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CDU-Generalsekretär zu Sondierungs-Abbruch
"Es gab keinen Grund, den Raum zu verlassen"

Nach Ansicht von CDU-Generalsekretär Peter Tauber waren die anderen Parteien der FDP in den Sondierungsgesprächen weit entgegengekommen, etwa bei der Vorratsdatenspeicherung oder beim Abschmelzen des Solis. "Das hat offensichtlich nicht gereicht, damit die FDP sich traut und Verantwortung übernimmt", sagte Tauber im Dlf.

Peter Tauber im Gespräch mit Christine Heuer |
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber (picture alliance/ dpa/ Kay Nietfeld)
    Die FDP hat die Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika-Koalition abgebrochen. In den bisherigen Ergebnissen seien aber viele Dinge enthalten gewesen, die der FDP eine gute Basis für weitere Gespräche gegeben hätten, sagte Tauber. Großer Streitpunkt sei noch das Thema Familiennachzug von Flüchtlingen gewesen, und auch da hätten die Grünen sich schon bewegt. "Aus meiner Sicht gab es zu dem Zeitpunkt keinen Grund, den Raum zu verlassen", so Tauber.
    Jetzt gehe es um die Frage, wer seiner Verantwortung gerecht werde. Die SPD drücke sich davor, meinte Tauber. Von Neuwahlen halte er jedoch nichts: "Ich bin der Überzeugung, die Menschen erwarten von Politikern, dass sie die Probleme lösen und nicht den Bürgern die Brocken vor die Füße werfen und sagen, jetzt wählen wir nochmal neu."

