Der oberste Interessenvertreter der Bundeswehrsoldaten nahm auch die Industrie in die Pflicht. Alle Seiten müssten besser zusammenarbeiten, etwa bei der Beschaffung von Munition, betonte Wüstner im Deutschlandfunk. Die gestrigen Gespräche darüber von Beamten des Kanzleramts mit Vertretern der Rüstungsindustrie seien ein erster Schritt gewesen. In Gänze sei die von Kanzler Scholz verkündete Zeitenwende aber von allen Seiten noch nicht verstanden worden.
Beschaffungsgipfel im Kanzleramt - gegenseitige Schuldzuweisungen in der Politik
Über mögliche Ergebnisse des Treffens wurde bisher nichts mitgeteilt. Regierungssprecher Hebestreit hatte vor dem Treffen erklärt, ein zentrales Thema sei die Frage, wie schnell und kontinuierlich die Hersteller neue Munition produzieren könnten. Der SPD-Vorsitzende Klingbeil forderte die Industrie auf, die Produktion von Rüstungsgütern für die Bundeswehr rascher hochzufahren. Nach der Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Scholz hätte er erwartet, dass die Industrie zuvor zurückgefahrene Kapazitäten mit einer riesigen Geschwindigkeit wieder aufbaue, sagte Klingbeil in der ARD. Dies sei jedoch nicht geschehen.
Der CDU-Sicherheitspolitiker Wadephul warf Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) Tatenlosigkeit bei der Beschaffung von Munition vor und sprach von einem unfassbaren Versagen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Strack-Zimmermann, verwies dagegen auf Fehler der Union. Nach der Annexion der Krim 2014 sei die Bundesregierung unter Führung der Union nicht in Gänge gekommen und habe stattdessen nur einen Etat für Munition in Höhe von knapp 300 Millionen Euro festgeschrieben, sagte die FDP-Politikerin. Die Ampelkoalition hat diesen nun auf 1,11 Milliarden Euro festgelegt.
Wüstner: Katastrophale Verteidigungspolitik der Vorgängerregierungen
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Wüstner, nannte die Verteidigungspolitik der vergangenen 13 Jahre "katastrophal". Nun sei der politische Wille da. Es sei aber mehr Geld nötig als die insgesamt als Sondervermögen für die Bundeswehr veranschlagten hundert Milliarden Euro, um die Probleme zu beseitigen. Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit sei noch nie so groß gewesen wie heute. Er forderte auch Pläne, um dauerhaft neues Personal für die Bundeswehr zu gewinnen.
Das vollständige Interview mit André Wüstner können Sie hier nochmal nachhören.
Diese Nachricht wurde am 29.11.2022 im Programm Deutschlandfunk gesendet.