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CDU-Europapolitiker bekräftigt Nein zu Eurobonds

Der Europaabgeordnete der CDU, Elmar Brok, ist gegen die Einführung von Eurobonds: Bei Staaten, die sich an diesen gemeinsamen Anleihen aller Eurostaaten bedienen würden, könnten die Bemühungen zu Reformen nachlassen.

Elmar Brok im Gespräch mit Martin Zagatta |
    Martin Zagatta: Nur drei Wochen nach dem letzten Krisengipfel breitet sich die Schuldenkrise in der Eurozone weiter aus, und auch die politischen Auseinandersetzungen werden schärfer. Nachdem sich jetzt auch noch Spanien mit einem Hilferuf an seine Partner gewandt hat, werden die Forderungen immer lauter, die Europäische Zentralbank solle als Retter fungieren mit noch weit größeren Aufkäufen von Staatsanleihen - ein Vorhaben, das Deutschland bisher strikt ablehnt. Aber wie lange noch? Das wollen wir jetzt den CDU-Europapolitiker Elmar Brok fragen. Guten Morgen, Herr Brok!

    Elmar Brok: Guten Morgen, Herr Zagatta!

    Zagatta: Herr Brok, wie sehr beunruhigt Sie das, dass jetzt auch ein Land wie Spanien derart nach Hilfe ruft?

    Brok: Wir müssen sehen, dass die Zinssätze weiter auseinandergehen und dass offensichtlich die bisherigen Bemühungen nicht die Glaubwürdigkeit an den Märkten erzeugt haben. Das bedeutet: bevor wir jetzt hier zur Europäischen Zentralbank kommen, dass natürlich sehr viel härter gearbeitet sein muss, dass die Glaubwürdigkeit entsteht dadurch, dass die Länder, die negativ betroffen sind, ihren eigenen Laden in Ordnung bringen. Und durch die neue Regierung in Italien mit den drastischen Maßnahmen, die dort eingreifen und die in hohem Maße glaubwürdig sind, entsteht hoffentlich in den nächsten Tagen und Wochen Ruhe.

    Zagatta: Aber das ist ja erst mal fehlgeschlagen, also selbst mit diesem neuen Sparkonzept sind auch die Zinsen für Italien wieder angestiegen. Kommt man da, wenn man kurzfristig handeln will und wahrscheinlich auch muss, an einem Eingreifen in irgendeiner Form - und sei es mit der EZB - gar nicht vorbei?

    Brok: Nun, die EZB hat ja einiges gemacht und macht einiges, und es ist wichtig, dass dieser europäische Fonds, der im Oktober beschlossen worden ist, ein höheres Maß an Handlungsfähigkeit gewinnt, dass man die genauen Bedingungen dafür festlegt, um auf diese Art und Weise von da auch Eingreifmöglichkeiten zu haben, um die Europäische Zentralbank entsprechend zu entlasten. Denn wir müssen ja sehen, dass bei einem unkonditionierten Eingreifen der Europäischen Zentralbank die Gefahr besteht, dass die Länder dann den Druck nicht mehr verspüren, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die zu Strukturveränderungen und zur Besserung der Lage in Zukunft notwendig sind.

    Zagatta: Das ist die Gefahr. Auf der anderen Seite sagen jetzt Länder wie Spanien - aus Frankreich ist das auch zu hören -, dass dieser Fonds, dass dieser erste Rettungsschirm gar nicht ausreichte, um ein Land wie Spanien, wenn das jetzt in derartige Bedrängnis kommt, vor der Pleite dann zu retten.

    Brok: Es geht ja nicht darum in erster Linie, dass diese Länder jetzt unter den Rettungsschirm kommen, sondern es geht darum, dass man Eingreifmöglichkeiten hat, dass dieser Fonds Banken absichern kann und sich auch am Anleihenmarkt bedienen kann, er kann am Sekundärmarkt Werte aufkaufen, und ich glaube, dass man dieses entsprechend erst in Gang setzen und nutzen muss, da es natürlich am besten ist, dass wir Möglichkeiten haben, dass dem Gegner von den Märkten nicht bewusst ist, in welchem Umfang die Europäische Union handlungsfähig ist, und dass es sich nicht lohnt, anzugreifen. Diese Ebene haben wir offensichtlich noch nicht erreicht.

    Zagatta: Ist denn jetzt der Punkt erreicht - so wird es zumindest aus einigen Ländern gefordert -, diese sogenannten Eurobonds einzuführen?

    Brok: Die Kommission wird ja in der kommenden Woche hier mit Vorschlägen kommen erst mal, in einem Grünbuch, die in keiner Weise irgendwelche Verbindlichkeiten haben. Und auch hier ist es wichtig ...

