Mandeln, Pinienkerne, getrocknete Maulbeeren - Aliullah Nazary hat einige Knabbereien aus seiner Heimat auf eine Untertasse geschüttet. Der 27-Jährige hat sie aus Afghanistan mitgebracht - für besondere Gelegenheiten. An diesem Nachmittag ist sein Freund Samay zu Besuch. Auch er stammt aus Afghanistan. Die beiden jungen Männer haben es sich auf dem Sofa bequem gemacht, in Aliullahs karger Ein-Zimmer-Wohnung am Stadtrand von Hamburg.
Auf Dari tauschen die beiden Freunde Neuigkeiten aus, trinken grünen Tee und knabbern afghanische Mandeln. Aliullah hat sie im Februar 2014 in einem Koffer nach Deutschland transportiert, in dem sich sonst nur das Nötigste befand: das, was er für sein neues Leben in Deutschland brauchte. Ein bisschen Kleidung, auch ein traditionelles afghanisches Gewand – für alle Fälle. Ein paar Bücher. Fotos von seiner Familie. Und alle Dokumente, die er besitzt. Sie sollen ihm den Weg ebnen – zu einer neuen Arbeit, zu einer neuen Existenz. Denn in Afghanistan, erzählt Aliullah, wurde er von den Taliban bedroht. Weil er für die Bundeswehr gearbeitet hat. Als Dolmetscher, oder, wie es oft heißt: als Sprachmittler.
"Ich habe als Übersetzer für die Bundeswehr in Kundus gearbeitet. Kundus ist eine nordöstliche Provinz in Afghanistan, und ich habe zwischen den deutschen Offizieren und der afghanischen Nationalarmee gedolmetscht. Jeder Offizier hatte einen Übersetzer. Manchmal haben wir das Feldlager verlassen, zum Beispiel für einen Einsatz in Char Dara, wo viele Taliban gegen die Regierung kämpfen."
Kulturelle Missverständnisse vermeiden
Auf Patrouille, bei Verhandlungen mit politischen Größen - überall sind die Übersetzer dabei, bis heute. Die Bundeswehr in Afghanistan ist auf Menschen wie Aliullah angewiesen, wenn sie mit der Landbevölkerung und den Stammesführern kommunizieren will. Dazu gehört auch, dass die Sprachmittler versuchen, kulturelle Missverständnisse zu vermeiden - was sonst zu gefährlichen Zwischenfällen führen kann. Reinhold Robbe, der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, war selbst immer wieder in Afghanistan - und hält die Arbeit der Dolmetscher für unentbehrlich.
"Also die Ortskräfte, die dann als Sprachmittler oder Dolmetscher eingesetzt sind, spielen eine ganz zentrale Rolle in den Einsätzen überhaupt, aber insbesondere in Afghanistan, weil sie nicht nur die Sprache vermitteln, wie es der Name schon sagt, also bei allen Terminen, bei allen Treffen, Begegnungen mit wichtigen einheimischen Repräsentanten, politischen Führern, auch mit Warlords und so weiter dabei sind, sondern sie vermitteln auch die Kultur ihres Landes. Sie kennen sich bestens aus in allen kulturellen Fragen, sie sind in der Lage, Dinge zu erklären, die für einen Mitteleuropäer zunächst einmal völlig unerklärlich sind. Und gerade das macht sie so wertvoll und so wichtig für die Einsätze."
Wertvoll und wichtig für die Bundeswehr - doch in den Augen der Taliban sind Dolmetscher wie Aliullah Kollaborateure. Die Islamisten wollen von den fremden Truppen in ihrem Land nichts wissen. Zwischen 1996 und 2001 beherrschten die Taliban große Teile Afghanistans und terrorisierten die Bevölkerung. Massaker waren an der Tagesordnung, Minderheiten wurden unterdrückt, Frauen völlig entrechtet. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 setzten die USA mit der "Operation Enduring Freedom" alles daran, die Taliban zu entmachten, weil sie Osama bin Laden, den Drahtzieher der Anschläge vom 11. September, nicht an die USA ausliefern wollten. Ende 2001 wurde das Talibanregime gestürzt, die Führung um Mullah Omar floh nach Pakistan.
