Ursula von der Leyen war auf dem Flug von Lettland nach Estland, als sich rechts vom A400M der Luftwaffe, Besuch anmeldete. Zwei deutsche Eurofighter waren aufgestiegen, um die Bundesverteidigungsministerin zur Landung auf dem estnischen NATO-Stützpunkt Ämari zu begleiten. Die sogenannte Alarmrotte gehört zum deutschen Kontingent, dass vom Stützpunkt aus den Luftraum über dem Baltikum schützt und überwacht.
Oberstleutnant Gordon Schnitger führt den deutschen Einsatz, er zeigt auf einer Karte den engen Korridor im internationalen Luftraum zwischen Estland und Finnland: "Wir haben hier einen vollen Luftraum, weil die Maschinen sich nicht immer alle identizfieren, ist hier dann die Alarmrotte vor Ort."
Hauptmann Hannes, ist Rottenführer. Er hat Bereitschaftsdienst, wer mit ihm sprechen will, muss in die Halle mit den Eurofightern kommen.
"Wir haben, ich sag mal, zwei Garagen links und rechts neben dem Gebäude, im Prinzip sind das zehn bis 15 Meter bis zum Jet. Wir schlafen und essen direkt daneben, wir müssen den Bereich nicht verlassen und haben alles, was wir brauchen, deshalb minimale Alarmierungszeiten und sind ruck, zuck einsatzbereit."
Vom Alarm bis zum Start in maximal 15 Minuten
Ruck, zuck, das lässt sich exakt beziffern. Vom Alarm bis zum Start haben die Piloten maximal 15 Minuten. Manchmal schaffen wir es in zwölf, sagt Schnitger. In einer Wartungshalle lässt sich Ursula von der Leyen dann den Kampfjet zeigen und ist sichtlich froh, endlich mal über gute Zahlen in Sachen Klarstand, also Einsatzbereitschaft, loszuwerden:
"Ich war sehr erfreut zu hören, dass wir einen Klarstand über 95 Prozent haben, natürlich gibt's hier Ersatzteilpriorität, das ist ein wichtiges Phänomen um diesen Klarstand zu erreichen aber das spricht auch für unseren Eurofighter, er wird gebraucht."
Seit August gab es 30 Alarmeinsätze. Der Oberstleutnant beschreibt das typische Szenario:
"Wenn wir zum Beispiel sehen, da ist ein Flugzeug, das nähert sich einem gewissen Korridor, ist zum Beispiel nicht angemeldet, hat keinen Funkkontakt aufgenommen oder ähnliches, dann wird der Prozess in Gang gesetzt, das heißt, sie alarmieren über den Gefechtsstand hier, physikalisch ist es tatsächlich ein Knopf und der löst dann überall den Alarm aus."
So klingt das, wenn es ernst wird. Rottenführer Hauptmann Hannes erklärt, was dann geschieht:
"Wir kriegen dann rudimentäre Informationen, in welche Richtung es gehen könnte, was es sein könnte, ab einer gewissen Reichweite fassen wir es mit dem Radar auf und entweder fliegen wir dann auf Sicht an das Ziel heran oder wir versuchen mit unserem eigenen Radar das Ziel die ganze Zeit zu beleuchten."
Selbstverteidigung erlaubt, eigenes Eingreifen nicht
Die Alarmrotte beobachtet, sammelt Informationen, nimmt aber keinen Kontakt zum Ziel auf und greift auch nicht ein. Die Kampfjets sind bewaffnet. Selbstverteidigung wäre erlaubt, kritische Situationen gab es bisher keine. Dennoch betont der estnische Verteidigungsminister Luik den Wert der NATO-Präsenz, man könne das Verhalten Russlands nicht ändern, wohl aber das Risiko verringern: "Es ist ein klares Signal an alle, die uns schaden wollen."
Wieder sind zwei Eurofighter startklar, diesmal ist es ein Trainingsflug. Oberstleutnant Schnitger ist sich sicher, das Bedrohungsgefühl hier im Baltikum ist ein ganz anderes als in Deutschland.
"Definitiv, sie nehmen die Bedrohung durch Russland ganz anders wahr hier, kann man schwer beschreiben, diese Gespräche führt man häufiger."