    Zagatta: Ist das ein erster Schritt?

    Brok: Ja, es ist ein Diskussionsmodell, das da kommen wird, und ich hoffe, dass die Vorschläge so sein werden, dass die deutschen Bedenken damit getroffen werden, nämlich dass hier die Durchgriffsmöglichkeit gewährleistet sein muss. Wenn man Eurobonds macht und die Länder sich daraus bedienen können, gesichert von den sogenannten Triple-A-Staaten, dann ist auch dadurch Gefahr da, dass die Bemühungen zur Reform nachlassen. Und wir werden sehen müssen, in welcher Weise die Kommission glaubwürdigerweise mit Vorschlägen kommt, dass die Möglichkeiten des Reformdrucks mit anderen Möglichkeiten verbunden werden und in welcher Weise dies beispielsweise auch Folgen für die Zinsen hat, für die Bundesrepublik Deutschland haben wird.

    Zagatta: Herr Brok, deuten Sie damit schon an, dass man die Bundeskanzlerin gar nicht so ernst nehmen muss? Weil die hat ja, Angela Merkel hat ja Eurobonds eine klare Absage erteilt.

    Brok: Ja, die Eurobonds unter den gegenwärtigen Gesichtspunkten sind auch abzulehnen, deswegen haben wir auf dem Bundesparteitag ja gesagt, dass gerade wegen mangelnder Durchgriffskräfte in bisher reformunwillige Länder die Eurobonds strikt abgelehnt werden müssen. Das halte ich auch für richtig.

    Zagatta: Aber wie glaubhaft ist denn die CDU noch? Sie haben ja in letzter Zeit einige Wenden hingelegt.

    Brok: Wir haben nicht sehr viele Wenden hingelegt. Ich meine, die Frage, die Sie nehmen müssen mit der nuclear energy ist eine besondere Situation nach Fukushima gewesen.

    Zagatta: Aber nach der Atomwende ...

    Brok: Man hat diskutiert, dass man Lohnuntergrenzen hat, die ja in vielen Bereichen eingeführt worden sind, und das ist keine Wende, sondern ein Suchen: Wie können Tarifpartner engagiert werden, dass in Bereichen, in denen keine Tarifverträge bestehen, Arbeitnehmer auch abgesichert werden können, auch Mittelstand abgesichert wird?

    Zagatta: Herr Brok, wenn man da weitersucht, kommt dann nach der Atomwende jetzt demnächst auch irgendwann die Eurowende?

    Brok: Nein. Die Bundesregierung hat sich immer dafür eingesetzt, dass der Euro erhalten bleibt, und wir müssen deutlich machen: Dies ist keine Krise des Euros, das ist eine Schuldenkrise von Staaten, die weltweit ist, und bei denen die Europäische Union im Gegensatz zum Yen- oder zum Dollarraum keine einheitlichen ausreichenden Abwehrmechanismen hat, nachdem die Regierung Schröder mit Chirac in dem letzten Jahrzehnt den Stabilitätspakt zerstört hatte. Und jetzt muss diese Glaubwürdigkeit eines solchen Schutzmechanismus wieder aufgebaut werden, und das offensichtlich mitten in einer Krise aufgrund von diesen völlig verunsicherten Märkten angesichts von Ratingagenturen, die ja hier Casino spielen und nicht wirkliche Frühwarnsysteme sind - offensichtlich eine schwierige Situation, schwieriger, als man gedacht hat.

    Zagatta: Kann denn Deutschland da in der EU ein Vorbild für andere sein, so wie Volker Kauder, der Vorsitzende der Unionsfraktion, das jetzt angedeutet hat? Der hat ja da diesen umstrittenen Satz gesagt, jetzt auf einmal wird in Europa deutsch gesprochen, und damit gemeint, dass Merkels Plan zur Eurorettung sich durchgesetzt hat. Wie ist das in Brüssel bei Ihnen oder bei Ihren Kollegen angekommen?

    Brok: Es ist gut, dass David Cameron noch englisch sprechen konnte gestern in Berlin.

    Zagatta: Aber den Satz fand er überhaupt nicht gut.

    Brok: Nein, aber wir müssen sehen, dass Deutschlands Einfluss jetzt natürlich erheblich gestiegen ist, aber wir müssen auch darauf achten, dass dies im Verbund mit anderen ist, dass der Starke stark ist, wissen alle, der muss es nicht jeden Tag sagen. Und ich glaube, es ist wichtig: Wir müssen andere Länder mitnehmen. Helmut Kohl hat früher mal gesagt: Wenn du die Tricolore [Anmerkung der Redaktion: Name der französischen Nationalflagge] siehst, grüße sie drei Mal, es kostet nichts und man weiß, wofür es gut ist.

