Tina Winklmann ist in ihrem Element. Gewohnt hemdsärmelig appelliert die sportpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen an die Opposition, sie möge mithelfen, den Entwurf des Sportfördergesetzes doch noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
"Es waren jetzt mal Punkte, die von der Union gebracht wurden. Die jetzt an einem Tisch gemeinsam zu besprechen, für Sportdeutschland, das wäre eine Sache, das wär ‚a gmahde Wiesn‘. Na ja, ich hoffe, sie kommen noch auf uns zu."
Zur ersten Lesung des Sportfördergesetzes Anfang Dezember verlieren sich gerade einmal zwei Dutzend Bundestagsabgeordnete im weiten Rund des Plenarsaals. Nahezu die gesamte Legislaturperiode hat die Regierung gebraucht, um den Gesetzentwurf zur Förderung des Spitzensports vorzubereiten. Nun ist die Ampel-Koalition Geschichte, eine Mehrheit für das Gesetz nicht zu erwarten. Regierung und Opposition führen eine Schaufensterdebatte – vorgezogener Wahlkampf. Auf der einen Seite Sabine Poschmann, sportpolitische Sprecherin der SPD.
"Über zwei Jahre Arbeit und Diskussionen könnten noch in die Umsetzung gehen, sofern die Opposition sich jetzt mal bewegt. Der wesentliche Kern des Gesetzes ist die Sportagentur. Sie soll die Gelder, die der Bund zur Verfügung stellt, effizient und zielgerichtet einsetzen. Dafür sollen sportfachliche Konzepte zur Leistungssportentwicklung und -steuerung erarbeitet werden."
In den Wahlprogrammen wird das Sportfördergesetz nicht erwähnt
Auf der anderen Seite Fritz Güntzler, Obmann der Unionsfraktion im Sportausschuss.
"Sie haben die Spitzensportförderung angesprochen. Ich teile alles, was Sie zu der Frage gesagt haben, wie wichtig der Spitzensport ist, von daher ist es richtig, dass wir Veränderungen brauchen. Ich spreche auch gar nicht gegen ein Sportfördergesetz. Ich finde bloß, das Sportfördergesetz muss gut und richtig gemacht werden. Fragen, die noch geklärt werden müssen, sind zum Beispiel: Ist die Rechtsform der Agentur im Rahmen einer Stiftung richtig? Das kann man nicht mal eben besprechen."
Am Ende der gut 30-minütigen Debatte wird der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den federführenden Sportausschuss überwiesen. Damit ist klar: Das Parlament wird sich erst in der kommenden Legislaturperiode mit dem Sportfördergesetz beschäftigen sollen. In den Wahlprogrammen allerdings findet sich dazu bei keiner der Parteien eine Aussage. Philipp Hartewig, sportpolitischer Sprecher der FDP, ist dennoch überzeugt: Die neue Bundesregierung werde einen neuen Anlauf nehmen.
"Das Gesetzgebungsverfahren beginnt natürlich von Null, aber es gibt ja extrem viel Expertise, die ganzen Papiere werden ja auch nicht geschreddert oder die Erfahrungen, und ich gehe auch davon aus, dass in der Sportpolitik nicht fraktionsübergreifend alle Akteure neu sein werden, sodass ich da guter Dinge bin, dass man da auch viel gewinnbringend verwenden kann, um dann eine Reform schneller als in dieser Legislatur in den parlamentarischen Prozess einzubringen und bin da optimistisch."
Viel Unverbindliches und wenig Neues
Eine Umfrage unter den Abgeordneten bestätigt seine Annahme: Das gesamte sportpolitische Spitzenpersonal des Bundestages stellt sich zur Wiederwahl. Einzige Ausnahme: André Hahn von der Linken. Auch Phillip Hartewig würde es gern noch einmal schaffen. Angesichts der schlechten Ergebnisse der FDP bei den Landtagswahlen 2024 in seinem Wahlkreis Mittelsachsen ist damit jedoch eher nicht zu rechnen. Seine letzten Worte in der Plenardebatte klingen nach Abschied.
"Und da ich davon ausgehe, leider, dass das Gesetz jetzt nicht zu einem Ende kommt, möchte ich aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Sportausschuss für die angenehme Zusammenarbeit zu bedanken, ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen. Vielen Dank."
Wenig Neues oder Überraschendes
Vielleicht wird er in Zukunft gar nicht so viel vermissen. Denn der Blick in die Wahlprogramme der Parteien zeigt viel Unverbindliches und wenig Neues oder Überraschendes, was den Sport anbelangt. Einzig beim Geld wird es konkret. CDU und CSU fordern eine jährliche Sportmilliarde, um damit Sportstätten zu bauen und zu sanieren. SPD und Grüne wünschen sich dafür einen ‚Deutschlandfonds‘ – ohne konkrete Summen zu hinterlegen.
Um dem Sport eine starke Stimme zu geben, will die Union einen Staatsminister für Sport und Ehrenamt ernennen – angesiedelt im Bundeskanzleramt. Möglicherweise ein Posten für Stephan Mayer, CSU, aktuell sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Von 2018 bis 2021 war er parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und dort für den Sport zuständig. Ein streitlustiger Mann, der sich in den Debatten zuletzt auffallend versöhnlich gezeigt hat.
"Natürlich kann man Medaillen und Weltmeistertitel nicht prognostizieren, das ist ja das Schöne am Sport. Dass da immer noch ein bisschen Zufall mit dabei ist, teilweise natürlich dann auch Überraschungseffekte usw., aber ich glaube: Eine gewisse Objektivierung der Potenziale der einzelnen Verbände, vor allem der olympischen Verbände macht schon Sinn."
Ein Thema ist bei Union, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in ihren Wahlprogrammen aber besonders präsent: das Ehrenamt. Bürokratie- und Haftungsprobleme sollen gelöst, Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale spürbar erhöht werden. Die Grünen wollen eine bundesweit gültige Engagementkarte einführen, so ihre sportpolitische Sprecherin Tina Winklmann, um den Besuch von Schwimmbädern und Kultureinrichtungen oder die Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel zu vergünstigen.
„Ohne das Ehrenamt würde unser Sport, unser geliebter Sport ganz schnell stillstehen. Da wäre eben die Bewegung weg. Deswegen: Dankeschön an alle Ehrenamtlichen, ihr seid unser Pfeiler, und wir stärken euch!“
Bei AfD, BSW und der Linken findet sich dazu nichts. In deren Wahlprogrammen spielt der Sport insgesamt keine Rolle.
Bleibt das Thema Olympiabewerbung. Hier sind sich alle Parteien einig. Sie unterstützen den DOSB, sich für olympische und paralympische Spiele in Deutschland zu bewerben.