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Campusradio
48 Stunden auf Sendung

An der Bauhaus-Universität in Weimar beenden Studierende das Semester mit einer Marathon-Radiosendung. 48 Stunden lang berichten sie im Campusradio "Bauhaus FM" über ihre Themen. Dabei findet auch Experimentelles seinen Platz, zum Beispiel "deftige Schweinereien" im Morse-Code.

Von Henry Bernhard |
    Sechs junge Menschen sitzen in einem Radiostudio, ein Student bedient das Mischpult während eine Studentin telefoniert
    Studierende der Bauhaus-Universität in Weimar produzieren 48 Stunden am Stück ihr eigenes Radio (Deutschlandradio / Henry Bernhard)
    Montagabend, 10 vor 7, gespannte Hektik im Sendestudio des Campusradios "Bauhaus FM" der Bauhaus-Universität in Weimar. In 10 Minuten soll die 48-Stunden-Sendung beginnen, die traditionell das Semester abschließt. Normalerweise sendet "Bauhaus FM" vier Stunden pro Woche, auf der Frequenz des Weimarer Bürgerradios "Radio Lotte". Studioleiter ist Martin Hirsch, Künstlerischer Mitarbeiter an der Professur Experimentelles Radio.
    "Das ist ja eine studentische Initiative, Bauhaus FM. Und 48 Stunden ist dann tatsächlich die Strecke, auf der dann tatsächlich die Produktionen aus der Lehre mal gezeigt werden. An und für sich geht es hier auch darum, die Arbeiten, für die ein halbes Jahr gearbeitet wurde, zu zeigen."
    Experimente erwünscht
    Jan Glöckner studiert Medienkunst und Mediengestaltung. Am Abend sitzt er an der Technik, am Morgen präsentiert er dann seine eigene Show. Er liebt die Vielfalt und das Experiment in diesem Studiengang und speziell in der 48-Stunden-Sendung, in der man auch Gewagtes testen kann.
    "Es sind relativ experimentelle Formate; es gibt zum Beispiel auch ganz verrückte: Morse-Porno! Es ist Pornographie auf Morse. Also, wer Morse versteht, kann sich auf deftige Schweinereien gefasst machen. Aber wir haben natürlich auch politische Sendungen. Es ist eigentlich alles so ein bisschen dabei. Ein Kessel Buntes! Jetzt habe ich’s gesagt …"
    "Tatsächlich geht es wohl ganz schön durcheinander. Bis hin zu abgefahrenen Klanginstallationen, wo stundenlang eine Waschmaschine zu hören sein wird. Also: Es geht durcheinander!"
    19 Uhr, es geht los. Severin hinter der Scheibe, der Moderator vor dem Mikrofon, bekommt letzte Anweisungen.
    "Ja, Severin, wir wählen jetzt demnächst mal. Die Musik läuft noch, aber Du bist auch schon auf. Also, sobald Du es wählen hörst: Pst!"
    "Wir werden eine Stunde lang über den Äther laufen lassen, dass wir jetzt gleich 48 Stunden senden. Wir werden Menschen anrufen, die noch nichts wissen von ihrem Glück und die hoffentlich ans Telefon gehen."
    Paula hat eine Liste von Telefonnummern vor sich, von Bekannten, Unbekannten, Radiostationen und Kollegen. Die ersten Versuche enden im Nichts. Nach diversen Versuchen dann der erste Treffer.
    "Hallo!"
    "Ja, schönen guten Abend! Mit wem bin ich denn verbunden bitte?"
    "Mit Astrid."
    Etwas holprig und anarchistisch startet die Sendung in die Nacht. Es gibt Musikmagazine, die besagte Waschmaschine und ein Morgenmagazin zum neuen Polizeigesetz.
    Frühsendung live aus dem Café
    Am Morgen um 9 dann eine Live-Sendung aus einem Studierenden-Café der Bauhaus-Uni. Astrid Drechsler und ihre Studierenden präsentieren die Ergebnisse eines Radio-Feature-Trainingskurses, mit Moderation, Interviews, den fertigen Produktionen und einem live aufgeführten Jingle.
    "Herzlich willkommen im Funky Feature Café, eine Sendung der Bauhaus Universität Weimar. ‚Von 0 auf 100 in einem Semester. Wir featuren‘ - diesen Kurs hat Astrid Drechsler für uns geführt. Weiter geht’s jetzt erst mal mit Musik. Und danach werden wir auch das erste Feature gleich hören."
    Der ganze Kurs ist beteiligt. Technikaufbau, Mikrofonierung, Mischung, Überwachung des Live-Streams, Moderation – alles machen die Studierenden selbst. Und sie präsentieren ihre Features. Über den eigenen Bruder im Knast, über das Dorf, in dem man aufgewachsen ist, über Obdachlosigkeit und Gentrifizierung.
    "Es ist suizidal für die Soziokultur, wenn sie wirklich jetzt in Erwägung ziehen, die Insel platt zu machen."
    Tim Wieczorek hat ein Feature über ein Haus in Jena produziert, in dem junge Leute selbstbestimmt wohnen, ein Szenetreffpunkt, der bald einem neuen Uni-Campus weichen wird. Nach dem gemeinsamen Hören wird er von seinen Kommilitonen dazu interviewt. Drei Stunden haben die jungen Feature-Macher, nach ihnen folgt ein "kulinarisch-musikalisch-internationales Mittagsmagazin", dann wieder aus dem Studio. Noch 36 Stunden sind zu senden. Martin Hirsch sieht das entspannt.
    "Ja, als ich hier studiert habe, war das noch eine Woche!"