Staatliche Gerichte dürften sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen, "solange dieses nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen steht", begründeten die Richter ihre Entscheidung.
Im konkreten Fall geht es um den Chefarzt eines Düsseldorfer Krankenhauses. Nach dessen zweiter Eheschließung hatte ihm die Klinik gekündigt. In allen Instanzen war zuvor entschieden worden, dass die Entlassung unwirksam sei. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte zwar, dass Kirchen von ihren Beschäftigten ein loyales Verhalten im Sinne des eigenen Selbstverständnisses verlangen könnten. Allerdings habe die Klinik bei protestantischen Kräften nach einer zweiten Heirat nicht zum Mittel der Kündigung gegriffen. Zudem habe die Einrichtung gewusst, dass der Mediziner vor der Eheschließung lange unverheiratet mit der Frau zusammengelebt habe.
Urteil mit Einschränkung
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki begrüßte das Urteil. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gebe der Kirche Rechtssicherheit. "Wir werden mit dieser verfassungsrechtlich gewährleisteten Freiheit weiterhin verantwortlich umgehen", so Woelki.
Der Zweite Senat unter Leitung von Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle weist darauf hin, dass das Grundgesetz "die korporative Religionsfreiheit vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zuzumessen ist". Die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates sei Grundlage der modernen, freiheitlichen Gesellschaft, verwehre dem Staat aber auch, Glauben und Lehre einer Kirche zu bewerten. "Die Eigenständigkeit der kirchlichen Rechtsordnung hat er zu respektieren", heißt es wörtlich.
Einschränkend weist der Senat darauf hin, dass überwiegend der Gewinnerzielung dienende kirchliche Organisationen dieses Vorrecht nicht in Anspruch nehmen könnten.
(bor/gue)