Mittendrin in der Premiere ist plötzlich wieder Probe. Für eine kleine Chor-Szene versammelt sich das Ensemble komplett an der Rampe, jeder und jede in möglichst albern-antikem Fummel; immerhin geht’s ja um "eine Römer-Tragödie" in der bejahrten Ulknudelei der deutschen Top-Theater-Komödianten Franz und Paul von Schönthan, der der legendäre Emanuel Striese entstammt. Der ist üblicherweise der sächselnde Patron eines kleinen Reise-Theaters, einer sogenannten "Schmiere"; aber in jüngster Zeit war ja auch schon Katharina Thalbach Striese.
In Hamburg nun ist Herr Direktor wieder Frau Direktor: Emanuela, weil die Bombenrolle der furiosen Karin Neuhäuser zugedacht war. Jetzt also "inszeniert" sie gerade, als wär’ er (oder in diesem Fall halt sie) Herbert Fritsch bei der Arbeit; die Darstellerinnen und Darsteller haben dazu wieder die richtigen, privaten Namen angenommen, und nichts funktioniert, nur das Pause-Machen. Vorne feixt und fuchtelt die Regie, kommt nicht recht voran, droht damit abzureisen – aber mithilfe des Ensembles entsteht dann eben doch jenes elementare Chaos, das den atemberaubenden Charme einer guten Klamotte ausmacht. Für diese Minuten der falschen Probe ist die "Methode Fritsch" auch im Thalia Theater wieder ganz bei sich – das ist aber nicht immer der Fall in immer länger werdenden zweieinhalb Stunden.
Fritsch führt ja seit einigen Jahren eine grandiose Propaganda- und Feldschlacht für den haltlosen Humor im Theater, für die pure Farce, in der die Akteure für eine gute (oder auch eine schlechte) Pointe den Vater verraten und die Mutter verkaufen; Hauptsache Lachen, heißt die Devise – bis der Arzt kommt oder die Feuerwehr. In Luzern begann die Fritsch-Karriere, in Halle und in Oberhausen ging sie weiter; mittlerweile hat der Regisseur auch Ensembles in Leipzig und Magdeburg, Bremen und Schwerin mit der eigenen Jux-Sucht infiziert, und gleich zwei Fritsch-Arbeiten reisten im Mai dieses Jahres zum Theatertreffen nach Berlin, wo ja der Schauspieler Fritsch die Volksbühne lange mitgeprägt hatte. Der Jux-Reiz, Marke Fritsch, kommt jetzt an auf den großen Bühnen – eben an der Volksbühne, demnächst in Köln, jetzt in Hamburg; das aber zu einer Zeit, wo die Strategie schon merklich schwächelt. Auch der Workoholic Fritsch beginnt sich zu wiederholen, und sei es in den Bühnen, die er ja meistens auch selber entwirft. "Der Raub der Sabinerinnen" vollzieht sich jetzt zum Beispiel vor einem riesig-roten Familien-Sofa (wie vor Jahr und Tag in Leipzig), und dieses Sofa wird meistens von hinten und per Trampolin betreten – so karriolte neulich auch die Berliner Volksbühnen-Truppe durch eine Fritsch-Inszenierung.
Die "Raub"-Fabel zum Sofa ist ein absolut logischer Albtraum – sie handelt vom Kleinstadt-Professor, der schlecht bezahlt Religion unterrichtet und sich vom durchreisenden Theater-Striese als Dramatiker entdeckt sieht; ein paar Tage lang schwebt er mit dieser Jugendsünde zwischen Himmel und Hölle, purer Lust und blankem Horror. Drum herum intrigiert eine Familie voll unausgelebter Sexualitäten, samt theatervernarrter Haushälterin und hyperaktiv-rammelsüchtigem Kakadu. Fritsch betont die Zwanghaftigkeiten dieser Familienaufstellung, und mit ihnen zelebriert er zwei Lehrstunden unter dem Motto: Wie funktionieren Pointen? Und: wie nicht. Wo geht dem Witz eventuell die Luft aus, wo laufen Wiederholungen leer, wo verrennt sich die Komödianten-Truppe unrettbar in der Wortspielhölle ... Mit der herrlichen Karin Neuhäuser war sächsisch nicht möglich, darum wird jetzt gnadenlos geschwäbelt – schon das haut nicht wirklich hin; und der Raum tut das Seine hinzu: Unter dem großen, leeren Thalia-Himmel verläuft sich die atemlos-rasante Stimmführung in weiten Teilen des Ensembles, und naheliegenderweise retten sich einige ins Geschrei. Und Schreien ist generell sehr selten wirklich komisch.
Verblüffenderweise beginnt sich aber auch das kleine Stück zu wehren – all die vielen kleinen, vertrackt-dramaturgischen Zusammenhänge der Farce müssen blöderweise bedient werden, obwohl das oft wirklich nur aufhält; Fritsch weiß das und macht das Beste draus, in dem er das Problem in kleinem Nebenbei-Gezeter beim Namen nennt. Doch der Abend wird merklich zäh – und die Inszenierung ist auf einmal fast nur noch damit beschäftigt, das hohe Tempo zu halten. Da hilft dann aber immer das Trampolin, wie neulich in Berlin, da hilft auch das herrliche Sofa, in dem sogar Menschen verschwinden können, leider gleich zweimal ...
