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CDU-Politiker Kampeter: Das ist ein solider Haushaltsentwurf

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Steffen Kampeter, hat sich zuversichtlich geäußert, was die Haushaltskonsolidierung betrifft. Der Etat beruhe auf einer realistischen Einschätzung des Wirtschaftswachstums, sagte der CDU-Politiker. Es könne gelingen, in den nächsten vier Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Moderation: Jochen Fischer | 02.07.2008
    Jochen Fischer: 288,4 Milliarden Euro, so viel will die Bundesregierung im kommenden Haushaltsjahr 2009 ausgeben. Das sind 5,2 Milliarden Euro mehr als für das laufende Jahr. Um diese Summe zu erreichen, muss der Finanzminister Steinbrück 10,5 Milliarden frische Schulden machen. Gleichzeitig spricht er von der schwarzen Null, also dem Haushalt ohne neue Schulden im Jahr 2011. Das dauert viel zu lange, sagen die einen; die anderen wenden dagegen Risiken ein. Die Große Koalition feiert den Etat als große Tat. Das Kuriose an der Haushaltslage ist dabei: es werden im Jahr 2009 rund zehn Milliarden mehr eingenommen als erwartet, also ungefähr so viel wie neue Schulden aufgenommen werden. Am Telefon bin ich nun mit Steffen Kampeter verbunden. Er ist der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Guten Morgen.

    Steffen Kampeter: Guten Morgen Herr Fischer aus Berlin.

    Fischer: Herr Kampeter, Sie haben gesagt und ich darf Sie jetzt kurz zitieren, "Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD hat einen guten Job gemacht." Der Etat sei die Blaupause für künftige Steuersenkungen. Sie überschlagen sich ja geradezu mit Lob für Steinbrück. Wie ernst meinen Sie das denn?

    Kampeter: Ich meine das schon ziemlich ernst, denn ich bin ja auch geprägt von den Erfahrungen der letzten rot-grünen Regierung und die hat im Jahre 2005 31,2 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen und wir wollen in den nächsten vier Jahren, wenn die Planungen eintreffen, weniger als die Hälfte ausgeben als Rot-Grün in einem Jahr. Das finde ich, wenn man das direkt mal nebeneinander legt, ja schon eine erstaunliche Entwicklung. Im Jahre 2005 haben wir über den Staatsbankrott geredet, als die SPD damals auch den Finanzminister stellte, und im Jahre 2008 streiten wir uns darüber, ob wir im nächsten oder im übernächsten Jahr die Null-Schulden-Regel einführen. Das ist doch ein völliger Wechsel des Konsolidierungsklimas und das finde ich einigermaßen erstaunlich, dass die SPD auch bereit war, diesen langen Weg in einer unionsgeführten Bundesregierung zu gehen.

    Fischer: Andere halten ja den Etat-Entwurf für halbherzig, für zu optimistisch gar, was die Risiken betrifft. Bleiben wir doch mal bei den Risiken. Was ist denn eigentlich, wenn die Konjunktur einbricht, sich nicht so weiterentwickelt wie bisher?

    Kampeter: Jeder Plan geht von Voraussetzungen aus, die er selbst nicht in der Lage ist zu garantieren. Richtig ist: Wenn wir morgen eine Weltwirtschaftskrise haben oder eine galoppierende Inflation oder gar beides, dann wird auch dieser Haushaltsplan sich nicht einhalten lassen, im Übrigen der aller industriellen Volkswirtschaften. Deswegen ist es natürlich eine etwas naive Vorstellung, dass man sozusagen gleichsam für den Fall einer Katastrophe hier noch milliardenschwere Vorsorge trifft. Das würde ja bedeuten, dass wir beispielsweise Verkehrsinfrastruktur-Investitionen nicht machen, respektive dass wir bestimmte Leistungen für Familien aus Vorsorgegründen unterlassen. Das halte ich für politisch wenig überzeugend, aber richtig ist: Kein Haushalt, der in diesem Jahr von irgendeinem Land verabschiedet wird, ist auch nicht vor der Katastrophe sicher. Ich glaube aber er ist auf realistische Annahmen aufgebaut. Wir liegen in den Wachstumsprognosen nicht an der optimistischen, sondern eher an der unteren Kannte - allerdings auch nicht an der pessimistischen. Deswegen glaube ich ist das ein solider Haushaltsentwurf.

    Fischer: Könnte man den Risiken nicht dadurch begegnen, dass man jetzt schon bei sehr guten Steuereinnahmen zum schnelleren Ausgleich kommt?

    Kampeter: Ich glaube das ist ja auch in der Debatte deutlich geworden, dass wir uns da wo wir können auch zurücknehmen müssen als Staat. Wir haben jetzt eine der niedrigsten Staats- und Steuerquoten auch im internationalen Vergleich. Wir liegen unter dem EU-Durchschnitt. Das zeigt ja, dass die öffentliche Wahrnehmung der Belastung etwas anders ist als die Zahlen, aber trotzdem will ich das Problem damit nicht wegwischen. Deswegen ist diese solide Haushaltsführung ja auch ein Bestandteil, dass wir im nächsten Jahr für die Familien mit Kindern etwas machen können, und die Arbeitsmarktlage, die ja ebenfalls erfreulich ist, wird uns eine Beitragssenkung beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 3,3 auf 3,0 Prozent und damit im Übrigen mehr als die Halbierung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages seit Beginn der Legislatur ermöglichen. Ob noch mehr drin ist, das werden wir nach der Steuerschätzung im November wissen. Ich habe oft genug gesagt, da bin ich etwas skeptisch. Lieber eine Versprechung, die man einhält und darüber hinausgeht, als eine nicht eingehaltene Versprechung. Unsere Finanzpolitik lebt auch davon, dass sie mehr einhält als sie bis dato versprochen hat, und das soll auch so bleiben.

