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Cato Bontjes van Beek
Kämpferin gegen das NS-Regime

Mit 18 Jahren schloss sich die Bremerin Cato Bontjes van Beek dem NS-Gegner-Netzwerk "Rote Kapelle" an. Sie half verfolgten Juden und verbreitete regimekritische Flugblätter - bis sie 1942 festgenommen und ein Jahr später ermordet wurde. Am 14. November 2020 wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Von Otto Langels |
    Der Hinrichtungsraum in dr Gedenkstätte Plötzensee bei Berlin Zwischen 1933 und 1945 wurden im Gefängnis Plötzensee weit über 2800 Todesurteile vollstreckt,[4] unter anderem an Mitgliedern der Roten Kapelle. Der Stahlträger im Hintergrund wurde eingezogen ,um acht Opfer gleichzeitig durch Hängen hinrichten zu können.
    Der Hinrichtungsraum im NS-Gefängnis Plötzensee. Hier wurde auch Cato Bontjes van Beek 1943 ermordet. (imageBROKER)
    "Ich hatte einen seltsamen Traum. Mir träumte, ich sei zum Tode verurteilt worden, zusammen mit noch anderen. Warum und was ich verbrochen hatte, weiß ich nicht. Nach dem Urteil wurden wir gleich zum Hinrichtungsplatz geführt."
    Im März 1939 hatte Cato Bontjes van Beek einen geradezu visionären Traum, wie sich Jahre später zeigen sollte.
    Cato Bontjes van Beek wird am 14. November 1920 in Bremen geboren, die Mutter ist Tänzerin und Malerin, der Vater Keramiker. Cato wächst in dem Künstlerdorf Fischerhude auf. Nach der Scheidung der Eltern geht sie im Alter von 17 Jahren nach England, macht nach ihrer Rückkehr eine kaufmännische Ausbildung, zieht im Herbst 1939 nach Berlin und arbeitet als Keramikerin in der Werkstatt ihres Vaters.
    In der Zentrale der "Roten Kapelle"
    In Berlin lernt sie Elisabeth Schumacher kennen, Mitglied der "Roten Kapelle", einem politisch unabhängigen Netzwerk unterschiedlicher Hitler-Gegner, dem die Gestapo das Etikett einer kommunistischen Organisation andichtet. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand:
    "Sie hatte dann hier in Berlin aber auch Verbindungen vor allen Dingen über Libertas Schulze-Boysen dann auch zu Harro Schulze-Boysen, einem der führenden Köpfe der Widerstandsgruppe 'Rote Kapelle'."

    Ilse Stöbe, aus dem Buch "Erfasst? Gestapo-Album zur Roten Kapelle", mit Bleistift-Notizen aus der Nachkriegszeit
    Vor 75 Jahren - Hinrichtung von führenden Mitgliedern der "Roten Kapelle"
    Die Widerstandsgruppe "Rote Kapelle" um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack war ein politisch unabhängiges Netzwerk höchst unterschiedlicher Hitler-Gegner. Am 22. Dezember 1942 wurden elf Widerstandskämpfer hingerichtet.
    Cato registriert die politischen Veränderungen, sie streitet sich heftig mit jungen Leuten, die mit dem Nationalsozialismus sympathisieren. Kurz nach Kriegsbeginn schreibt sie, 18 Jahre alt, an eine Tante:
    "Da redet man noch viel von der großen Zivilisation und der hochstehenden Kultur der weißen Rasse. Eine Handvoll erbärmlicher Menschen jagt Völker in den Krieg."
    Agis-Flugblatt 1941: "Hitler geht unter"
    Cato unterstützt mit ihrer Schwester Kriegsgefangene und verfolgte Juden und verteilt Material unter den Mitgliedern der "Roten Kapelle", Johannes Tuchel:
    "Dann aber hat sie Harro Schulze-Boysen bei der Verbreitung und bei der technischen Herstellung des sogenannten Agis-Flugblattes geholfen. Das ist ein Flugblatt, das Harro Schulze-Boysen im Winter 1941/42 konzipiert hat und das eine ganz klare Kernaussage hat."
    "Niemand kann mehr leugnen, dass sich unsere Lage von Monat zu Monat verschlechtert. Ein Endsieg des nationalsozialistischen Deutschland ist nicht mehr möglich. Hitler geht unter, ebenso wie Napoleon untergegangen ist. Wer die Zukunft des Volkes weiterhin mit dem Geschick Hitlers gleichsetzt, begeht ein Verbrechen."
    "Das war im Februar 1942, eine revolutionäre Aussage in dieser Zeit.", so Johannes Tuchel.
    Verhaftung und Reichskriegsgericht
    Cato Bontjes van Beek verstärkt ihre politische Aufklärungsarbeit. "Ihr redet alle, aber keiner tut was", klagt sie. Sie steckt Flugschriften in Umschläge, adressiert sie an prominente Nazis und geht in verschiedene Postämter, um sie unauffällig zu verschicken. Doch im Sommer 1942 geraten Harro Schulze-Boysen und andere Mitglieder der "Roten Kapelle" ins Visier der Gestapo und werden festgenommen. Dazu Historiker Johannes Tuchel:
    "Über die Kontakte zu Schulze-Boysen kam man dann auch zu Frau Schulze-Boysen, man kam zu anderen, und es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Name von Cato Bontjes van Beek zuerst von Libertas Schulze-Boysen genannt worden ist."
    Denn unter dem Druck der Verhöre vertraut sich Libertas Schulze-Boysen einer Stenotypistin der Gestapo an und bittet sie, Gefährten zu warnen. Am 20. September 1942 wird Cato festgenommen und – wie mehr als 100 weitere Mitglieder der "Roten Kapelle" – wegen Landesverrats angeklagt. Obwohl die meisten Beschuldigten Zivilisten sind, finden die Prozesse vor dem Reichskriegsgericht statt.

    Die Richter kennen keine Gnade, sie verhängen rund 50 Todesurteile, auch gegen Cato Bontjes van Beek. Kurz vor ihrem Tod schreibt sie an ihre Mutter:"Meine Mama, es ist nun soweit, und ich werde nur noch ein paar Stunden unter den Lebenden sein. Die Ruhe, die ich mir immer für diese letzten Stunden gewünscht habe, ist nun auch wirklich bei mir und sie gibt mir viel Kraft."
    Am 05. August 1943 wird Cato Bontjes van Beek in Berlin-Plötzensee ermordet, sie ist 22 Jahre alt, als sie durch das Fallbeil stirbt. Die Leiche wird noch am selben Tag für fragwürdige Forschungszwecke in die Anatomie der Berliner Charité gebracht, so Johannes Tuchel:
    "Der Ankläger in der Strafsache 'Rote Kapelle', Manfred Roeder, dem passierte nichts. Ein Verfahren gegen ihn ging aus wie das Hornberger Schießen. Hermann Stieve, der Anatom der Charité, dem passierte nichts, der blieb auch nach 1945 auf seinem Lehrstuhl an der Charité."
    75 Jahre nach Stauffenberg-Attentat - Wer gehörte zum Widerstand gegen das NS-Regime?
    Die Bundesrepublik verweigerte Widerstandskämpfern jahrzehntelang die Rehabilitation und ihren Witwen eine Entschädigung – die Gründe dafür sind vielfältig.
    Cato Bontjes van Beeks Mutter musste hingegen noch jahrelang prozessieren, bis das Unrechtsurteil aufgehoben und ihre Tochter als Widerstandskämpferin rehabilitiert wurde.