Rund drei Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr mindestens einmal zu einem Joint gegriffen oder einen Haschkeks gegessen. Damit ist Cannabis hierzulande das am häufigsten konsumierte illegale Rauschmittel. Da die gesundheitlichen Folgen von Haschisch und Marihuana nachweislich harmloser sind, als jene von Alkohol und Nikotin, wollen Kritiker der bisherigen Drogenpolitik Cannabis ebenfalls als Genussmittel deklarieren und seinen Verkauf legalisieren. Wie überzeugend die Argumente dafür sind, analysiert der Drogenexperte Dr. Peter Cremer-Schaeffer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinem Sachbuch nüchtern und fachlich fundiert.
"Cannabis: Was man weiß, was man wissen sollte" beginnt mit einem spannenden Abriss der Geschichte der Drogenpolitik: Von Englands Opiumkriegen gegen China, über das Jahr 1937, wo der Verkauf eines Joints in den USA erstmals unter Strafe gestellt wurde, bis zum deutschen Betäubungsmittelgesetz von 1972, das Cannabis auf eine Ebene mit harten Drogen wie Opium, Heroin und Kokain stellt.
Der Autor erklärt eindrucksvoll, warum viele Argumente der Legalisierungsgegner wissenschaftlich unhaltbar sind. Die Mär von Cannabis als Einstiegsdroge zum Beispiel - wurde einst aus politischen Gründen lanciert und lässt sich mit Fakten nicht untermauern. Was die Studien hingegen belegen: Nüchtern betrachtet ist Cannabis eine eher ungefährliche Droge und - zumindest für Erwachsene - weit harmloser als die gesellschaftlich akzeptierten und legalen Rauschmittel Alkohol und Tabak.
Klare Argumentationslinie bei medizinischen Anwendungen
Doch dieser Befund ist für den ausgebildeten Facharzt für Anästhesiologie kein zwingender Grund, den Besitz, Konsum und Verkauf von Cannabisprodukten zu legalisieren. Begründung: Die besonders gefährdeten jugendlichen Kiffer wären dann vermutlich noch schwerer vor Sucht und den Nebenwirkungen von Haschisch und Marihuana zu schützen als heute.
Deutlich stringenter ist die Argumentationslinie des Autors bei medizinischen Anwendungen von Hanfprodukten. Die positiven Erfahrungen bei verschiedenen Krankheiten sprächen dafür, den Einsatz auszuweiten und die Forschung an Cannabinoid zu intensivieren, so sein Plädoyer.
Ist Cannabis eine Droge oder Genussmittel? Internationale Entwicklungen wie etwa in den USA erhöhen den Druck auf die Bundesregierung, sich in dieser Frage neu zu positionieren. Weil die gesellschaftlichen Folgen der Entscheidung weitreichend sind, braucht es eine intensive Debatte, die frei von Vorurteilen geführt wird. Dieses Sachbuch liefert eine solide und sachliche Basis, für alle, die sich daran beteiligen wollen.
Peter Cremer-Schaeffer: "Cannabis: Was man weiß, was man wissen sollte", Hirzel-Verlag, 122 Seiten, 14,80 Euro