Merz spreche das an, was die Menschen auf der Straße bewege, sagte Weber im Deutschlandfunk. Es sei in der Tat die Frage, ob die Sozialstandards für abgelehnte Asylbewerber so hoch sein müssten wie in Deutschland. Die Anreize hierzulande ließen sich reduzieren, wie es auch Dänemark und Österreich machten, meinte der CSU-Politiker. Man brauche sich nicht zu wundern, wenn viele Menschen Deutschland als Ziel angäben, wenn die Standards so hoch seien.
CDU-Chef Merz hatte die Bundesregierung mit einem drastischen Vergleich zur Eindämmung der irregulären Migration aufgefordert. "Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen", sagte Merz dem Fernsehsender "Welt". "Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine." Die CDU verbreitet das entsprechende Interview mit Merz auf "X" ohne die umstrittene Passage.
Faeser (SPD): Merz' Aussage ist falsch und "erbärmlicher Populismus"
Bundesinnenminister Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen eineinhalb Wochen, widersprach umgehend. "Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD", schrieb Faeser auf der Plattform X, vormals Twitter. "Und es ist falsch: Denn Asylsuchende werden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt sind oder unter Schmerzen leiden." Die Grünen-Vorsitzende Lang erklärte, Merz spiele bewusst Gruppen gegeneinander aus und verbreite Falschinformationen.
Der Politologe Gero Neugebauer von der FU Berlin sagte im Deutschlandfunk, Merz bewege sich mit seinen Aussagen auf einer Linie mit der Propaganda der AfD. Merz mache denselben Fehler wie Söder 2018 in Bayern, nämlich Wortwahl und Zielrichtung von rechts zu übernehmen. Dann müsse man überlegen, ob er die CDU nicht als "nützlichen Idioten" der AfD installiere. Das erlaube zugleich der AfD, sich als normale Partei darzustellen. Merz habe mit seinen Parolen, die einer empirischen Überprüfung nicht standhielten, eine Grenze überschritten.
Die geltende Regelung sieht für Asylbewerber in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts nur eine Behandlung akuter Erkrankungen und bei Schmerzzuständen vor. Nach dieser Zeit werden Asylbewerber von den gesetzlichen Krankenkassen betreut und erhalten etwa dieselben Leistungen wie andere Versicherte. Von den erwähnten ausreisepflichtigen Asylbewerbern ist zudem nur ein Teil tatsächlich abschiebepflichtig. Bei etlichen liegen Hindernisse vor, die eine Abschiebung verhindern, etwa eine Krankheit oder militärische Konflikte im Herkunftsland.
Das komplette Interview mit Manfred Weber können Sie hier nachlesen.
Diese Nachricht wurde am 28.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.