Die Mängel bei der Ausrüstung der Bundeswehr führen offenbar auch dazu, dass Deutschland nicht allen NATO-Verpflichtungen nachkommen könnte. Das räumte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Wochenende ein. Der "Bild am Sonntag" sagte sie, es gebe kein Problem bei laufenden Einsätzen sowie bei kurzfristigen Krisenreaktionen der NATO. Aber bei den fliegenden Systemen liege man unter den vor einem Jahr gemeldeten Zielzahlen, was Deutschland binnen 180 Tagen im Alarmfall zur Verfügung stellen müsste. Erst vergangene Woche war bei einer Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages öffentlich geworden, dass es in allen Bereichen der Bundeswehr - Heer, Marine und Luftwaffe - Probleme gibt. Nur ein Teil des Materials wäre sofort einsatzbereit.
Von der Leyen sagte, weil die Mittel auf die Einsätze konzentriert worden seien, habe man den Prozess, das Material zu Hause in Schuss zu halten, heruntergefahren. Hinzu kommt, dass die neuen Transportflugzeuge A400M verspätet geliefert werden, sodass die Bundeswehr nach wie vor die alten Transallmaschinen nutzen muss. Deshalb werde laut von der Leyen geprüft, für den Übergang Transportflugzeuge - die zumindest für humanitäre Einsätze genutzt werden könnten - zu mieten.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, sagte der ARD, es gebe erhebliche Mangelbereiche. Dazu zähle das Material, aber es fehle auch Personal, sodass man zwar laufende Einsätze über Monate leisten könne, "aber wie jetzt zum Beispiel die Patriot-Raketen in der Türkei nicht über Jahre hinweg personell ausstatten kann."
Otte spricht sich für mehr Geld aus
Für Arnold heißt deshalb eine Maßnahme: Eine Reform der Reform: "Die Bundeswehrreform von Herrn de Maiziere hat eher so das Bild Afghanistan und Kosovo im Mittelpunkt. Und das entspricht nicht mehr der heutigen Wirklichkeit. Wir brauchen Streitkräfte, die viele kleine Einsätze, aber parallel bewältigen können. Und dazu brauchen wir eine andere Struktur und darauf gibt die jetzige Reform noch keine Antwort."
Der Zeitung "Die Welt" sagte Arnold, die Ministerin müsse sich von der Grundidee ihres Vorgängers trennen, wonach die Bundeswehr für eine große Breite militärischer Aufgaben gerüstet zu sein habe. Es müssten dort, wo es wichtig sei, etwa beim Lufttransport, Schwerpunkte gesetzt werden, sagte Arnold. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Henning Otte, hingegen fordert mehr Geld: "Eine weitere Reduzierung des Verteidigungsetats darf es nicht geben. Wir brauchen 2016 spätestens eine Aufstockung."
Forderung: Mehr Geld abrufen
Von der Leyen sagte, durch mehr Geld ließe sich das Problem auch nicht lösen, dass zum Beispiel die Transportflugzeuge A400M verspätet geliefert werden. Jedoch werde der Ausbau der Materiallager, die schnellere Instandsetzung und besseres Material mittelfristig mehr Geld kosten. Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt sagte in der ARD, die Bundeswehr brauche nicht mehr Geld, sie brauche ein Ende des Chaos.
"Wenn die Bundeswehr allein im letzten Jahr allein 1,5 Milliarden zurückgegeben hat und das in diesem Jahr wieder so sein wird, dann ist die Antwort von Frau von der Leyen mit dem Ruf nach mehr Geld erst mal nur eine Ohnmachtserklärung."
Der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn sagte dem "Spiegel", in den vergangenen sechs Jahren seien es fast vier Milliarden Euro nicht abgerufen worden. Ebenfalls dem "Spiegel" sagte der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der desolate Gerätezustand bei der Bundeswehr habe sich schon seit einigen Jahren angedeutet. Es sei die dringende Aufgabe der Ministerin, ihren vorgegebenen Etatrahmen auszuschöpfen und die Bundeswehr fit zu machen.