Bedrohung durch die Taliban
Zwei Jahre später formierten sich die Taliban neu - auch mit Unterstützung pakistanischer Geheimdienstkreise. In Afghanistan verbreiten sie Terror, verüben immer wieder Anschläge gegen Zivilisten, gegen die Regierungstruppen - und gegen die Internationale Schutztruppe für Afghanistan, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist. Weil Aliullah als Dolmetscher für die Bundeswehr gearbeitet hatte, wurde er bedroht.
"Eines Abends, als ich mit meiner Familie zusammensaß, erhielt ich einen Anruf. Eine unbekannte Nummer. Und der Mann hat gesagt: Du arbeitest als Übersetzer und Spion für die Ungläubigen, für die Ausländer, die uns bekämpfen. Das ist ein Verbrechen. Du hast jetzt die Chance, bei uns mitzumachen und gegen die Deutschen und die Regierung zu kämpfen. - Ich fand das unglaublich. Ich habe gesagt, dass ich das nicht machen werde. Und dann habe ich aufgelegt."
Bis Ende 2014 sollen alle internationalen Kampftruppen Afghanistan verlassen haben, bereits im Oktober 2013 räumte die Bundeswehr das Feldlager in Kundus. Aliullah wurde nicht länger als Übersetzer gebraucht. Doch die Drohanrufe bekam er weiterhin. Seine Familie machte sich Sorgen, er selbst verließ kaum noch das Haus - und blieb unversehrt. Sein Freund und Kollege Wafa hatte weniger Glück. Der 25-Jährige hatte ebenfalls für die Deutschen in Afghanistan gearbeitet. Im November 2013 wurde er erdrosselt im Kofferraum seines Autos gefunden. Aliullah macht die Taliban dafür verantwortlich. Die Bundesregierung geht dagegen von einem kriminellen Hintergrund aus. Für Aliullah und seine Kollegen ist es einerlei: Ohne die Präsenz der Bundeswehr fürchten viele ehemalige Ortskräfte um ihr Leben. Der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich versprach deshalb im Oktober 2013:
"Wir haben selbstverständlich vor, all diejenigen, die uns geholfen haben in Afghanistan, und die jetzt in Gefahr geraten, wir haben vor, diese Menschen nach Deutschland zu holen. Ich glaube, das ist nur fair und das ist nur anständig, und deswegen sind die Verfahren auch entbürokratisiert worden."
Bedrohung muss nachgewiesen werden
Ein großes Versprechen der Bundesregierung - doch die Realität sieht anders aus. Längst nicht alle ehemaligen Ortskräfte, die sich bedroht fühlen, dürfen nach Deutschland kommen. Sie müssen ihre Gefährdung auch nachweisen, erklärt Emily Haber, Staatssekretärin im zuständigen Bundesinnenministerium.
"Wenn eine Ortskraft darauf verweisen kann, dass in jüngerer Zeit sozusagen sie bedroht worden ist oder dass sie unter Druck geraten ist wegen der Tätigkeit für deutsche Stellen in Afghanistan, dann muss sie das vorweisen. Und dann wird sich das die Kommission anschauen."
Mehr als tausend afghanische Ortskräfte stellten einen entsprechenden Antrag. Bis Mitte August 2014 wurden insgesamt 1074 Gefährdungsanzeigen von der Bundeswehr bearbeitet. Aber nur 420 Antragsteller erhielten eine Aufnahmezusage für Deutschland - die Mehrheit der Anträge wurde abgelehnt.
