Seit Jahren übersteigt die Stickoxidbelastung in vielen Städten die von der EU festgelegten Grenzwerte. Vor allem Dieselfahrzeuge werden für die hohe Schadstoffkonzentration verantwortlich gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht prüft, ob Fahrverbote rechtlich zulässig wären, um die Luft sauberer zu machen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Warum geht es nur um Dieselautos?
Die Schadstoff-Grenzwerte für Stickoxid (NOx) sind in vielen deutschen Städten schon lange zu hoch. Der Verkehr trägt nach Angaben des Umweltbundesamts rund 60 Prozent zur NOx-Belastung bei. Daran wiederum sind Diesel-Fahrzeuge zu 72,5 Prozent beteiligt. Sie gelten deshalb als Hauptquelle für Stickoxide in den Städten. Nach aktuellen Zahlen ist die Belastung zuletzt zwar etwas gesunken. Aber immer noch werden die Grenzwerte in knapp 70 Städten überschritten - am stärksten in München, Stuttgart und Köln.
Worum geht es vor dem Bundesverwaltungsgericht?
Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt nicht darüber, ob Fahrverbote einzuführen sind - das Gericht prüft die Rechtsgrundlage dafür. In letzter Instanz geht es im Kern um die Frage, ob Städte Fahrverbote nach geltendem Recht und ohne eine bundesweit einheitliche Regelung anordnen können, damit Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden können. Konkret geht es um die Luftreinhaltepläne von Düsseldorf und Stuttgart. Die zuständigen Verwaltungsgerichte hatten die Städte dazu verpflichtet, ihre Pläne so zu verschärfen, dass die Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden. In Stuttgart wurden dabei explizit Fahrverbote als "effektive Maßnahme" genannt.
Wie wahrscheinlich sind Fahrverbote?
Auch wenn das Bundesgericht konkret nur über die beiden Fälle aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg verhandelt - die Entscheidung hat eine deutschlandweite Signalwirkung. Vor allem dann, wenn das Gericht zu dem Schluss käme, dass Fahrverbote rechtlich zulässig sind. Für jede Stadt, in der Grenzwerte überschritten werden, wäre es dann möglich, Fahrverbote für ältere Diesel als Option in den jeweiligen Luftreinhalteplan aufzunehmen. Es gibt aber keinen Automatismus. Fahrverbote wären immer eine Einzelfall-Entscheidung und könnten unterschiedlich ausfallen. Sie könnten zeitlich auf bestimmte Strecken und Stadtzonen begrenzt sein, in denen die Grenzwerte am stärksten überschritten werden. Mehrere Polizei-Gewerkschaften halten ein Fahrverbot jedoch nicht für kontrollierbar - und damit nicht für durchsetzbar. Der Motor-Experte Michael Bargende von der Universität Stuttgart hält Software-Updates in Diesel-Fahrzeugen deshalb für die sinnvollere Lösung. Dadurch könnten die Stickoxid-Emissionen eines Fahrzeugs um 40 bis 60 Prozent gesenkt werden, sagte er im Dlf. Diese Maßnahme sei innerhalb eines Jahres umsetzbar - und damit viel schneller als Fahrverbote.
Welche Folgen hätten Fahrverbote?
In Deutschland gibt es Millionen von Dieselautos. Kommunale Spitzenverbände und die Wirtschaft warnen davor, dass bei Fahrverboten das städtische Leben lahmgelegt werden könnte - etwa, wenn Geschäfte nicht beliefert werden oder Handwerker nicht mehr zu Kunden kommen. Auch wenn es Ausnahmeregelungen geben könnte, wären auf jeden Fall zahlreiche Pendler betroffen. Dieselfahrern drohen zudem starke Wertverluste ihrer Autos. Der Druck auf Politik und Hersteller würde zunehmen, Hardware-Nachrüstungen auf den Weg zu bringen, um die Emissionen der Dieselfahrzeuge zu senken. Die Deutsche Umwelthilfe sieht ihre Klagen gegen die Luftreinhaltepläne vieler Städte auch als Hilfe für Dieselbesitzer, Ansprüche durchzusetzen.
Und was ist mit der "Blauen Plakette"?
Mit ihr wären Unterscheidungen möglich und es käme - sollte das Bundesverwaltunsgericht den Weg dafür ebnen - nicht zu pauschalen Fahrverboten. Vielmehr würden moderne Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6 die Plakette bekommen und wären dann von Fahrverboten ausgenommen. Zudem könnte mit der bundesweiten "Blauen Plakette" ein Flickenteppich vieler unterschiedlicher Regeln verhindert werden. So argumentierte zum Beispiel Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann (Bündnis'90/Grüne) im Deutschlandfunk. Während Umweltverbände, aber auch Länder die Einführung seit langem fordern, lehnt die Bundesregierung die Plakette bisher ab und warnt vor einer "Enteignung von Millionen Diesel-Besitzern". Denn nur wenige Dieselautos erfüllen die neueste Abgasnorm.