Machtkampf, Lagerbildungen, Unruhe und tiefe Sorge um die Zukunft der gesamten Partei prägen am Ende dieser turbulenten Woche das Stimmungsbild in der CDU. Am Anfang stand die Rückzugsankündigung der Bundesvorsitzenden in Berlin. Heute eine weitere Konsequenz des Bebens in Thüringen: Mike Mohring, Vorsitzender der Landes-CDU, kündigt den Rücktritt und einen vorgezogenen Landesparteitag an.
"Ich glaube, wir tun gut daran, dass wir unsere Partei befrieden, dass die persönlichen Interessen zurückgestellt werden und dass wir zum gemeinsamen Weg für die Zukunft finden. Ich möchte diesem Weg nicht im Wege stehen und deswegen nicht erneut für den Landesvorsitz kandidieren."
Schäuble verteidigt Merkel
Mohring wurde in der Führung der Bundes-CDU vorgeworfen, nach der Landtagswahl im letzten Herbst vorwiegend mit Blick auf mögliche Regierungsämter zunächst mit der Linkspartei geflirtet und ebenfalls aus eigennützigen Motiven die Wahl des FDP-Kandidaten Kemmerich mit Stimmen von CDU und AfD zugelassen zu haben. Die scharfe Reaktion aus Berlin wurde in Thüringen als übergriffige Intervention aus Berlin kritisiert. Verteidigt wird die Bundeskanzlerin heute im DLF von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der sich lange nicht mehr so dezidiert hinter Angela Merkel gestellt hat.
"Dass die Bundeskanzlerin als Bundeskanzlerin eine Verantwortung für die Demokratie und für den freiheitlichen Rechtsstaat hat und dass das klare "nie wieder" eine Voraussetzung unserer freiheitlichen Demokratie in Deutschland ist, das haben wir nun oft genug gesagt. Deswegen kann man doch dafür die Bundeskanzlerin nicht kritisieren. Das war doch ihre Verpflichtung als Bundeskanzlerin."
Zurückhaltend reagiert Schäuble dagegen auf konkrete Fragen zum Machtkampf um den CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur der Union. Ja, sagt er, 2018 habe er sich für Friedrich Merz als Vorsitzenden stark gemacht. Jetzt aber wolle er sich nicht zur offenen Personalfrage äußern.
Friedrich Merz erhöht derweil weiter den Druck über seine Anhänger an der Parteibasis. Bei einem Auftritt bei einem Wirtschaftsforum wurde Merz gestern von seinen Fans mit Jubel und Plakaten gefeiert.
"Ich will dazu einen Beitrag leisten. Ich sehe natürlich auch die Umfragen."
Merz nutzt seine Popularität, die ihm gestern auch eine ARD-Umfrage wieder bescheinigte, als Hebel, um sich an Gremien und Machteliten der CDU vorbei als Hoffnungsträger in Szene zu setzen.
"Ich bin dazu bereit, dass zu tun. Aber die Entscheidung darüber trifft am Ende des Tages der Bundesparteitag. Die Entscheidung über das Amt des Bundeskanzlers treffen die Wählerinnen und Wähler in Deutschland. Und dann müssen wir uns auf diesen Weg gemeinsam begeben und wenn ich dazu helfen kann, dann tue ich das."
Spahn weniger offensiv als Merz
Dass Merz seine Kandidatur am Mittwoch über Medien lancierte und auf offener Bühne keinen Hehl aus seiner Ambition macht, wird ihm an der CDU-Spitze zugleich heftig verübelt. Dass es eine einvernehmliche Einigung unter den drei Kandidaten – Merz, Jens Spahn und Armin Laschet - geben könnte, scheint unter diesen Umständen ausgeschlossen. Laschet, der sich als einziger bisher vollkommen bedeckt hält, wird angeblich bedrängt, seinen Hut als Integrationsfigur der Mitte in den Ring zu werfen.
Jens Spahn hatte – weniger offensiv als Merz - ebenfalls am Mittwoch seine Bereitschaft erklärt, "Verantwortung zu übernehmen". In einem "Spiegel"-Interview präsentiert er sich heute erneut als künftige Führungsfigur. Er habe großen Respekt und Dankbarkeit für die Leistungen Angela Merkels, erklärt er und fügt dann das Aber hinzu: Es gehe darum, den Blick nach vorne zu richte, die CDU müsse nach so vielen Jahren, die von Merkel geprägt worden seien, wieder laufen lernen. Mit ganz ähnlichen Worten hatte Angela Merkel 1999 als Generalsekretärin das Ende der Ära Kohl in der CDU besiegelt und sich den Weg an die Parteispitze gebahnt. Immer wieder wird die jetzige Führungskrise in der Partei als ähnlich existentiell für die CDU beschrieben wie die damalige Parteispendenaffäre.