Der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe ist erschüttert über den Umgang mit den ehemaligen afghanischen Ortskräften. Seiner Meinung nach lässt Deutschland jene, die ihren Soldaten jahrelang wertvolle Dienste geleistet haben, jetzt mit ihren Problemen allein:
"Niemand weiß heute, wie es sein wird, wenn die alliierten Truppen dort ihre Stärke signifikant verändern, also reduzieren, niemand weiß, was sein wird, wenn die Deutschen in Anführungsstrichen nur noch für die Ausbildung der afghanischen Armee da ist und nicht mehr die Möglichkeiten hat, dann auch entsprechenden Schutz abzubilden. Dann kann es sein, dass Taliban und andere Kräfte dort in Bereiche, auch in Regionen hineinkommen und eindringen, die bisher noch zu den befriedeten Regionen gehörten. Und ganz schnell sind dann diejenigen, die sich noch einigermaßen sicher glaubten von den afghanischen Ortskräften in einer ganz real existierenden Gefahr."
"Die Rechtsweggarantie gilt auch für Ausländer"
Afghanische Ortskräfte, die vom Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr als „nicht gefährdet" eingestuft wurden - und das sind immerhin Zwei Drittel - bekommen lediglich einen ablehnenden Bescheid. Ohne Begründung.
"Im Bewusstsein unserer Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir Ihr Anliegen eingehend geprüft. Aus den uns vorliegenden Erkenntnissen ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Sie aufgrund Ihrer Tätigkeit für die Bundesrepublik Deutschland einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind, die das Einleiten weiterer Maßnahmen erfordern würde. Ich bitte Sie daher um Ihr Verständnis."
Diese Mitteilung händigt die Bundeswehr aus, nicht die Visastelle der Deutschen Botschaft in Kabul. Das bedeutet: Die Ortskräfte, die nicht als "nicht gefährdet" eingestuft werden, können auch nicht gegen die Deutsche Botschaft in Kabul klagen. Dieses Verfahren, kritisiert der Frankfurter Rechtsanwalt und Ausländerrechtsexperte Victor Pfaff, sei nicht mit dem geltenden Recht vereinbar.
"Meines Erachtens ist das Problem - und das ist wahrscheinlich absichtlich so gemacht worden – man wollte das Verfahren herausheben aus der Verfahrensweise, die vom Gesetz vorgesehen ist, um eine Überprüfung zumindest zu erschweren. Und meine Forderung ist: Das Verfahren muss zurückgeführt werden in die Bahn, die vom Gesetzgeber dafür vorgesehen ist, inklusive der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit. Denn auch derjenige, der im Ausland auf eine negative Visaentscheidung hin eine negative Entscheidung bekommt, hat das Recht zu klagen, das steht im Grundgesetz. Die Rechtsweggarantie gilt auch für Ausländer."
Doch die Ortskräfte können nichts gegen den Bescheid unternehmen. Erst wenn sich ihre Bedrohungslage geändert hat, dürfen sie wieder einen neuen Antrag stellen. Viele Ortskräfte könnten diese Regelung nicht nachvollziehen, sagt Bernd Mesovic von der Menschenrechtsorganisation ProAsyl in Frankfurt:
"Also, die sind zunehmend verunsichert, weil sie nehmen wahr, nach unklaren Kriterien werden einige von ihnen in Deutschland aufgenommen, andere nicht, obwohl sie sich in ähnlicher Situation befanden. Und was die Lage verschärft, ist, dass die Bundeswehr ja aus vielen Regionen abgezogen ist, das heißt, die Flüchtlinge sehen sich noch weiter schutzlos gestellt und sind verunsichert, versuchen, zu eruieren, wie konkret die Gefährdung für sie ist, aber das wird man natürlich nicht so leicht rauskriegen. Weil die Taliban haben ja sehr klar erklärt, dass man die Kooperation mit den Ausländern, die da militärisch vor Ort sind, als Kollaboration empfinde und entsprechend bestrafen werde. Wann und wo sich das realisiert, kann kein Mensch seriös abschätzen."
