Der Star ist das Gebäude. Jahrelang dämmerte das Amerika Haus in einer Art Dornröschenschlaf vor sich hin - umgeben von Metallzäunen, Sträuchern und verwahrlosten Rasenflächen. Jetzt strahlt es wieder. Die Fenster sind nicht mehr vergittert, die 50er-Jahre-Fassade leuchtet in türkis, orange und hellem Grau.
"Als ich hier zum ersten Mal ankam, dachte ich: Meine Güte. Alle Fenster waren vergittert, Noppenfußboden, viele Rigips-Einbauten. Es war dunkel. Es war eingezäunt. Dann haben wir uns das Haus angeschaut - peu à peu wie Archäologen. Wir haben geguckt, was ist unter den Teppichen, was ist hinter den Rigipswänden und haben wunderbare Solnhofener Plattensteine als Fußboden gefunden. Wir haben Türportale entdeckt und im Laufe der Zeit immer mehr uns in das Haus verliebt und sind superglücklich, hier zu sein," sagt Stephan Erfurt, der Direktor von C/O Berlin. Das Haus ist den Bedürfnissen der Ausstellungsmacher entsprechend saniert worden.
Gegründet wurde C/O Berlin vor 14 Jahren. Damals gab es in der Stadt noch kein Museum für Fotografie. Stephan Erfurt mietete mit Freunden Räume im historischen Postfuhramt, um eine Ausstellung von Fotografen der Agentur Magnum zu ermöglichen. Der Erfolg war so überwältigend, dass die drei weitermachten:
"Das Postfuhramt war wirklich unsere große Liebe. Wir sind bekannt geworden da und wir haben die großen Ausstellungen - Annie Leibovitz war unser Durchbruch, Peter Lindbergh, Gregory Crewdson - das konnten wir nur machen an einem so zentralen Ort wie dem Postfuhramt."
Vier Ausstellungen zur Eröffnung
Denn C/O Berlin erhält keine öffentlichen Zuwendungen. Die Ausstellungen werden allein durch Spenden und Eintrittsgelder finanziert. Zum Postfuhramt kamen die Leute, doch da das Haus alt und sanierungsbedürftig war, gab es auch jede Menge Probleme. Stefan Erfurt ist froh, dass er sich jetzt nicht mehr um das Raumklima oder platzende Wasserrohre kümmern muss. Zum Grand Opening im Amerika Haus präsentiert er vier Ausstellungen:
"Die Ausstellungen beziehen sich auf unsere Geschichte und auf die Geschichte des Amerika Hauses. Für uns ist die Agentur Magnum und "Magnum Contact Sheets" eine enorm wichtige Ausstellung, weil es schließt sich ein Kreis."
Vor 14 Jahren stellte C/O Berlin berühmte Bilder von Magnum-Fotografen aus, heute auch die dazugehörigen Kontaktbögen. Vor dem Siegeszug der digitalen Fotografie war es üblich, entwickelte Filme erst einmal direkt auf das Fotopapier zu kopieren. So hatte man den kompletten Film auf einem Abzug und konnte leichter entscheiden, welche Aufnahmen man auswählen wollte. In der Ausstellung sind Kontaktbögen in kleinen Glaskästen zu sehen, sodass man nicht nur die Vorder-, sondern auch die Rückseiten betrachten kann. Man sieht Notizen der Fotografen und Vermerke der Agentur und kann im Idealfall erkennen, warum Bilder für die Veröffentlichung ausgewählt wurden. Und natürlich kann man die betreffenden Aufnahmen auch in groß bewundern - Che Guevara mit Zigarre, Steinewerfer bei den 68er-Unruhen in Paris, eine Picknickgruppe in Brooklyn, die zu den brennenden Türmen des World Trade Centers hinüberschaut.
Die zweite Ausstellung zeigt Fotos von Will McBride. Der Amerikaner lebt seit den 50er-Jahren in Deutschland und hat die Stimmung im Berlin der Nachkriegszeit dokumentiert.
"Man sieht in dieser Ausstellung ein entvölkertes Berlin, das in Trümmern liegt und dann, wie sich junge Leute diese Stadt zurückerobern und was für eine Lebensfreude da entsteht," sagt der Kurator Felix Hoffmann. Will McBride hat junge Leute fotografiert, die am Strand oder in kaputten Häusern Partys feiern, Szenen, die ein wenig an die Berliner Kellerklubs der Nachwendezeit erinnern.
Star-Fotografen, Newcomer, Bild-Ikonen und ästhetische Experimente
Die dritte Ausstellung ist eher eine Spielerei. Da werden Fotos aus Automaten gezeigt, die neue Porträtaufnahmen in Bilder bekannter Magnum-Fotografen hineincollagieren. Wer will, kann sich für eine solche Collage fotografieren lassen.
Und last but not least gibt es die Ausstellung "Arbeit am Mythos" von Luise Schröder.
Die junge Fotografin hat im Rahmen einer Perfomance Wasser über Bücher geschüttet, die Fotos der Stadt Dresden zeigen - ein Video davon ist in der Ausstellung zu sehen. Die Künstlerin reißt Fetzen aus den aufgeweichten Seiten heraus, wodurch die darunter liegenden Bilder sichtbar werden.
"Vielleicht ist das eine schöne Metapher dafür, dieses Auffinden von verschiedenen Schichten und dieses sich bewusst machen, dass es verschiedene Schichten von Geschichte gibt."
Und auch ein derart eigenwilliger Blick auf Fotografie findet bei C/O Berlin seinen Platz. Das Ausstellungshaus bleibt seinem alten Erfolgsrezept treu: Es präsentiert Star-Fotografen, aber auch Newcomer, Bild-Ikonen und zugleich ästhetische Experimente.
Das Grand Opening der Ausstellungen von C/O Berlin im Amerika Haus ist heute um 16 Uhr.