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Cas-Urteil zu Russland-Sperre
„Im Grunde ist es eine Farce“

Die Halbierung der Sperre auf zwei Jahre für den russischen Sport sei ein komplett falsches Signal für die Anti-Doping-Bekämpfung, kritisiert die grüne EU-Parlamentarierin Viola von Cramon im Deutschlandfunk. Sie hätte sich ein restriktiveres Urteil gewünscht – und sieht gesetzlichen Handlungsbedarf, um den Sport strukturell unabhängiger auszurichten.

Viola von Cramon im Gespräch mit Matthias Friebe |
Die olympische und die russische Flagge nebeneinander bei den Winterspielen in Sotschi 2014.
In zwei Jahren schon wieder möglich: Die olympische und die russische Flagge nebeneinander bei den Winterspielen in Sotschi 2014. (AFP / Andrej Isakovic)
Im Dezember 2019 suspendierte die Welt-Anti-Doping-Agentur Russlands Sport für vier Jahre. Russland legte daraufhin Berufung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ein. Nun hat das Gericht aus der Vierjahressperre eine Zweijahressperre gemacht – mit vielen Schlupflöchern, wie nun viele Kritiker und Kritikerinnen bemängeln.
Eine davon ist die EU-Abgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk kritisiert sie die vergleichsweise milden Konsequenzen für Russland - besonders vor dem Hintergrund, dass die Rusada, die Nationale Anti-Doping-Agentur Russlands, zuletzt nicht kooperativer gewesen sei: "Sondern genau das Gegenteil ist passiert. Und daher ist das Urteil auch als Signal in die Anti-Doping-Bekämpfung ein komplett falsches." Sie hätte sich nicht nur die vollen vier Jahre Sperre gewünscht, sondern zugleich striktrere Bewährungsauflagen. Besonders vor dem Hintergrund, dass Russland kein Ersttäter bei Doping-Vergehen sei: "Und deswegen ist es umso ärgerlicher, dass man wieder mit zwei Jahren rausgeht."

"Das geht komplett in die falsche Richtung"

Wenn russische Athleten und Athletinnen unter vermeintlich neutraler Flagge trotzdem an Sportgroßereignissen teilnehmen dürften - nur ohne die Hmyne zu singen und offizielle russische Farben zu tragen, sei zudem die Rede von einem Kulturwandel völlig aus der Luft gegriffen: "Im Grunde ist es eine Farce. Das geht komplett in die falsche Richtung." Durch das Urteil sei es nun auch möglich, dass sich Russland für die Olmypischen Spiele 2032 bewerben wird. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada wollte genau das laut von Cramon durch die ursprünglich verhängte Vier-Jahres-Sperre verhindern: "Ich vermute mal, dass sich das Putin nicht entgehen lassen wird und dann auf der Bühne auch mit Moskau, Petersburg oder Sotschi auftreten wird."
Angesprochen auf einen möglichen Reformbedarf beim vielfach kritisierten internationalen Sportgerichtshof sagte die Grünen-Politikerin: "Die Diskussion, ob der Cas und seine Richter unabhängig sind, führen wir schon länger. Ein neutrales Gericht wäre besser gewesen, um auch die Unabhängigkeit der Wada zu unterstützen." Sie plädiere schon lange für mehr Unabhängigkeit bei internationalen Sportorganisationen: "Da sind zu viele Personen mit Interessenkonflikten drin." Auch wenn es die Autonomie des Sports in vielen Ländern angreife, brauche es laut von Cramon mehr gesetzliche Regulierung und Einmischung von Parlamenten und Exekutive.
Viola von Cramon ist eine deutsche Politikerin. Sie wurde 2009 über die Landesliste ihrer Partei (Bündnis 90/Die Grünen) in den Bundestag gewählt und sitzt aktuell im Europaparlament.
Grüne EU-Parlamentarierin Viola von Cramon: "Das Urteil ist eine Farce." (imago sportfotodienst)

"Fasel macht sich gemein mit dem Diktator Lukaschenko"

Die Grünen-Politikerin kritisiert im Deutschlandfunk auch, dass René Fasel, der Präsident des Welteishockeyverbands IIHF, gegenüber einer russischen Nachrichtenagentur TASS hinsichtlich der russischen Zwei-Jahres-Sperre von einer "harten Entscheidung" sprach: "Herr Fasel ist an der ein oder anderen Stelle politisch vollkommen falsch gewickelt – auch wieder an diesem Punkt. Herr Fasel ist ja auch im Bezug auf Belarus sehr zurückhaltend und macht sich da gemein mit dem Diktator Lukaschenko." Zuletzt hatte Fasel für Aufregung gesorgt, als er nach der IOC-Suspendierung des belarussischen Präsidenten Lukaschenko, der zugleich Präsident des belarussischen Nationalen Olympischen Komitees ist, beteurte, trotzdem weiter an Belarus als Co-Gastgeber der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 festhalten zu wollen.