"Deutschland mehr Ortskräfte aus Afghanistan aufnehmen"
Viele westliche Länder verfahren bei der Aufnahme ehemaliger Ortskräfte deshalb anders als Deutschland. Die USA zum Beispiel verzichten auf eine individuelle Gefährdungsprüfung - und verteilen stattdessen Sonder-Einwanderungsvisa an einen großen Teil ihrer ehemaligen Mitarbeiter. Eine Lösung, die Staatssekretärin Emily Haber nicht überzeugt:
"Wir finden das weniger gerecht. Wenn Sie Kontingente schaffen, dann fallen alle durch den Rost, die bei der Zahlengrenze anlangen. Bei uns sozusagen ist die theoretische Möglichkeit gegeben, dass alle, alle, die jemals für uns gearbeitet haben, und von denen wir zu dem Ergebnis kommen, dass sie wegen der Tätigkeit für uns gefährdet sind, alle haben die Möglichkeit, berücksichtigt zu werden."
Wer nicht gefährdet sei, solle dem Land auch nicht entzogen werden, argumentiert die Staatssekretärin. Schließlich handele es sich bei vielen ehemaligen Ortskräften um die Elite des Landes. Das lässt die Opposition im Bundestag so nicht gelten. Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, fordert, dass Deutschland mehr Ortskräfte aus Afghanistan aufnehmen sollte.
"Ich finde, dass die Bundesrepublik die Aufnahme ehemaliger Ortskräfte sehr viel liberaler gestalten müsste. Die Aufnahme, das zeigen nämlich die Zahlen, verlaufen bisher sehr restriktiv und auch kaum nachvollziehbaren Kriterien."
Tatsächlich sind bis Mitte August 2014 erst 177 ehemalige Ortskräfte, die eine Aufnahmezusagen bekommen haben, nach Deutschland eingereist - teilweise mit ihren Familien. Für ihre Betreuung sind die jeweiligen Länder zuständig. Als Aliullah im Februar in Hamburg landete, wurde er vom Flughafen abgeholt und in eine kleine Wohnung begleitet. Ein Bett, ein Schrank, ein Tisch, zwei Stühle - das Wesentliche war dort vorhanden. Mittlerweile hat sich Aliullah noch ein gebrauchtes Sofa gekauft, Gardinen aufgehängt und einen Fernseher installiert. Ein Beauftragter der Stadt Hamburg half ihm bei den ersten Behördengängen. Trotzdem ist dem jungen Afghanen die Umstellung auf das neue Leben in Hamburg nicht leicht gefallen.
"Die ersten Wochen waren schon ziemlich schwer für mich. Denn in Afghanistan hatte ich meine Familie um mich. Dort leben die Familien zusammen, und wenn man andere Familien besucht, sind immer viele Leute da. Hier habe ich mich anfangs sehr alleine gefühlt - auch, weil ich alles für mich alleine organisieren musste."
Hamburg hat die meisten Exilafghanen in ganz Europa
Inzwischen geht Aliullah jeden Tag zum Sprachkurs. In Afghanistan hatte er von Dari und Paschtu ins Englische übersetzt. Jetzt will Aliullah so schnell wie möglich Deutsch lernen, um hier studieren zu können - am liebsten Politikwissenschaft. Noch wichtiger ist ihm allerdings, bald einen Job zu finden. Als Übersetzer für die Bundeswehr hat er gut verdient und zum Familieneinkommen beigetragen. Jetzt müssen seine Eltern und seine beiden jüngeren Geschwister ohne ihn auskommen. Zum ersten Mal überhaupt hat Aliullah Afghanistan verlassen - und damit auch den Kreis der Großfamilie.
"In den ersten Wochen habe ich mich sehr allein gefühlt. Ich habe meine Familie vermisst und sie jeden Tag kontaktiert. Ich fand es sehr schwer, so weit weg von ihnen zu leben. Ich habe diese Erfahrung ja noch nie gemacht. Aber jetzt geht es – ich vermisse meine Familie nicht mehr ganz so schlimm."
Dass Aliullah in Hamburg gelandet ist, bedeutet für ihn ein großes Glück: Schließlich leben in der Hansestadt die meisten Exilafghanen in ganz Europa. Dennoch ist die Jobsuche schwierig. Noch schwerer haben es ehemalige Ortskräfte, die in kleineren Städten oder in der Provinz landen: Sie berichten von bürokratischen Hürden, von fehlenden Ansprechpartnern und beengten Wohnverhältnissen, weiß Aliullah.
