Rund 200 Kilometer nördlich der mexikanischen Hauptstadt liegt Querétaro. Die Stadt in Zentralmexiko ist vor allem für ihre koloniale Architektur bekannt. Am Rand von Querétaro liegt ein kleiner Campus der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko – kurz UNAM.
Harald Böhnel öffnet eine Tür: "Das ist sozusagen unser Labor für starke Magnetfelder, hier gibt's also Geräte, mit denen man magnetische Eigenschaften von Gesteinen oder Materialien im Allgemeinen untersuchen kann."
Der deutsche Geophysiker lebt und forscht schon seit den 1980er-Jahren in Mexiko. Seine Schwerpunkte sind der Paläo- und Umweltmagnetismus. Ein Stockwerk tiefer führt er in das nächste Labor. Im hinteren Teil befindet sich ein abgeschirmter Raum.
"Der Raum ist sozusagen wie eine Zwiebel aufgebaut. Und hier gibt es drei Schichten und jede Schicht besteht aus drei Lagen von Metallfolien."
In mehreren Lagen wird damit das Erdmagnetfeld kompensiert. Nur so lassen sich magnetische Eigenschaften einzelner Gesteinsproben detailliert messen.
"Das sind dann besonders gute Arbeitsvoraussetzungen für ganz empfindliche Geräte mit denen man ganz kleine Änderungen des Magnetfeldes durch Proben halt bestimmen will."
Mithilfe dieser magnetischen Parameter lassen sich zum Beispiel klimatische Veränderungen in Sedimentproben aus Gewässern nachweisen.
"Und diese Parameter erlauben uns dann Aussagen zu machen über die Zusammensetzung der magnetischen Minerale, ob es eher Titanomagnetite sind, Magnetite oder vielleicht auch Eisensulfate."
Bohrkerne lassen neue Rückschlüsse zu
Wenn in einer Probe Eisensulfate vorliegen, muss der Sauerstoffgehalt im See sehr gering gewesen sein. Das erlaubt Rückschlüsse auf das einstige Klima. Zusammen mit Kollegen aus Deutschland und den USA hat Harald Böhnel insgesamt 14 Meter lange Bohrkerne aus mehr als 6000 Jahre alten Sedimenten untersucht. Diese stammen von einem Vulkansee namens Aljojuca nahe Cantona.
"Cantona war eine Stadt, die ihren Höhepunkt so ungefähr zwischen 500 und 900 nach Christus hatte."
Cantona war der Hauptverkehrsknoten zwischen dem Golf von Mexiko und Zentralmexiko. Da sich in der Nähe viele Vulkane befanden, gab es auch große Obsidian-Lagerstätten. Dieses vulkanische Gesteinsglas war ein wertvoller Rohstoff, aus dem Waffen und Messer hergestellt wurden. Durch die Beckenlage zwischen den Vulkanen gab es ausreichend Wasser, um Landwirtschaft zu betreiben. So konnte die Stadt ernährt werden, die auf ihrem Höhepunkt 90.000 Einwohner zählte. Jedoch kollabierte Cantona ab 900 nach Christus. Als Grund wurde eine Dürre vermutet. Einen Beweis für einen plötzlichen Klimawandel, vor allem Niederschlagsänderungen des Sommer-Monsuns, konnten die Wissenschaftler nun erstmals erbringen. Aber, die Dürre um 900 war nicht die erste.
"In Cantona ist es nun so, dass um 500 auch schon eine längerfristige Trockenperiode vorgelegen hat. Das heißt also, dass wir zwischen 500 und 900 keine guten klimatischen Bedingungen eigentlich hatten."
"In Cantona ist es nun so, dass um 500 auch schon eine längerfristige Trockenperiode vorgelegen hat. Das heißt also, dass wir zwischen 500 und 900 keine guten klimatischen Bedingungen eigentlich hatten."
Dennoch konnte sich die Stadt trotz großer Trockenheit noch mehrere Jahrhunderte halten und sogar wachsen.
"Die Hypothese ist nun, dass es nicht nur notwendigerweise dazu führt, wenn das Klima schlechter wird, dass ein politisches System zusammenbrechen muss. Es kann auch sein, dass ein funktionierendes System durch äußere Einflüsse gestärkt wird, dass Leute dann von anderen Regionen migrieren in so ein System, weil das halt immer noch viel besser funktioniert als anderen Regionen und dann dieses System gestärkt wird."
Auch die Belastungen in der Stadt müssen enorm gewesen und ständig gestiegen sein, so Harald Böhnel. Schließlich wurde die Stadt doch aufgegeben.
" Aber dann um 900 war der ökologische Druck zu stark und wahrscheinlich war das System auch zu groß geworden, um solche äußeren Einflüsse noch abwehren zu können und ist dann kollabiert."