Susanne Kuhlmann: Es war eine gute Nachricht, die Bundesagrarminister Christian Schmidt diese Woche verkünden konnte: Dem deutschen Wald geht es gut. Das ist die Bilanz der dritten Bundeswaldinventur. Alle zehn Jahre laufen Gutachter durch die Wälder und machen eine Bestandsaufnahme. Die ist aber nicht zu verwechseln mit den jährlichen Waldschadensberichten, in denen es um die Gesundheit der Bäume geht.
Mehr als 90 Milliarden Bäume bilden den deutschen Wald. Es gibt so viel Holz, wie seit Jahrhunderten nicht mehr, und mehr Mischwald als noch vor zehn Jahren.
Am Telefon ist Jörg-Andreas Krüger, Waldexperte beim World Wide Fund For Nature (WWF). Guten Tag, Herr Krüger.
Jörg-Andreas Krüger: Guten Tag, Frau Kuhlmann.
Es hat sich eine Menge getan
Kuhlmann: Geht es dem Wald gut?
Krüger: Dem Wald geht es auf jeden Fall ein Stückchen besser als noch vor zehn Jahren. Wir kamen damals ja aus einer Situation, wo wir ganz viele Monokulturen noch hatten, die altersgleich waren, die klassischen Fichtenäcker, die natürlich sehr, sehr sturmwurfgefährdet waren, die sehr anfällig waren für Insektenbestände und Insektenkalamitäten, und da hat sich eine Menge getan. Es ist viel gemacht worden, um Wälder umzuwandeln in Mischwälder und auch die Altersstufen etwas gemischter darzustellen, sodass insgesamt das Kalamitätsrisiko runtergegangen ist.
"Wir brauchen dieses Netz von Nullnutzungsflächen"
Kuhlmann: Der Wald hat aber auch viele Aufgaben. Er soll Holz liefern, er ist Freizeitgebiet, er ist wichtig fürs Klima und auch für die Artenvielfalt. Wo liegen denn im Moment die Prioritäten?
Krüger: Aus unserer Sicht vom WWF ist es so, dass wir in Deutschland vor allem in zwei Bereichen noch Nachholbedarf haben. Das eine ist ganz definitiv der Bereich des Artenschutzes, der Artenvielfalterhaltung. Da brauchen wir ein Netz von ungenutzten Waldflächen.
Wir haben eine Kulturlandschaft im Wald, die nahezu alle Waldflächen in Nutzung hat, und wenn man sich das mal vorstellt, wie das funktionieren soll, dann wird klar, dass wir damit ein Problem haben, denn Bäume wie die Buche, die 250 bis 300 Jahre alt werden, Eichen auch gerne mal sieben, 800 Jahre, werden aber gefällt nach 100, 120, 130 Jahren, je nachdem wie der Standort ist, weil es so ist, dass ab diesen Altersstufen der Zuwachs geringer wird und gleichzeitig die Bäume anfangen, anfälliger für Pilze zu werden, Sauerstoffeinschlüsse ins Holz passieren, das Holz also entwerteter wird, sodass die Forstwirtschaft damit weniger anfangen kann.
Wir haben eine Kulturlandschaft im Wald, die nahezu alle Waldflächen in Nutzung hat, und wenn man sich das mal vorstellt, wie das funktionieren soll, dann wird klar, dass wir damit ein Problem haben, denn Bäume wie die Buche, die 250 bis 300 Jahre alt werden, Eichen auch gerne mal sieben, 800 Jahre, werden aber gefällt nach 100, 120, 130 Jahren, je nachdem wie der Standort ist, weil es so ist, dass ab diesen Altersstufen der Zuwachs geringer wird und gleichzeitig die Bäume anfangen, anfälliger für Pilze zu werden, Sauerstoffeinschlüsse ins Holz passieren, das Holz also entwerteter wird, sodass die Forstwirtschaft damit weniger anfangen kann.
Das heißt, gerade für Käfer, für Insekten, für Pilze, die auf sehr alte Bäume und zerfallende Bäume angewiesen sind, lässt sich das nicht mit den Bedürfnissen der Forstwirtschaft auf derselben Fläche vereinbaren.
Darum sagen wir, wir brauchen dieses Netz von Nullnutzungsflächen, von Flächen, in denen sich die Natur wieder selber im Wald entwickeln kann. Da hat die Bundesregierung 2007 bereits beschlossen, dass dem so sein soll, und da muss mit der Umsetzung jetzt Ernst gemacht werden.
Abbau von Monokulturen kann bis zu 30 Jahre dauern
Kuhlmann: Ein anderer Punkt sind die Nadelbaum-Monokulturen. Die sollen ja der Vergangenheit angehören, hatten Sie gerade schon erwähnt. Mischwald soll aufgebaut werden mit vielen Laubbäumen, der soll widerstandsfähiger sein nicht nur gegen Schädlinge, sondern auch gegen Stürme. Hat sich das schon bewahrheitet?