    Zagatta: Also man muss dann so einen Satz nicht so wichtig nehmen, kann das als Bierzeltparole abtun?

    Brok: Na ja, das ist eine Parole, die zündend auf einem Parteitag wirkt, aber ich kenne Volker Kauder gut, der genau weiß, dass Deutschland innerhalb der Europäischen Union mit Partnern eingebunden ist und nicht hier Vormacht haben darf. Otto Bismarck hat mal gesagt, Deutschland ist zu klein für die Vorherrschaft und zu groß für die Balance. Wenn wir diesen Grundsatz vergessen, kommen wir in Schwierigkeiten. Nein, wir müssen mit den kleinen Ländern arbeiten, wir müssen mit den schwachen Ländern arbeiten, weil das uns insgesamt hilft. Und ich glaube auch, dass Volker Kauder nur sagen will, dass vieles, was wir an Stabilitätspolitik machen, die Frage der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und vieles mehr, offensichtlich sich als richtig erweist, und dass wir sehen müssen, dass entsprechend das europäische Regelwerk durchgesetzt wird und möglicherweise auch noch verbessert wird.

    Zagatta: Aber wird das mit solchen Worten, wenn man sie gebraucht und ein entsprechendes Echo erzielt, jetzt nicht noch schwieriger, so etwas durchzusetzen, die kleineren Staaten oder Staaten, auf die man da angewiesen ist, mit einzubinden in solche neuen Regelungen?

    Brok: Ich sage ja, wir sollten deutlich machen, dass wir Teil eines Ganzen sind und nicht die Führer eines Ganzen sind, und in dem Sinne ist dieser Satz ja fast ausschließlich in britischen Medien in bekannter Weise von der Murdoch-Presse, die ja anti-europäisch ist, so hochgezogen worden, um dies als Instrument gegen Europa zu benutzen. Diejenigen, die Volker Kauder kennen, wissen, dass das nicht so gemeint ist, und viele andere wissen auch einzuordnen, dass die Bundesrepublik Deutschland in den letzten 60 Jahren und gerade jetzt durch Angela Merkel eine außerordentlich einvernehmliche Politik versucht zu erreichen.

    Zagatta: Glauben Sie denn, wenn man jetzt Großbritannien außen vor lässt und auf die Eurozone schaut, dass das durchsetzbar ist noch, was die Bundesregierung vorhat, da die europäischen Verträge auch so zu ändern, dass Sanktionen gegen Defizitsünder, gegen Schuldenstaaten möglich werden?

    Brok: Sie sind ja möglich durch die Neufassung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, die im September neu gefasst worden sind, es ist ein Quasi-Automatismus: Es ist weniger leicht, es zu brechen, aber man könnte sich manches mehr vorstellen. Man könnte dies stärker schärfen, man müsste beispielsweise auch bei Verletzungen den Europäischen Gerichtshof einschalten, der bisher ausdrücklich aus den Verträgen ausgenommen ist, übrigens durch den Einsatz der Regierung Schröder und Chirac damals wiederum, als wir von der EVP im Verfassungskonvent versuchten, das durchzusetzen. Das heißt, es gibt einige Dinge, gerade zur Schärfung der der Wirtschafts- und Währungsunion, die das, was man ja jetzt auch macht in Griechenland und anderen Ländern, dass dieses in Verträgen verbindlich festgeschrieben wird und nicht jedes Mal durch Druck ausgehandelt werden muss.

    Zagatta: Glauben Sie, dass der Vertrag von Lissabon - um den geht es ja, der soll ja möglicherweise geändert werden -, dass das überhaupt noch möglich ist in absehbarer Zeit?

    Brok: Also wenn, dann ist es nur möglich mit einem klar begrenzten Mandat, das sich mit bestimmten Handlungsmechanismen der Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigen, nicht eine breitere Form, und dieses nur für das Europa der 17 da ist. Und hier gibt es hoffentlich auch britische Bereitschaft, hier mitzumachen, weil Britannien ja als Mitglied der Eurozone selbst davon nichts durch Kompetenzwandel gebunden ist und betroffen ist. Ich meine, dass wir hier Überzeugungsarbeiten leisten müssen, denn es muss klar sein, dass die Regeln, die man sich aufstellt, auch durchgesetzt werden. Wenn Regeln und Gesetze ihre Glaubwürdigkeit verlieren, ihre Autorität verlieren, dann sind wir in großen Schwierigkeiten - das gilt für nationale Politik wie europäische Politik.

    Zagatta: Der CDU-Politiker, Europapolitiker Elmar Brok heute Morgen im Deutschlandfunk, Herr Brok, ich bedanke mich für das Gespräch!

    Brok: Ich danke auch!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.