In Frankreich, Belgien, Lettland und im Tessin ist es bereits verboten, eine Burka zu tragen. Und solch ein Verbot hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor zwei Jahren auch abgesegnet. Es sei in Ordnung, wenn der Staat dadurch sicherstellen wolle, dass ein vernünftiges soziales Miteinander möglich ist. In der mündlichen Verhandlung wurde damals zum Beispiel ausgemalt, dass es problematisch sei, wenn eine verhüllte Mutter ihr Kind aus dem Kindergarten abholen wolle.
Die deutsche Richterin in Straßburg war trotzdem dagegen und schrieb mit ihrer schwedischen Kollegin ein Minderheitenvotum: In Europas Kulturen gäbe es viel Gelegenheit, sich zu verhüllen – etwa zu Karneval. Oder auch beim Skifahren oder beim Motorradfahren. Niemand käme auf die Idee so etwas zu verbieten, weil dann das Miteinander erschwert wäre. Außerdem habe jeder Mensch in Europa das Recht sich zurück zu ziehen. Man müsse nicht unbedingt mit anderen in Kontakt treten. Das sei Teil der europäischen Grundfreiheiten.
Beim Verfassungsgericht war es noch nicht Thema
Das Votum der Mehrheit der Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist grundsätzlich bindend, auch in Deutschland. Das deutsche Verfassungsgericht hat sich allerdings bis jetzt mit der Frage nicht beschäftigt. Nur das traditionell muslimische Kopftuch war schon mehrfach in Karlsruhe Thema großer Entscheidungen. Zuletzt hatten die Verfassungsrichter entschieden, dass das Kopftuch Ausdruck der Religionsfreiheit sei und einer Lehrerin in einer Schule nur verboten werden könne, wenn sonst der Schulfrieden gefährdet sei. Zur Vollverschleierung haben die Karlsruher Richter bislang nichts gesagt.
Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages skeptisch
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam aber im Dezember 2014 zu dem Ergebnis: Ein Burka-Verbot sei nicht mit unserer Verfassung vereinbar. Selbst wenn nach europäischem Recht so ein Eingriff möglich sei, müsse er noch lange nicht nach unserem Grundgesetz zulässig sein. Kleidungsvorschriften seien immer nur gerechtfertigt, wenn das für die Gemeinschaft unbedingt erforderlich ist. Die Burka könne zwar fragwürdig erscheinen durch das mit ihr verbundene Frauenbild. Aber – nicht alles, was unerwünscht erscheint, könne auch verboten werden. Außerdem habe der Einzelne auch keinen Anspruch darauf, vor religiösen Einflüssen der Umwelt abgeschirmt zu werden. Und was die öffentliche Sicherheit angeht – da gäbe es immer noch mildere Mittel. Zum Beispiel, dass von den Frauen verlangt wird, bei einer Polizeikontrolle den Schleier zu heben.
Alles hängt davon ab, wie das Verbot aussieht
Was das Bundesverfassungsgericht letztlich zu einem Burka-Verbot sagen würde, hängt sehr davon ab, wie das Verbot ausgestaltet wäre: Wenn es nur für sicherheitsrelevante Orte gelten würde wie etwa Banken oder Flughäfen, würden die Verfassungsrichter es vermutlich eher absegnen als ein allgemeines Verbot. Die Religionsfreiheit hat in Karlsruhe großes Gewicht.