Krüger: Nein. Bewahrheiten konnte sich das noch nicht, weil wir wirklich da mitten im Umbau sind. Wir sind es ja gewohnt, wenn man Beschlüsse fasst und sagt, wir wollen da was ändern, dass das dann auch einigermaßen zeitnah umgesetzt wird.
Das ist im Wald natürlich eine Sache, die ein bisschen einen Verzögerungseffekt immer hat, weil wir jetzt ja nicht anfangen können, die ganzen 30- und 40-jährigen Nadelholz-Reinbestände einfach mal umzusägen. Das wäre ja sowohl ökologisch als auch forstwirtschaftlich Unsinn. Sondern das ist ein Prozess, der sich sicherlich noch über 10, 15, 20, 30 Jahre hinziehen wird, bis die letzten dieser Altersklassenwälder und Monokulturen in die Umbauphase kommen.
Das ist im Wald natürlich eine Sache, die ein bisschen einen Verzögerungseffekt immer hat, weil wir jetzt ja nicht anfangen können, die ganzen 30- und 40-jährigen Nadelholz-Reinbestände einfach mal umzusägen. Das wäre ja sowohl ökologisch als auch forstwirtschaftlich Unsinn. Sondern das ist ein Prozess, der sich sicherlich noch über 10, 15, 20, 30 Jahre hinziehen wird, bis die letzten dieser Altersklassenwälder und Monokulturen in die Umbauphase kommen.
Langlebige Holzprodukte fördern
Kuhlmann: Die Bauwirtschaft ist aber nicht so einverstanden mit diesen Umbauplänen, denn sie braucht zumindest bisher vor allem Nadelholz.
Krüger: Sehen Sie, da sprechen Sie einen ganz wichtigen Punkt an, der in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden ist.
Wir brauchen tatsächlich auch aus Klimaschutzgründen möglichst viele Produkte aus Holz, die langlebig und langfristig sind, und da bietet sich natürlich gerade das Häuserbauen an, weil im Gegensatz zu einem Buch aus Papierfasern, aus Holzfasern hält so ein Haus Holz, mit Holzträgern und so weiter mal 100, 200 oder noch länger Jahre. Im Laubholz muss man dafür technische Lösungen entwickeln, weil Laubholz andere Eigenschaften als Bauträger hat. Man muss da mit bestimmten Bindern arbeiten. Da gibt es viel technischen Nachholbedarf in der Entwicklung. Es gibt auch Nachholbedarf bei den Landesbauordnungen. Es gibt Nachholbedarf bei vielen Zulassungen nach den DIN-Normen.
Da ist wenig geschehen. Weil wir natürlich in der Vergangenheit viele Nadelholzwälder hatten, ging das sehr, sehr einfach. Wir haben nun glücklicherweise den Shift hin zu den Laubwaldbeständen. Jetzt muss dringend da nachgebessert werden.
Das ist nicht nur etwas, was die Politik machen muss über Rahmenbedingungen, sondern es muss auch über Wirtschaft und Wissenschaft vorangetrieben werden.
Wir brauchen tatsächlich auch aus Klimaschutzgründen möglichst viele Produkte aus Holz, die langlebig und langfristig sind, und da bietet sich natürlich gerade das Häuserbauen an, weil im Gegensatz zu einem Buch aus Papierfasern, aus Holzfasern hält so ein Haus Holz, mit Holzträgern und so weiter mal 100, 200 oder noch länger Jahre. Im Laubholz muss man dafür technische Lösungen entwickeln, weil Laubholz andere Eigenschaften als Bauträger hat. Man muss da mit bestimmten Bindern arbeiten. Da gibt es viel technischen Nachholbedarf in der Entwicklung. Es gibt auch Nachholbedarf bei den Landesbauordnungen. Es gibt Nachholbedarf bei vielen Zulassungen nach den DIN-Normen.
Da ist wenig geschehen. Weil wir natürlich in der Vergangenheit viele Nadelholzwälder hatten, ging das sehr, sehr einfach. Wir haben nun glücklicherweise den Shift hin zu den Laubwaldbeständen. Jetzt muss dringend da nachgebessert werden.
Das ist nicht nur etwas, was die Politik machen muss über Rahmenbedingungen, sondern es muss auch über Wirtschaft und Wissenschaft vorangetrieben werden.
Kuhlmann: Zur Bestandsaufnahme im Wald waren das Einschätzungen von Jörg-Andreas Krüger, dem Waldexperten der Umweltorganisation WWF. Ihnen Dank dafür nach Berlin.
Krüger: Vielen Dank und schönen Nachmittag!
Kuhlmann: Danke.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.