Eine endgültige Entscheidung werde im Hauptsacheverfahren fallen, teilte das Gericht in Leipzig mit. Demnach sind die Erfolgsaussichten der Klage offen. Es bestünden jedoch keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes, auf das sich das Verbot von Bundesinnenministerin Faeser gestützt hatte. "Alles spricht auch dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig ist", schlussfolgert das Gericht. Es gebe keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Antragstellerin, also der Compact-Magazin GmbH, um einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes handele.
Zweifel an Verhältnismäßigkeit des Verbots
Ob diese Vereinigung aber den "Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung" erfülle, könne derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Es ließen sich in den Veröffentlichungen zwar "Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde" erkennen. Auch lasse sich aus vielen Beiträgen "eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen" herauslesen. Zweifel bestünden jedoch, ob dies alles derart prägend sei, dass das "Compact"-Verbot mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei. Denkbar seien statt eines Verbots auch "mildere Mittel", dazu zählt das Gericht "presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen".
Kritik von FDP an Faeser
Der FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Kubicki sagte dem "Tagesspiegel", Bundesinnenministerin Faeser (SPD) habe sich auf juristisch extrem dünnes Eis begeben und sei eingebrochen. Der parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hoffmann, sagte der dpa, die Gerichtsentscheidung werfe ein verheerendes Licht auf Faesers Sachkompetenz. Die innenpolitische Sprecherin der Gruppe der Linken im Bundestag, Renner, sprach in der derselben Zeitung von einer guten Nachricht und einem Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat. AfD-Chefin Weidel nannte das Verbot einen dreisten Angriff auf die Pressefreiheit und forderte Faesers Rücktritt.
DJV: Verbot war politischer Schnellschuss
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein klares Bekenntnis zum Grundrecht der Pressefreiheit. "Damit steht fest, dass das Compact-Verbot ein politischer Schnellschuss war, der heute nach hinten losging", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Beuster. "Bis eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache vorliegt, kann noch viel Zeit vergehen." Faeser müsse ihren berechtigten Kampf gegen den Rechtsextremismus unter Beachtung der verbrieften Grundrechte führen. Der politische Flurschaden sei sonst immens.
Compact will Arbeit schnell wiederaufnehmen
Compact-Chefredakteur Elsässer kündigte nach der Entscheidung in Leipzig an, schnell die Arbeit des Magazins wieder aufzunehmen. Auf X schrieb er: "Wir können jetzt mindestens zwei bis drei Jahre in Ruhe weiter arbeiten." Er hoffe auf eine baldige Rückgabe der eingezogenen Technik und Computer. Elsässer forderte den Rücktritt von Bundesinnenministerin Faeser.
Faesers Gründe für ein Verbot
Faeser (SPD) hatte Compact Mitte Juli verboten. Sie begründete das Vorgehen damit, dass das Blatt ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene sei und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte.
Gegen das Verbot reichte die Compact-Magazin GmbH beim Bundesverwaltungsgericht sowohl eine Klage als auch einen Eilantrag ein, über den nun entschieden wurde. Das Gericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig.
(Az. 6 VR 1.24)
Diese Nachricht wurde am 14.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.