"Die Idee von Ecobus ist, die Vorteile von einem Taxi und von einem Linienbussystem zu vereinen",
umreißt Marc Timme die Idee, mit der er den Busverkehr in Südniedersachsen umkrempeln will: Statt große Busse nach einem starren Plan von Haltestelle zu Haltestelle fahren zu lassen, sollen viele Kleinbusse übers Land rollen und - ähnlich wie Taxen - auf Anruf Kunden an der Haustür auflesen und sie dorthin chauffieren, wohin sie wollen.
"Also dass Sie nicht eine Stunde auf den Bus warten müssen, sondern vielleicht zehn Minuten, wenn Sie weit auf dem Land draußen sind, und dass Sie ihren Privat-Pkw eventuell stehen lassen können."
Ein weiteres Ziel ist, den Fahrpreis dieser Kleinbusse auf dem Niveau der heutigen Busfahrkarten zu halten. Für die Fahrgäste. Für die Gemeinden, die gerade draußen auf dem Land für den konventionellen Busverkehr viel Geld bezahlen, soll das neue System billiger werden:
"Die durchschnittliche Auslastung eines Busses wird dadurch erhöht, weil Sie eben immer mehr Leute haben, die zufällig in die gleiche Richtung wollen."
Mehr Fahrgäste, weniger Kosten
Je höher die Auslastung, desto besser ist auch die Kostendeckung, rechnet der Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Das Grundprinzip dabei ist: Die Kleinbusse sind ständig in Bewegung.
"Wenn viele Kleinbusse unterwegs sind, ist praktisch immer ein Kleinbus in der Nähe, der ungefähr in die richtige Richtung fährt – da sitzen dann schon Leute drin, die auch ungefähr in Ihre Richtung wollen."
Koordinierung ist das A und O
Die Kunst wird darin bestehen, die Busse so zu steuern, dass sie genau da lang fahren, wo sie gebraucht werden – aber auch schnell in entlegene Weiler gelangen können, wenn ein Kunde von dort anruft. Das übernimmt eine Einsatzzentrale. Sie erhält dafür zwei Werkzeuge: zum einen eine Art Bedarfsprofil:
"Im langfristigen System ist das so angedacht, dass man die Statistiken der Fahrten erhebt, dass man ungefähr weiß, dann und dann – kommt vielleicht der ICE an, wollen dann 20 Leute vom Hauptbahnhof in Göttingen nach Geismar, zu der und der Zeit, und dann setzt man mal eben ein oder zwei Busse ein, die die Personen verteilen."
Die Feinsteuerung dieser Busse erfolgt dann, wenn diese 20 Leute der Einsatzzentrale gesagt haben, dass sie tatsächlich kommen und wohin sie wollen. Dann plant eine Software die genaue Route. Dabei beachtet sie auch, ob die Statistik im Zielgebiet neue Kunden vorhersagt, oder ob sich von dort schon Kunden gemeldet haben, die woanders hin fahren wollen. Nach deren Wünschen plant das System die Busfahrten permanent weiter – wohl auch mit neuen Zwischenhalten und kleineren Umwegen, die aber nie zu lange dauern dürfen. Eine anhaltende Routenoptimierung – ähnliche wie sie heute schon Navigationsgeräte beherrschen.
"Eine Frage ist genau, kann man die so machen, wie es bisher funktioniert, und die Antwort ist leider: Nein, sonst hätten wir es vielleicht schon fertig, es ist viel komplizierter, weil Sie im Raum, in der Zeit und in den Fahrgästen optimieren müssen."
Pilotprojekt mit guten Erfolgschancen
Marc Timme ist sich sicher, dass er in den nächsten Monaten dieses Problem lösen kann. Danach will er in Südniedersachsen ein Pilotprojekt starten, im dem sich die Idee bewähren soll. Städte, Kreise, Flecken und Gemeinden weiß der Göttinger Forscher dabei hinter sich – sie haben beschlossen, dieses Verkehrskonzept zu testen, weil es ein "enormes Potenzial für die ganze Region Südniedersachsen" habe.
Dabei reicht es für einen Erfolg dieses "Ecobus" genannten Systems aus, wenn sich davon schon ein eher kleiner Prozentsatz der Bevölkerung überzeugen lässt.
"Da kommt man, je nachdem, in welchen Regionen Sie gucken, auf die Größenordnung so fünf Prozent. Dann haben Sie genügend Leute, die in jeweils die richtige Richtung fahren, sodass auch andere Leute, die zufällig Anfragen haben, in die gleiche Richtung wollen, 28'40 und sodass die Fahrtstrecke nicht mehr als 50 Prozent länger ist als mit dem Taxi."