Einmal mehr gerät der launige Zauberer Fritsch in Gefahr, die besten Pointen zu verschenken; und Hape Kerkeling, ehedem ein freier radikaler Unfug-Stifter auf dem Bildschirm wie jetzt Fritsch im Theater, behält immer wieder Unrecht: Witzischkeit kennt viele Grenzen.
In Hamburg nun ist Herr Direktor wieder Frau Direktor: Emanuela, weil die Bombenrolle der furiosen Karin Neuhäuser zugedacht war. Jetzt also "inszeniert" sie gerade, als wär’ er (oder in diesem Fall halt sie) Herbert Fritsch bei der Arbeit; die Darstellerinnen und Darsteller haben dazu wieder die richtigen, privaten Namen angenommen, und nichts funktioniert, nur das Pause-Machen. Vorne feixt und fuchtelt die Regie, kommt nicht recht voran, droht damit abzureisen – aber mithilfe des Ensembles entsteht dann eben doch jenes elementare Chaos, das den atemberaubenden Charme einer guten Klamotte ausmacht. Für diese Minuten der falschen Probe ist die "Methode Fritsch" auch im Thalia Theater wieder ganz bei sich – das ist aber nicht immer der Fall in immer länger werdenden zweieinhalb Stunden.
Fritsch führt ja seit einigen Jahren eine grandiose Propaganda- und Feldschlacht für den haltlosen Humor im Theater, für die pure Farce, in der die Akteure für eine gute (oder auch eine schlechte) Pointe den Vater verraten und die Mutter verkaufen; Hauptsache Lachen, heißt die Devise – bis der Arzt kommt oder die Feuerwehr. In Luzern begann die Fritsch-Karriere, in Halle und in Oberhausen ging sie weiter; mittlerweile hat der Regisseur auch Ensembles in Leipzig und Magdeburg, Bremen und Schwerin mit der eigenen Jux-Sucht infiziert, und gleich zwei Fritsch-Arbeiten reisten im Mai dieses Jahres zum Theatertreffen nach Berlin, wo ja der Schauspieler Fritsch die Volksbühne lange mitgeprägt hatte. Der Jux-Reiz, Marke Fritsch, kommt jetzt an auf den großen Bühnen – eben an der Volksbühne, demnächst in Köln, jetzt in Hamburg; das aber zu einer Zeit, wo die Strategie schon merklich schwächelt. Auch der Workoholic Fritsch beginnt sich zu wiederholen, und sei es in den Bühnen, die er ja meistens auch selber entwirft. "Der Raub der Sabinerinnen" vollzieht sich jetzt zum Beispiel vor einem riesig-roten Familien-Sofa (wie vor Jahr und Tag in Leipzig), und dieses Sofa wird meistens von hinten und per Trampolin betreten – so karriolte neulich auch die Berliner Volksbühnen-Truppe durch eine Fritsch-Inszenierung.
Die "Raub"-Fabel zum Sofa ist ein absolut logischer Albtraum – sie handelt vom Kleinstadt-Professor, der schlecht bezahlt Religion unterrichtet und sich vom durchreisenden Theater-Striese als Dramatiker entdeckt sieht; ein paar Tage lang schwebt er mit dieser Jugendsünde zwischen Himmel und Hölle, purer Lust und blankem Horror. Drum herum intrigiert eine Familie voll unausgelebter Sexualitäten, samt theatervernarrter Haushälterin und hyperaktiv-rammelsüchtigem Kakadu. Fritsch betont die Zwanghaftigkeiten dieser Familienaufstellung, und mit ihnen zelebriert er zwei Lehrstunden unter dem Motto: Wie funktionieren Pointen? Und: wie nicht. Wo geht dem Witz eventuell die Luft aus, wo laufen Wiederholungen leer, wo verrennt sich die Komödianten-Truppe unrettbar in der Wortspielhölle ... Mit der herrlichen Karin Neuhäuser war sächsisch nicht möglich, darum wird jetzt gnadenlos geschwäbelt – schon das haut nicht wirklich hin; und der Raum tut das Seine hinzu: Unter dem großen, leeren Thalia-Himmel verläuft sich die atemlos-rasante Stimmführung in weiten Teilen des Ensembles, und naheliegenderweise retten sich einige ins Geschrei. Und Schreien ist generell sehr selten wirklich komisch.
Verblüffenderweise beginnt sich aber auch das kleine Stück zu wehren – all die vielen kleinen, vertrackt-dramaturgischen Zusammenhänge der Farce müssen blöderweise bedient werden, obwohl das oft wirklich nur aufhält; Fritsch weiß das und macht das Beste draus, in dem er das Problem in kleinem Nebenbei-Gezeter beim Namen nennt. Doch der Abend wird merklich zäh – und die Inszenierung ist auf einmal fast nur noch damit beschäftigt, das hohe Tempo zu halten. Da hilft dann aber immer das Trampolin, wie neulich in Berlin, da hilft auch das herrliche Sofa, in dem sogar Menschen verschwinden können, leider gleich zweimal ...
Einmal mehr gerät der launige Zauberer Fritsch in Gefahr, die besten Pointen zu verschenken; und Hape Kerkeling, ehedem ein freier radikaler Unfug-Stifter auf dem Bildschirm wie jetzt Fritsch im Theater, behält immer wieder Unrecht: Witzischkeit kennt viele Grenzen.