolle Erinnerungsorte pflegen, KZ-Gedenkstätten mit genug Mitteln ausstatten und die Auseinandersetzung mit DDR-Unrecht konsequent fortführen. Die Errichtung des Mahnmals für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft wolle man vorantreiben; das geplante Dokumentationszentrum „Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft“ realisieren. Auch die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit soll fortgeführt werden, zum Beispiel durch ein Lern- und Erinnerungszentrum.

    FDP: Kultur als Inspiration liberaler Debattenkultur

    Die FDP hält es mit Blick auf die Kulturpolitik in ihrem Wahlprogramm kurz. Wie SPD und Grüne wollen sie die „Kultur als Staatsziel im Grundgesetz verankern“, denn die Kultur inspiriere „liberale Debattenkultur“ und sei „Ausdruck gelebter Individualität“.
    Folgende Punkte werden in dem FDP-Programm noch erwähnt:
    • Die Kultur- und Kreativwirtschaft soll durch „hervorragende Rahmenbedingungen“ weiter unterstützt werden.
    • Man setzt sich für die Aufhebung der Unterscheidung von E- und U-Kultur ein.
    • Die Partei ist für einen neuen, zeitgemäßen Kulturbegriff, der auch Design, Comics und Games umfasst.
    • Das bestehende Schutzniveau beim Urheberrecht soll erhalten bleiben.
    In puncto Erinnerungskultur heißt es, für Schüler solle es einen verpflichtenden Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte geben. Auch die Auseinandersetzung mit der „Deutschen Teilung und dem DDR-Unrechtsregime“ soll durch den Besuch einer Gedenkstätte verpflichtend werden.

    AfD: Deutsche Leitkultur statt „Multikulturalismus“

    Im Bereich der Kultur setzt die Alternative für Deutschland ihren Schwerpunkt auf die Erinnerungskultur und die deutsche Leitkultur. „Die offizielle Erinnerungskultur darf sich nicht nur auf die Tiefpunkte unserer Geschichte konzentrieren, sie muss auch die Höhepunkte im Blick haben“, heißt es. Man wolle zudem ein "Informationszentrum für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft“ errichten und die SED-Opferrente erhöhen. Auch das Leid der Heimatvertriebenen dürfe nicht vergessen werden.
    Die Partei sei gegen ideologisch geprägte Denkmäler und das Umbenennen von Straßennamen. Die Debatte um eine „angeblich notwendige Dekolonisierung“ wird abgelehnt. Genauso wie die „pauschale Rückgabe von Sammlungsgütern aus kolonialem Kontext“.
    Die deutsche Sprache soll geschützt und gepflegt werden und im Grundgesetz als Staats- und Amtssprache festgeschrieben werden. Gendergerechte Sprache lehnt die AfD ab und diese soll in öffentlichen Einrichtungen und staatlichen Stellen verboten werden.
    Kulturpolitische Aktivitäten des Bundes will die AfD begrenzen. Ihr ist die Kulturhoheit der Länder wichtig. „Politische Vorgaben der staatlichen Kulturförderung“ lehnt die Partei ab. Auch eine Filmförderung, die „darauf abziele ideologische Themen“ in Filmen zu verankern, lehnt die Partei ab. Stattdessen spricht sie sich für künstlerische Freiheit als Maßstab aus.

    Die Linke: Zugängliche Kultur für alle

    Kultur soll für alle zugänglich sein, egal wie viel Geld jemand hat, fordert die Linke. Deswegen müssten Länder und Kommunen vom Bund so finanziell ausgestattet werden, dass sie sich eine Kulturförderung leisten können. Des Weiteren brauche es in der Kulturförderung "paritätisch besetzte Gremien und Jurys.“ 
    Außerdem spricht sich die Linke für Mindeststandards bei der Honorierung von Kunst- und Kulturarbeit aus. Auch die Künstlersozialkasse soll erhalten bleiben und der Bundeszuschuss für diese erhöht werden.
    In ihrem Programm fordert die Linke einen „rechtssicheren Mietendeckel“, von dem auch kulturelle Einrichtungen profitieren würden, die sich sonst Mieten nicht mehr leisten können. Auch soll es Bundesregularien geben, die Stadtplanern ermöglichen, Freiräume, zum Beispiel für Clubkultur, mitzudenken.
    Für unrechtmäßig erworbene Kulturgüter bräuchten Museen klare rechtliche Reglungen zur Rückgabe. Auch soll es öffentliche Mittel zum Erforschen der Herkunftsgeschichte geben. Man setze sich zudem für eine "antifaschistische Erinnerungskultur“ ein.

    BSW: Bessere soziale Absicherung für Kulturschaffende

    Kultur kommt im BSW-Programm in wenigen Punkten vor. Kunst und Kultur sowie kulturelle Teilhabe soll als „Pflichtaufgabe des Staates“ definiert werden, fordert das Bündnis Sahra Wagenknecht. Dabei unterstütze man die Initiative „Schutz von Kunst und Kultur ins Grundgesetz“.  Fördermittel müssten diskriminierungsfrei und ohne "Verpflichtung von politischen Bekenntnissen" vergeben werden.
    Auch für eine bessere soziale Absicherung von freischaffenden Künstlern setzt sich das BSW ein. Deswegen lehnt die Partei „jeglichen Angriff“ auf die Künstlersozialkasse ab, stattdessen müsse sie reformiert werden, um weiterhin Kulturschaffenden als Existenzsicherung zu dienen.

    nba