Der neue starke Mann zeigt Feingefühl. Bernd Althusmann: "Ich weiß nicht, ob Sie das auch spüren, was ich spüre? Es ist zu hundert Prozent wieder da, dieses Kribbeln im Bauch!"
Hameln, die Rattenfänger-Halle am Samstag: Die Delegierten des drittgrößten CDU-Verbands nach Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sitzen dicht gedrängt. Bernd Althusmann forscht noch eine Weile in den vielen unbekannten Gesichtern – doch sein Riecher ist richtig. 98,5 Prozent: die Abstimmung gerät zum ultimativen Vertrauensbeweis für den 49-jährigen Heimkehrer Althusmann.
Von der Bundeswehr in die Politik
Als Signal der Geschlossenheit empfindet David McAllister das Votum für seinen Wunsch-Nachfolger im Parteivorsitz und als Spitzenkandidat. Nach 8 Jahren geht der alte Landesvorsitzende und Wahlverlierer von 2013. In einer dramatischen Nacht hatte die schwarz-gelbe Koalition damals ihre Mehrheit verloren – eine Niederlage, die McAllister auch in seiner Abschiedsrede noch bewegt:
"Ich danke all denjenigen, die seit der letzten Landtagswahl den Oppositionsauftrag ohne Wenn und Aber angenommen haben und sich nicht in kleinlichem Geplänkel oder sinnlosen Machtkämpfen verloren haben!"
Lange Zeit hatte die Partei fest mit McAllister gerechnet, der seit 2014 im Europa-Parlament sitzt und in der Europapolitik auch seine Zukunft sieht.
Althusmann, der Neue, wirkt kühler, bissiger. 1994 zieht der junge Hauptmann der Reserve in den Landtag ein, der Pastorensohn aus Oldenburg hatte sich zunächst für eine Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr entschieden. Dem Drill bei den Streitkräften folgen Studien der Pädagogik und Betriebswirtschaft. 2010 beruft ihn der damalige Ministerpräsident Christian Wulff zum Kultusminister – Althusmann behält das heikle Amt als McAllister noch im selben Jahr die Nachfolge von Wulff antritt. Mit der verlorenen Landtagswahl 2013 büßt auch er Amt und Mandat ein – und beschließt mit der Familie nach Namibia zu gehen, wo er das Büro der parteinahen Konrad-Adenauer-Stiftung leitet.
Fürsprecherin Angela Merkel
"Er hat sich 'ne kleine Pause gegönnt nach der Landtagswahl und hat in die weite Welt hineingeschnuppert." Die Jahre der Abstinenz – für Angela Merkel sind sie kein Manko.
"Lassen Sie uns gemeinsam die Dinge stürmen, die zu stürmen sind!" Ermuntert die Bundeskanzlerin, die als prominenter Gast auf dem Parteitag spricht – und Merkel scheint dabei eher den früheren Offizier der Panzertruppe anzusprechen als den Pastorensohn.
Althusmann arbeitet derzeit als Personalberater. Erst vor ein paar Monaten war er aus Namibia nach Hause zurückgekehrt. Er sagt, die Auslandserfahrung habe seinen Blick geweitet. Seine Themen: weniger Bürokratie, dafür mehr innere Sicherheit und mehr Verlässlichkeit beim Schulunterricht. Sachlich und gelassen im Tonfall will Althusmann nun gegen den SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) antreten, der seit 2013 mit nur einem Sitz Mehrheit regiert. Pragmatisch und bodenständig gibt sich auch der Amtsinhaber, doch Althumsann wirft Weil vor, das einflussreiche Flächenland unter Wert zu regieren. Im Umgang mit dem VW-Skandal wirke Weil immerzu wie ein Getriebener, wettert Althusmann. Die rot-grüne Landesregierung verschlafe zudem wichtige Zukunftsthemen wie die Digitalisierung der Bildung:
"Inhalt und Verpackung haben gestimmt"
"Wenn man sich jetzt überlegt, eine Digitalisierungsstrategie auf den Weg zu bringen, die andere Länder längst haben, auch um uns herum die europäischen Länder sind in Sachen Digitalisierung – Telemedizin als Stichwort – Beispiel Österreich, viel weiter als Deutschland. Da müssen wir mal ein bisschen Gas gegeben – und nicht immer in irgendwelchen Planungs- und Diskussionsrunden nur das Problem beschreiben!"
Ein stattliches Mannsbild, weit gereist und mit dem Blick für das große Ganze: In Hameln kommt der Heimkehrer als Herausforderer gut an:
"Bei mir hat Inhalt und Verpackung heute gestimmt - und ich bin optimistisch, dass der Schritt nur vorangehen kann!"
Seine Partei weiß er hinter sich. Etwas mehr als ein Jahr bleibt Althusmann nun, um sich in seine Rolle zu finden.