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CDU-Abstimmung über Homo-Ehe
Viel mehr als ein Ja oder Nein

Morgen soll bekannt gegeben werden, wie die Mehrheit der Berliner CDU-Mitglieder über die Homo-Ehe denkt. Durch eine Mitgliederbefragung versuchte man, die Stimmung an der Basis zu ergründen. Die Bundes-CDU verweist auf die eingetragene Lebenspartnerschaft, will die Ehe nicht öffnen. Doch es gibt Landesverbände, die das tendenziell anders sehen. Ob ein eindeutiges Ergebnis zustande kommt, ist fraglich - denn es gibt sieben Antwortmöglichkeiten.

Von Claudia van Laak |
    Eine Regenbogenflagge wird in Berlin beim Christopher Street Day (CSD) vor dem Brandenburger Tor gehalten.
    Vor dem CSD Berlin diskutieren Vertreter von Religionsgemeinschaften über Homosexualität (picture alliance / dpa - Britta Pedersen)
    "Ein Glück, dass wir zwei Fachleute dabeihaben, die mir erklären können ..." - "Was Sie ankreuzen sollen?" - "Vor allem, wie ich abstimmen soll. Das scheint mir sehr kompliziert zu sein."
    "Sind Sie dafür, dass auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können? – Stimme voll und ganz zu, teils/teils, überhaupt nicht, ich enthalte mich, ich finde das Thema nicht wichtig." Peter Rzepka ist überfordert von dem Wahlzettel, der vor ein paar Tagen bei ihm und den anderen 12.500 Parteimitglieder der Hauptstadt eingetrudelt ist. Das Für und Wider soll an diesem Abend in der CDU-Kreisgeschäftsstelle in Lichtenberg diskutiert werden.
    "Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen, Herr Dregger, Herr Klaer, zu unserer Veranstaltung, die auf einen Beschluss des Kreisvorstandes zurückgeht ..."
    Die beiden Kontrahenten an diesem Abend: Markus Klaer, Berliner Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union und Burkard Dregger, Anwalt und Sohn des bekannten hessischen CDU-Politikers Alfred Dregger. Kontrahenten? Auf keinen Fall, beeilen sich beide zu versichern: Wir duzen uns, seitdem wir Abend für Abend das Pro und Contra der Ehe für alle diskutieren.
    "Es geht um ein emotionales Thema, das ist keine Frage, aber dass wir vor einer Art Zerreißprobe stünden, kann ich so nicht erkennen."
    "Also ich empfinde das als Wohltat und ich freue mich, wenn wir mit Parteimitgliedern auch Sachthemen diskutieren in dieser Form, das belebt letztlich die Partei."
    Für Dregger gilt das Reproduktionsargument
    Burkard Dregger möchte, dass alles so bleibt wie es ist. Die eingetragene Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwule, die Ehe für Mann und Frau. Das ist eben nicht das Gleiche, sagt der Jurist, der auch Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus ist:
    "Ich meine, es gibt Unterschiede. Und der einzige völlig offenbare Unterschied ist, dass die Ehe von verschieden geschlechtlichen Menschen Kinder hervorbringen kann. Und in einem großen Teil der Fälle auch hervorbringt."
    Ja, den Unterschied gibt es, aber er ist nicht so gravierend, dass man diese Verbindung nicht Ehe nennen könnte - erwidern diejenigen, die sich an diesem Abend als homosexuell outen. Benjamin Hövelkamp zum Beispiel, Mitglied bei den Lesben und Schwulen in der Union.
    "Wir müssten dann diesen Unterschied dann auch dort machen, wo verschieden geschlechtliche Paare keine Kinder kriegen können. Also: Ältere, die Ehe der Kanzlerin, das wird ja gerade in den sozialen Netzwerken diskutiert. Und da stellt ja niemand die Wertigkeit dieser Ehe infrage, obwohl da keine Kinder sind."
    Markus Klaer bringt noch ein anderes Argument für die Öffnung der Ehe in die Debatte. Er selber ist offiziell verpartnert und fühlt sich deshalb diskriminiert.
    Familienstand angeben wird zum Zwangsouting
    "Immer dann, wenn ich meinen Familienstand angeben darf, ich bin verpartnert, mache ich gleichzeitig ein Zwangsouting. Egal, ob ich einen Kreditvertrag mache, egal ob ich zu einer Sachbearbeiterin aufs Amt gehe, egal wo ich hingehe, ich werde automatisch als schwul wahrgenommen. Das hat manchmal Vorteile, dann wird vielleicht mit mir geflirtet, wenn's ein Mann ist, meistens interessiert's die Leute nicht, aber häufig krieg ich dann noch so ..."
    Markus Klaer ergreift die Lehnen seines Stuhls, rückt demonstrativ nach hinten, zieht ein angewidertes Gesicht. Lachen im Raum. Die Lichtenberger CDU diskutiert erstaunlich locker über ein Thema, das in manch christdemokratischem Kreisverband immer noch hinter vorgehaltener Hand behandelt werden dürfte. Er habe letztens mit Parteifreunden in Schleswig-Holstein geredet, meldet sich ein älterer Herr zu Wort.
    "Mit Leuten, für die wir hier in Berlin sowie alles Exoten und Chaoten sind und eine besondere Bevölkerungsgruppe darstellen."
    Und die hätten die Berliner Mitgliederbefragung zur "Ehe für alle" in Grund und Boden verdammt. Die Hauptstadt-CDU ist die einzige, die über die Homo-Ehe abstimmen lässt. Man fühlt sich als Avantgarde, hofft, dass sich andere Landesverbände dem Berliner Vorbild anschließen. CDU-Generalsekretär Kai Wegner über die Diskussion in den Landesvorständen:
    "Es gibt den einen oder anderen, der sagt: Seid Ihr verrückt, jetzt wollen das bestimmt meine Mitglieder auch. Und ich bin mir sicher, wenn das in Berlin Schule macht, werden andere Landesverbände gar nicht darum herumkommen, das auch zu tun. Und ich find's auch wichtig, gerade auch in Sachfragen die Mitglieder miteinzubeziehen."
    Hohe Beteiligung der Mitglieder
    Etwa ein Drittel der 12.500 Mitglieder hat sich beteiligt - angesichts von Poststreik und Sommerferien ein durchaus respektables Ergebnis. Über den morgigen Ausgang lässt sich nur spekulieren. Bekannt ist nur, dass 70 Prozent aller Berliner eine Öffnung der Ehe befürworten. Kai Wegner, Bundestagsabgeordneter und Metropolenbeauftragter der Union:
    "Wir hatten am Wochenende eine Klausurtagung, da sprechen mich Leute an, oh super, ich bin auch dafür, wo ich das nie erwartet hätte. Und dann gibt es Leute, die sind total liberal, die sagen Kai, wir machen eigentlich fast alles, aber jetzt ist Schluss."
    Möglicherweise fällt das Ergebnis nicht so eindeutig aus, wie es sich Ablehner und Befürworter wünschen. Haben die Befragten doch insgesamt sieben Antwortmöglichkeiten - das schafft breiten Raum für Interpretationen.