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Bundesverfassungsgericht
Massive Zweifel am Betreuungsgeld

Das Bundesverfassungsgericht stellt die Rechtmäßigkeit des Betreuungsgelds infrage. In einer mündlichen Verhandlung äußerte Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof massive Zweifel daran, ob der Bund das entsprechende Gesetz überhaupt erlassen durfte.

    Manuela Schwesig in der 24-Stunden-Kita "nidulus duo" in Schwerin
    Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig kämpfte als Oppositionelle gegen das Betreuungsgeld - muss es nun als Ministerin aber verteidigen. (dpa/picture alliance/Bodo Marks)
    Das Betreuungsgeld war von der schwarz-gelben Koalition beschlossen worden und wurde am 1. August 2013 eingeführt. Es wird an Eltern gezahlt, die ihre ein- und zweijährigen Kinder nicht in eine staatlich geförderte Kindertagesstätte oder zu einer Tagesmutter geben. Hamburg hatte gegen die Sozialleistung geklagt, ein Urteil des zuständigen Ersten Senats des Verfassungsgerichts wird erst in einigen Monaten erwartet.
    Gerichtsvizepräsident Kirchhof betonte, dass der Bund auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge nur dann ein Gesetz erlassen dürfe, wenn dies "zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich" sei. Unterschiedliche Lebensverhältnisse seien aber "in der Tat nicht so einfach nachzuweisen", musste der Prozessbevollmächtigte der Regierung, Michael Sachs, einräumen.
    Regierung argumentiert mit Gesamtkonzept
    Die Differenz müsste allerdings erheblich sein, hatte zuvor die Berichterstatterin des Verfahrens, Gabriele Britz, betont - wenn etwa der Ausbau von Kita-Plätzen in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich stark vorankomme. Die Regierung allerdings argumentierte in erster Linie damit, dass das Betreuungsgeld Teil eines Gesamtkonzeptes zur Unterstützung von Familien bei der Kinderbetreuung sei.
    Das bezweifelte die vormalige SPD-Regierung Hamburgs und strengte daher die Klage an. Der Senat der Hansestadt hält die Leistung auch deshalb für grundgesetzwidrig, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, indem sie traditionelle Rollenbilder verfestige und Mütter vom Erwerbsleben fernhalte.
    Bedenken bei der Ex-Justizministerin
    Auch die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) äußerte im Deutschlandfunk Bedenken: "Dass jemand, der ein Angebot nicht wahrnimmt, dafür einen Ausgleich bekommt, das ist einmalig", sagte sie. CSU-Familienpolitikerin Silke Launert widersprach im DLF-Interview: "Das Gesetz ist neutral gestaltet."
    Pikant: Familienministerin Manuela Schwesing ließ sich bei der Verhandlung von ihrem Staatssekretär Ralf Kleindiek vertreten. Dieser war vor seinem Wechsel nach Berlin Staatsrat in der Hamburger Justizbehörde - und hat die Klage maßgeblich mit vorbereitet.
    (swe/tön)