Martin Zagatta: Am Telefon in Pyoengchang ist jetzt Thomas Schwab, Generalsekretär des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes. Herr Schwab, was sagen Sie denn jetzt zu diesem Urteil? Können Sie das nachvollziehen?
Thomas Schwab: Das ist natürlich für uns auf der Sportseite nicht ganz einfach nachzuvollziehen, weil alles in allem, was man gehört hat, was zum Vorschein kam, dass man diesen Dopingvorwürfen schon Glauben schenken darf. Allerdings bin ich auch kein Jurist und kein Rechtler, der das genau einschätzen kann, wie weit die Beweislage dann tatsächlich untermauert sein muss, um ein Urteil zu sprechen. Aus meiner Sicht ist das schon ein Rückschlag für den gesamten Sport, für den olympischen Sport, und man kann nur hoffen, dass das IOC jetzt dort richtig reagieren wird und möglicherweise Einladungen doch nicht aussprechen wird.
"Die Beweissituation ist nicht ganz eindeutig"
Zagatta: Sie sagen es. Das IOC, das diese Sportler nicht zulassen wollte, hat sich das Recht vorbehalten, bei dieser Haltung zu bleiben, weil man sagt, die dürfen nur auf persönliche Einladung teilnehmen. Aber klingt das jetzt nicht sehr ungerecht? Ein Gericht sagt, wir können denen das Doping nicht nachweisen, und dann werden sie trotzdem ausgeschlossen.
Schwab: Ich bin Gott sei Dank nicht in der Situation des IOC. Aber ich weiß das ja von unserem internationalen Verband. Wir hatten auch das eine oder andere Hearing betroffener Athleten und auch dort ist man zur Aussage gekommen, dass die Beweislage einfach nicht so viel hergibt, dass man die jetzt mit sofortiger Wirkung sperren kann. Aber ich persönlich bin auf alle Fälle davon überzeugt, dass die Dinge, die zum Vorschein kamen – das hat man ja beim Hajo Seppelt auch in seinen Berichten in der ARD sehr gut nachvollziehen können, wie die Dinge dort gelaufen sind. Nur das Problem ist einfach, dass die belastbaren Fakten zwar theoretisch da sind, aber die Beweissituation nicht ganz eindeutig ist.
"Das IOC wäre jetzt gut beraten, auf ihrer Linie zu bleiben"
Zagatta: Wie wollen Sie jetzt damit umgehen? Damit muss man sich dann abfinden? Wenn das IOC jetzt doch noch einlenkt, Sie hätten jetzt nichts dagegen, oder Sie sagen, auf alle Fälle, das IOC muss jetzt hart bleiben?
Schwab: Ich glaube, dass das IOC jetzt gut beraten wäre, auf ihrer Linie zu bleiben, und wie ich die Situation einschätze – und ich hatte ja auch schon den einen oder anderen Kontakt zum IOC jetzt hier in Korea -, ich könnte mir vorstellen, dass das IOC vielleicht nicht in allen Fällen, aber im Großteil der Fälle bei ihrer Entscheidung bleiben wird.
Zagatta: Aber wie schwierig das ist, das haben Sie auch schon angedeutet. Im Weltcup dürfen die Russen ja mitmachen. Sportlich würde sich jetzt sehr viel für Ihre Athleten nicht ändern?
Schwab: Eigentlich nicht. Wir gehen ja schon den ganzen Winter mit der Situation um und wir sehen die Athleten auch täglich bei den Weltcup-Rennen und im Training, und man geht da eigentlich sehr professionell um mit dieser Situation. Auch da ein Kompliment an unserer Sportler, die jetzt sich sehr neutral verhalten, zumindest gegenüber den russischen Sportlern, weil keine eindeutigen Urteile gefällt sind, aber natürlich ist da auch eine riesengroße Portion berechtigte Skepsis mit dabei.
"Mit Sicherheit ist das eine Belastung dieser Olympischen Spiele"
Zagatta: Herr Schwab, wie sehr belastet dieser Streit, dieses Urteil und diese entgegengesetzte Position des IOC aus Ihrer Sicht jetzt vor Ort diese Olympischen Spiele schon jetzt?
Schwab: Mit Sicherheit ist das eine Belastung dieser Olympischen Spiele. Andererseits für mich persönlich und auch für unsere Sportler: Wir konzentrieren uns jetzt auf die Spiele. Das sind die Spiele, für die wir vier Jahre trainiert und gearbeitet haben, und hier wollen wir uns so gut wie möglich verkaufen. Das steht für uns jetzt erst mal im Vordergrund und ich glaube auch, dass der Großteil der Athleten so denken wird.
Zagatta: … sagt Thomas Schwab, der Generalsekretär des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes. Herr Schwab, ich bedanke mich für das Gespräch.
Schwab: Sehr gerne.
Zagatta: Wir haben es gehört: Er war sehr weit weg. Wir haben ihn nämlich schon vor Ort in Pyoengchang in Südkorea erreicht, wo in den nächsten Tagen die Olympischen Winterspiele beginnen werden.
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