Stellen Sie sich vor, es regnet. Sie müssen zur Arbeit. Sie stehen im Stau.
"It’s pouring down with rain. I need someone to help me get to work."
Da geht die Beifahrertür auf. Elton John setzt sich neben Sie. Während der Fahrt unterhält er sie mit seinen größten Hits und allerlei lustige Anekdoten.
Klingt verrückt? Nicht für James Corden. Bekannt wurde er als Klempner in der britischen Komödie "Gavin & Stacey". Heute moderiert er als jüngster Moderator in der Geschichte des amerikanischen Spätfernsehens die Kult-Talkshow "The Late Late Show".
Cordens Show zeichnete sich von Anfang an aus: Als Bühnen- und Komödiendarsteller bringt Corden etwas vom Varieté ins Studio. Den Durchbruch erlebte er mit seiner Sketch-Einlage "Carpool Karaoke". Das Konzept ist einfach: Corden und ein musikalischer Gast fahren durch LA in einem Wagen, ausgestattet mit Kameras, und singen zusammen die Hits des Künstlers. Inzwischen ist "Carpool" einer der erfolgreichsten Show-Ableger geworden, der im Netz ein Eigenleben entwickelt: Adeles Auftritt wurde in zwei Monaten 90 Millionen Mal angesehen. Der von JLo in drei Tagen 15 Millionen Mal. Das sind Zuschauerzahlen, die Stars in den Staaten sonst nur mit einem Auftritt beim Super Bowl erreichen.
Zuschauer können sich mit den Popgrößen identifizieren
Was ist das Geheimnis von Cordens Erfolg? Popstars im Spätfernsehen sind schließlich nichts Neues. Popstars im Auto aber schon.
"There’s something very joyful about seeing a megastar singing their hits in a place where we would sing them."
Das sei schon etwas Besonderes, die Stars dort singen zu sehen, wo es normale Menschen auch tun, sagt Corden im Fernseh-Interview.
Schon möglich, dass man sich als Zuschauer mit den Popgrößen leichter identifizieren kann, wenn sie ohne Bodyguards und Stylisten, dafür - wie Adele - allein mit einem Becher Tee angeschnallt im Wagen sitzen. Und dann ist da Corden: Ein liebenswerter Spinner, scheinbar ohne einen einzigen zynischen Knochen im Körper, und damit ein erfrischender Gegensatz zu seinen Moderatoren-Kollegen, kriegt er mit seiner charmant-britischen und gleichzeitig jugendlich-frechen Art die Stars dazu, alles für ihn zu tun: Jennifer Hudson bestellt im Drive-In singend einen Cheeseburger.
Erfolgsrezept: Authentizität
Kritiker feiern Cordens The Late Late Show schon als Teil einer kulturellen Verschiebung in der Landschaft des amerikanischen Spätfernsehens: weg vom Markenzeichen-Sarkasmus der Herren Jay Leno und David Letterman hin zu einer kameradschaftlicheren, alberneren Fröhlichkeit wie James Corden und sein Kollege Jimmy Fallon sie vorziehen. Ein Spaß-Format, das mühelos über die Grenzen des Fernsehens hinweg zu Facebook und YouTube gleitet.
Das Brillante an Carpool-Karaoke ist, dass es sowohl für die Künstler ein hervorragender Weg ist, um sich darstellen - sie wirken zugänglich und promoten dazu ihre Hits - als auch für den Moderator. Der Band One Direction verschlägt es regelrecht den Atem, als Corden treffsicher die hohen Töne schafft.
Im übertragenen Sinn geht es heute darum im Spätfernsehen: um Treffsicherheit. Oder was Corden "Relevanz" nennt. Nicht mehr Sendeminuten nur für Schlaflose produzieren, sondern Inhalte, die sich möglichst schnell möglichst viral verbreiten.
Cordens Erfolgsrezept ist seine Authentizität. Er und seine Gäste haben einfach Spaß bei der Sache.
"This is so much fun!"