Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer verzichtet auf die Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl. Das gab die 57-Jährige nach Angaben eines Parteisprechers am Montag (10.02.20) in der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin bekannt. Da sie davon überzeigt sei, dass Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz in eine Hand gehörten, werde sie zudem auch ihren Parteivorsitz abgeben. Im Sommer wolle sie einen Prozess einleiten, in dem die CDU über ihre Nachfolge und damit auch über die Kanzlerkanditatur entscheiden solle. Regulär findet der nächste Parteitag im Dezember diesen Jahres statt.
Als Gründe für ihren Rücktritt soll Kramp-Karrenbauer auf die unterschiedlichen Vorstellungen innerhalb der CDU zu dem Umgang mit Linkspartei und AfD verwiesen haben. Tatsächlich sind die Christdemokraten in der Frage der Positionierung gegenüber diesen beiden Parteien tief gespalten, insbesondere innerhalb der östlichen Landesverbände. Dies ist in den Tagen nach der umstrittenen Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten von Thüringen mit Stimmen der CDU und der AfD am 5. Februar 2020 deutlich geworden.
Kramp-Karrenbauer verliert Machtprobe
Zudem scheint Kramp-Karrenbauer erkannt zu haben, dass sie in der CDU-Führung nicht mehr genügend Rückhalt hat. Ihre Fehler, vor allem in ihrem ersten Jahr als Parteivorsitzende, aber auch das schwache Krisenmanagement nach dem Wahl-Eklat von Thüringen, hätten ihre Autorität und ihren Führungsanspruch untergraben,
so die Einschätzung des Dlf-Hauptstadtkorrespondenten Stephan Detjen (Link zum Audio)
. Ein entscheidender Fehler von Kramp-Karrenbauer im Zusammenhang mit den Ereignisse von Erfurt sei gewesen, dass sie sich auf Neuwahlen in Thüringen festgelegt habe und damit auf eine Machtprobe, die sie nicht hätte gewinnen können.
Reaktionen aus der CDU
Nach dem angekündigten Rücktritt Kramp-Karrenbauers steht die CDU vor einer Situation, in der das Ende völlig offen ist. Schon jetzt ist abzusehen, dass es zu einem Richtungsstreit innerhalb der Partei kommen wird. Der Streit entzündet sich inbesondere an der Frage der Zusammenarbeit mit der AfD, aber auch mit der Linkspartei.
Um die Nachfolge an der Parteispitze könnten sich neben Friedrich Merz und Jens Spahn, die bereits 2018 Ambitionen hatten, auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet bewerben. Auf die Kanzlerkandidatur dürfte zudem der CSU-Vorsitzende Markus Söder schielen. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach warnte im Deutschlandfunk allerdings davor, die Frage der Kanzlekandidatur zu früh zu thematisieren.
Reaktionen aus der SPD
Der SPD-Ko-Vorsitzende Walter-Borjans meinte zur Frage der Distanzierung von Der Linken und der AfD, man müsse Die Linke nicht mögen. Aber sie bekenne sich zur Demokratie. Die AfD wolle hingegen demokratische Wahlen nur nutzen, um die Demokratie zu untergraben.
Für den SPD-Politiker Rudolf Dreßler lässt sich nach dem angekündigten Rückzug von CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer die Große Koalition nicht mehr halten.
Einschätzugen von Experten
Die gleiche politische Distanz den Linken und zur AfD seien auf dem Blatt Papier zwar schöne Grundsätze, aber man könne damit zumindest unter ostdeutschen Landesparlamentsbedingungen keine Mehrheiten mehr bilden, sagte die Politologin Ursula Münch.
Der ehemalige Leiter des Hauptstadtbüros der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Günter Bannas, analysierte im Dlf den Rückzug Kramp-Karrenbauers aus Mediensicht.