Einzelne müssten darauf vertrauen dürfen, dass sie nach einem Freispruch nicht noch einmal belangt würden, hieß es.
Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte ein Freigesprochener in einem Mordfall von 1981, bei dem eine 17-Jährige vergewaltigt und getötet worden war. Der Mann wurde aus Mangel an Beweisen rechtskräftig freigesprochen. Nach einem neuen DNA-Gutachten und der Gesetzesänderung wurde das Verfahren gegen ihn im vergangenen Jahr wieder aufgenommen. Die Reform sollte es ermöglichen, Tatverdächtigen auf Basis neuer Erkenntnisse noch einmal den Prozess zu machen. Der Bundestag hatte die Änderung der Strafprozessordnung noch zu Zeiten der Großen Koalition von Union und SPD beschlossen.
Justizminister Buschmann zufrieden
Bundesjustizminister Buschmann zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung. Er habe die Zweifel an der Verfassungskonformität der Regelung geteilt, sagte der FDP-Politiker in Berlin. Mit dem Urteil erlange man nun Klarheit und Rechtssicherheit. Auch der Deutsche Anwaltverein begrüßte die Entscheidung. Das nun gekippte Gesetz hätte Freisprüchen die Rechtskraftwirkung genommen, hieß es. Die Grünen-Rechtsexpertin Bayram erklärte, das Gericht sei seinem Wächteramt in vollem Umfang gerecht geworden.
Krings (CDU): "Bitter für die Angehörigen von Mordopfern"
Der CDU-Parlamentarier Krings meinte dagegen, das Urteil sei bitter für die Angehörigen von Mordopfern. Es könne zudem negative Auswirkungen auf die Verfolgung von Kriegsverbrechen haben. Auch der frühere Bundesanwalt Schädler kritisierte das Urteil und kündigte an, im Fall der 1981 getöteten Schülerin aus Niedersachsen weiter für eine Verurteilung zu kämpfen.
(Az. 2 BvR 900/22)
Hör-Tipp
Hören Sie zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Interview aus dem Deutschlandfunk-Programm mit Stefan Conen vom Deutschen Anwaltverein
Diese Nachricht wurde am 31.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.