"Einige Kollegen, die nach mir gekommen sind, leben in Heimen. Sie haben keine eigene Wohnung, sondern leben mit anderen Menschen zusammen, die illegal nach Deutschland gekommen sind. In den ersten Wochen haben sie keine finanzielle Unterstützung bekommen, und alles ist sehr langsam gegangen."
Das hat auch Bernd Mesovic von ProAsyl beobachtet. Bei der Menschenrechtsorganisation in Frankfurt melden sich immer wieder ehemalige Ortskräfte, die nach Deutschland einreisen durften und jetzt nicht weiterwissen.
"Viele Ausländerbehörden haben gar nicht realisiert, dass es diese Personengruppe gibt, angesichts der relativ großen Zahl von Asylsuchenden 2013/2014 sind die einfach so durchgerutscht. Die meisten von ihnen optieren auch für einen Ort, wo sie Verwandte haben, wo sie Unterstützer haben, und wer dann sozusagen im Rahmen der normalen Verteilung durch einen Zufall in irgendeinen Landkreis kommt, wo er praktisch der Erste ist aus dieser Personengruppe, die sind manchmal sehr frustriert, weil die landen dann erst mal in einer Unterkunft, werden notuntergebracht, und dann tut sich nichts."
Komplett im Stich gelassen
Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Omid Nouripour, kritisiert die mangelnde staatliche Fürsorge:
"Es gibt einzelne Personen, die ich selber kenne, die in Deutschland angekommen sind und seitdem wirklich komplett im Stich gelassen sind. Die haben keine sozialen Bezüge, die kennen vielleicht die Sprache, aber kennen niemanden und es gibt auch niemanden, der sich um sie kümmert. Es gibt andere Fälle wiederum, bei denen Polizisten oder Bundeswehrangehörige sehr, sehr rührend und ehrenamtlich sich um diese Leute kümmern, weil sie mit denen gut gearbeitet haben und weil sie wissen, dass sie in bestimmten Situationen tatsächlich diesen Menschen ihr Leben verdanken, aber der Staat versagt da auf der ganzen Linie."
Deutschland zeige sich für die Hilfe, die die Afghanen in ihrer Heimat der Bundeswehr geleistet haben, nicht erkenntlich. Diesen Vorwurf will Staatssekretärin Emily Haber nicht gelten lassen:
"Es mag Einzelfälle geben, wo sich Ortskräfte allein gelassen gefühlt haben, das ist nicht der Regelfall. Und der kann die Regel nicht infrage stellen."
Türen der Hoffnung öffnen
Im Rahmen von Patenschaftsprogrammen sollen sich künftig auch Angehörige der Bundespolizei um ihre ehemaligen afghanischen Kollegen kümmern, wenn diese nach Deutschland einreisen. Persönliche Bindungen - die hält auch der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe für den Schlüssel zum Erfolg - in Ergänzung zu einem unkomplizierteren Aufnahmeverfahren.
"Wir brauchen darüber auch eine Debatte in unserer Gesellschaft. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass in unserer hoch komplizierten Welt es notwendig ist, dass nicht nur die Politiker, sondern alle gesellschaftlichen Institutionen sich mit diesen Dingen auseinandersetzen und sich dann auch kümmern, auch um die Menschen kümmern, wenn hier ein Erfordernis gegeben ist."
Aliullah Nazary freut sich über jeden neuen Kontakt, den er in Hamburg knüpft. Einfache Gespräche führt er längst auf Deutsch, selbst seine Emails beantwortet er in deutscher Sprache. Sein neues Leben hat längst begonnen.
"Ich habe sehr viel Glück gehabt - dass ich endlich in Sicherheit bin und den Ort verlassen konnte, wo es für mich keine Zukunft mehr gab. Als ich hier ankam, hatte ich das Gefühl, als würden sich die Türen der Hoffnung öffnen. Ein sehr schönes Gefühl."