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Bundeswehr
Deutsche Kasernen in schlechtem Zustand

Jede zweite Kaserne genügt zurzeit offenbar nicht den Standards, die die Bundeswehr selbst gesetzt hat. Das geht aus einem internen Bericht hervor. Neun Prozent der Quartiere sind demnach derzeit überhaupt nicht nutzbar. Die Bundeswehrreform soll zum Renovierungsstau beigetragen haben.

Von Rolf Clement |
    Der Eingang zu einer Bundeswehrkaserne (Archivbild)
    Die Hauptursachen der festgestellten Mängel sind unter anderem altersbedingte Abnutzung und unzureichende Reinigung. (dpa / picture-alliance / Thomas Lehmann)
    Meßstetten ist eine 10.000-Einwohner-Stadt auf der Schwäbischen Alb. Bis vor einem Jahr war hier ein Verband der Luftwaffe stationiert, die Bundesdienstflagge wurde endgültig im Juni 2014 eingerollt. Seit Oktober hat das Land Baden-Württemberg Asylbewerber aus Afghanistan, Serbien und dem Irak in die Kaserne geschickt. Zuvor allerdings, zwischen dem Auszug der Soldaten und dem Einzug der Asylbewerber, musste die Kaserne renoviert werden. Mehrere Millionen Euro wurden investiert, damit die Standards so angehoben wurden, dass nun Asylbewerber dort wohnen können.
    Örtliche Politiker haben Schreiben von ehemals dort stationierten Soldaten bekommen, in denen diese fragen, warum man ihnen die schlechteren Standards zugemutet hat. Jede zweite Kaserne genügt zur Zeit nicht den Standards, die die Bundeswehr selbst gesetzt hat. Die zuständige Abteilungsleiterin im Verteidigungsministerium, Alice Geyer-Wieninger, hatte im August eine Untersuchung der rund 3.000 Bundeswehrliegenschaften veranlasst. In dem Bericht über diese Untersuchung, der dem Deutschlandfunk vorliegt, heißt es: "Das erste Lagebild ergab, dass über 50 Prozent der Gebäude in einem guten bis mittleren Allgemeinzustand sind." Was heißt: Die andere Hälfte ist das nicht. Weiter: "38 Prozent der Unterkunftsgebäude weisen größere Mängel auf, neun Prozent sind zur Zeit nicht nutzbar."
    Die alten Bundesländer vernachlässigt?
    Der Bericht des Ministeriums geht auch auf die Ursachen ein: "Die Hauptursachen der festgestellten Mängel sind altersbedingte Abnutzung, nicht mehr zeitgemäße technische Standards, nicht rechtzeitig durchgeführte Sanierungen und unzureichende Reinigung." Es kommt aber noch ein weiteres hinzu: Von 1991 bis 2009 hat die Bundeswehr einen Schwerpunkt auf die Sanierung der Infrastruktur in den neuen Bundesländern gelegt, dort wurden allein zehn Milliarden Euro investiert - in 18 Jahren. Erst danach floss das Geld auch wieder in den Westen.
    Des weiteren macht Frau Geyer-Wieninger die Bundeswehrreform für den schlechten Zustand der Gebäude verantwortlich. Immer wieder wurden Stationierungsentscheidungen verändert und die Zuordnung von Verbänden in Kasernen umgeplant. Jeder Minister machte eine neue Reform. Im Infrastrukturbereich seien 38 Prozent des Personals abgebaut worden. Wo neue Waffensysteme eingeführt wurden, mussten die Gebäude entsprechend verändert werden. Das alles führt zu dem Stau an Renovierungsarbeiten.
    Rund 200 Millionen aus Etatposten gestrichen
    In den Verteidigungshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung hatte das Ministerium für die nächsten Jahre rund 500 Millionen Euro für die Modernisierung der Unterkünfte eingeplant, weitere 300 Millionen für weitere Baumaßnahmen. Das allerdings hat das Parlament nicht mitgemacht. Bei der sogenannten Bereinigungssitzung am vergangenen Donnerstag, bei der die letzten offenen Punkte des Haushalts geklärt wurden, wurden aus dem Etat für die Renovierung der Bundeswehrinfrastruktur rund 200 Millionen Euro für den Zeitraum ab 2016 gestrichen, rund ein Viertel für den gesamten Zeitraum von vier Jahren.
    In vielen Kasernen wird es also noch einige Zeit dauern, bis die Unterkünfte für Soldaten angemessenen Standards entsprechen. Das gilt aber nicht überall: In der Heeresoffiziersschule in Dresden soll heute damit begonnen werden, Flachbildschirme in die Unterkünfte einzubauen.