    Das Interview im Wortlaut
    Christine Heuer: Während Sie gerade Musik gehört haben, da haben wir Kontakt aufgenommen zu Peter Tauber, dem CDU-Generalsekretär, den ich jetzt in Berlin begrüße. Guten Morgen!
    Peter Tauber: Einen schönen guten Morgen.
    Heuer: Herr Tauber, klingt der Schock bei der CDU allmählich ab nach ein paar Stunden?
    Tauber: Na ja. Wir sind in der Tat – ich weiß gar nicht, welches Wort ich dafür wählen soll, ob traurig oder enttäuscht. Denn wenn man die Ergebnisse, die wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt an dem Abend, anschaut, dann kann ich nicht nur aus CDU-Sicht sagen, da hat sich viel aus unserem Regierungsprogramm wiedergefunden, beim Thema Familie entlasten, beim Thema innere Sicherheit, auch beim Thema Wirtschaft und Digitales, sondern da waren ganz viele Dinge drin, die eigentlich der FDP eine gute Basis gegeben hätten, um weiter im Gespräch zu bleiben. Und der letzte Punkt, der wirklich noch streitig war, das war der Familiennachzug. Da haben die Grünen sich schon bewegt. Es gab zu dem Zeitpunkt aus meiner Sicht keinen Grund, den Raum zu verlassen.
    Heuer: Dann müssten Sie eigentlich stinkesauer sein auf die FDP.
    Tauber: Auch das ist in der Politik vielleicht nicht immer die hilfreichste Kategorie, nach einer Nacht Schlafen sowieso nicht. Aber man muss feststellen, es geht jetzt auch um die Frage, wer wird da seiner Verantwortung gerecht. Wir haben natürlich auch Kompromisse gemacht, weil wir wussten, es ist sowohl mit der FDP als auch mit den Grünen inhaltlich schwierig. Wir sind zum Beispiel der FDP beim Thema Vorratsdatenspeicherung sehr weit entgegengekommen. Wir sind der FDP beim Thema Soli sehr weit entgegengekommen, weil die sehr viel schneller den Soli abbauen wollten, als wir das für vertretbar gehalten haben. Aber offensichtlich hat das nicht gereicht, damit die FDP sich traut und springt und Verantwortung übernimmt.
    Steinmeier spricht mit Merkel, Parteivorstand konferiert
    Heuer: Wie geht es denn jetzt weiter, Herr Tauber? Gehen Sie jetzt in eine Minderheitsregierung mit den Grünen?
    Tauber: Die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel wird heute mit dem Bundespräsidenten sprechen über die Situation. Es ist ja im Grundgesetz klar geregelt, was dann zu geschehen hat in einem solchen Fall. Wir werden um elf Uhr mit dem Bundesvorstand in einer Telefonkonferenz beraten und heute Abend um 18 Uhr trifft sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dann werden wir als Union gemeinsam darüber sprechen, was wir jetzt tun können.
    Heuer: Okay, das ist Zukunftsmusik. Hat denn schon jemand aus der CDU bei der SPD angerufen seit gestern Abend?
    Tauber: Ich weiß nicht, wie wach die Sozialdemokraten waren.
    Heuer: Ziemlich wach!
    Tauber: Ja, aber das ist natürlich interessant, weil in den letzten Wochen Sozialdemokraten, zumindest der Parteivorsitzende der SPD nichts ausgelassen hat, um deutlich zu machen, eigentlich hat die SPD keine Lust, sich ihrer staatspolitischen Verantwortung zu stellen. Das war ja am Wahlabend schon deutlich. Und wenn sich da was geändert hat, müssten sich andere in der SPD mal zu Wort melden. Jetzt ist erst mal der Bundespräsident am Zug.
    Heuer: Aber Sie erwarten jetzt nicht, dass Sigmar Gabriel Angela Merkel anruft?
    Tauber: Ich weiß nicht, ob er das nicht vielleicht schon getan hat. Aber da ich nicht den Telefondienst am Handy der Kanzlerin mache, kann ich die Frage nicht beantworten.
    Union stehe geschlossen hinter Merkel
    Heuer: Erinnern Sie sich, Herr Tauber, dass kurz nach der Bundestagswahl Thomas Oppermann von der SPD, damals ja noch Fraktionschef, einen ganz interessanten Auftritt im ZDF hatte. Da hat er gesagt: Wenn die CDU nach einem möglichen Scheitern von Jamaika – das haben wir jetzt –, wenn die CDU dann mit neuem Personal antritt, nicht mehr mit Angela Merkel, dann hätten wir eine völlig andere Situation. Da lugte so ein bisschen Gesprächsbereitschaft hervor, aber nur ohne Angela Merkel. Ist das eine Option, die Sie bedenken?
    Tauber: Wenn Sie gestern Abend erlebt hätten – und darüber ist, glaube ich, auch schon berichtet worden und es war zu hören –, wie sehr die Union geschlossen, CDU und CSU Angela Merkel für ihre kluge und besonnene Verhandlungsführung gedankt haben, auch die Grünen haben ja am Ende noch mal deutlich gemacht, dass sie hohen Respekt vor der Art und Weise haben, wie Angela Merkel versucht hat, da auch Brücken zu bauen und Unterschiedliches zusammenzubringen, dann ist das für die Union kein Thema. Es ist ja nun mal doch leider die SPD, die sich da in Person des Vorsitzenden bis jetzt vor jeder Verantwortung drückt.
    Heuer: Wenn es Neuwahlen geben sollte, Herr Tauber, wann wären die voraussichtlich? Was glauben Sie?
    Tauber: Auch da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner, weil ich das nicht entscheide. Ich persönlich habe nach wie vor die Überzeugung, die Menschen haben gewählt und die erwarten von Politikern, die den ganzen Tag nichts anderes tun sollen, als sich um die Probleme des Landes zu kümmern, dass sie die Probleme lösen, und nicht, dass sie den Bürgern quasi die Brocken vor die Füße werfen und sagen, jetzt wählen wir halt noch mal neu, wir haben uns nicht geeinigt. Ich finde, das ist keine Haltung und das ist auch nicht konservativ, und deswegen rede ich nicht über Neuwahlen.
    Kompromissfähigkeit sei Stärke der deutschen Demokratie
    Heuer: Aber es kommen Ihnen ja immer mehr Koalitionspartner abhanden, jedenfalls für eine stabile Regierung. Aber in der Tat: Sie haben Gemeinsamkeiten mit der FDP, Sie haben sich den Grünen angenähert und Sie haben ja auch lange mit der SPD regiert. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie sich als Minderheitsregierung allein oder mit den Grünen vielleicht auch dulden lassen?
    Tauber: Ich glaube, ehrlich gesagt, dass das am Tag danach zu früh ist, sich da auf ein Modell oder eine Variante festzulegen. Wir haben ja gerade eigentlich gelernt, dass das jetzt ja auch in die Situation geführt hat, weil manche sich einfach festlegen. Ich will noch mal sagen, weil darüber ja auch viel gestritten wurde in den letzten Monaten, auch im Wahlkampf, dass ich es als eine absolute Stärke unserer Demokratie und unserer Gesellschaft empfinde, dass wir kompromissfähig sind. Nur deswegen sind wir ein so stabiles und starkes Land in der Vergangenheit gewesen bis heute. Und wir sollten uns gut überlegen, ob wir dieses Prinzip preisgeben. Wenn das Prinzip weiter gelten soll, dass demokratische Parteien miteinander reden und miteinander arbeiten, dann wird sich eine Lösung finden, und ich vertraue auch ein bisschen auf den Bundespräsidenten.
    Heuer: Peter Tauber, der CDU-Generalsekretär war das im Interview mit dem Deutschlandfunk. Herr Tauber, vielen Dank dafür.
    Tauber: Sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.