    Fischer: Ist das jetzt eine neue Definition von Sparen, sozusagen weniger Schulden machen, aber bei steigenden Ausgaben?

    Kampeter: Nein. Das ist keine neue Definition von Sparen, sondern wir haben nie gesagt, dass wir die Konsolidierung absolut setzen, sondern wir wollen investieren, reformieren und sanieren. Eine Gesellschaft wie die Gesellschaft der Bundesrepublik, die von Ludwig Erhard, Alfred Müller-Armack und Wilhelm Röpke als soziale Marktwirtschaft konstituiert worden ist, die muss auch sich um die soziale Symmetrie in unserem Land kümmern. Die muss sich auch um Infrastrukturleistungen und innere und äußere Sicherheit kümmern. Deswegen war es nie in der Geschichte der Bundesrepublik so, dass der Finanzminister mit der Peitsche alle anderen Politikbereiche nach unten gehalten hat, und das ist auch unter der Führung von Angela Merkel richtig so. Wir sind eine soziale Volkspartei. Wir sind für Marktwirtschaft und Wettbewerb. Und all die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen auch der Union finden sich in diesem Bundesetat wieder.

    Fischer: Herr Kampeter, Frage an den Haushaltsexperten. Ist nicht der stärkste Feind der Konsolidierung in Wahrheit der Wahlkampf?

    Kampeter: Oh ja, da haben Sie Recht. Deswegen habe ich mich auch hinreißen lassen, Peer Steinbrück so zu loben. Dies ist kein Wahlkampf-Etat, sondern dies ist ein Konsolidierungs-Etat. Wir setzen natürlich Schwerpunkte.

    Fischer: Das sieht die CSU aber anders. Die möchte ja ein bisschen mehr rausholen.

    Kampeter: Die Opposition muss uns treiben. Das ist die Aufgabe der Opposition.

    Fischer: Ich sprach gerade von der CSU.

    Kampeter: Ach die CSU?

    Fischer: Ja, mit ihrer Pendlerpauschale.

    Kampeter: Da habe ich glaube ich deutlich gemacht: Was geht, machen wir. Ich kann nur davor warnen, im vorauseilenden Gehorsam vorm Bundesverfassungsgericht schon ein Gesetz zu ändern. Das haben wir beispielsweise bei der Erbschaftssteuer versucht. Da haben wir auch im Vorgriff auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Erbschaftssteuerentwurf gemacht. Dann kam das Urteil und wir mussten den Entwurf umschreiben. Deswegen halte ich, der sich genauso wie Sie und viele andere Hörerinnen und Hörer über die hohen Benzinpreise ärgert, das jetzt erst mal für eine richtige Reihenfolge, auf das Bundesverfassungsgericht zu schauen. Im Übrigen: Ich kann nur alle natürlich davor warnen, Steuersenkungen zur Energiepreisbekämpfung als Instrument zu sehen. Da muss ein breiterer Ansatz hin. Der muss beim Wettbewerb bei den Energiekonzernen ansetzen, ebenso wie effizientere Systeme sowohl im häuslichen Bereich wie im Verkehrsbereich. Es hieße, den Menschen Sand in die Augen zu streuen, wenn man glauben machen könnte, dass man die globale Energiepreisentwicklung im Bereich des deutschen Steuerrechts wird auffangen können.

    Fischer: Sie haben schon die anstehende Steuerschätzung im November angesprochen. Wenn die positiver ausfällt als erwartet, ist denn dann etwas drin in Sachen Steuererleichterungen, Erhöhung des Freibetrages?

    Kampeter: Wir müssen uns jetzt mal entscheiden. Die meisten Argumente, die Sie bisher vorgetragen haben, deuten darauf hin, dass wir unseren Haushalt noch nicht krisenfest gemacht haben. Jetzt würde das bedeuten, dass wir im November Steuerüberschüsse haben. Ich weiß das ehrlich gesagt noch nicht. Die internationalen Experten werden im Augenblick etwas pessimistischer. Sie sprechen von einer Rezession in den Vereinigten Staaten. Die Inflation liegt deutlich oberhalb des Zielwertes der Europäischen Zentralbank, weshalb manche jetzt mit Zinsanpassungen und damit ja im Übrigen auch mit Belastungen für den Bundeshaushalt rechnen. Deswegen baue ich meine Entscheidung nicht auf dem Prinzip Hoffnung auf, sondern aufgrund der Steuerschätzung im November werden wir dann zu entscheiden haben, welche Anpassungen wir vornehmen. Die Haushälter sind so ein bisschen nüchterner als die übrigen Politikbereiche. Da bitte ich um Verständnis. Aber wir sind da vielleicht auch verlässlicher und zusagensicherer.

    Fischer: Bleiben wir mal kurz noch beim Prinzip Hoffnung. Wir stellen uns das Jahr 2012 vor, Herr Kampeter, mit einer schwarzen Null unterm Strich. Obwohl wir da nicht wissen, wie der Finanzminister dann heißen wird; er steht aber immer noch vor einem Riesen Berg von Schulden von fast 1000 Milliarden alleine für den Bund. Wie soll denn der abgetragen werden? Davon ist bislang überhaupt keine Rede.

    Kampeter: Na ja, wir haben jetzt erst mal das Problem gelöst, keine neuen Schulden zu machen, wenn unsere Haushaltsplanung so eintritt, wie wir uns das alle wünschen. Der nächste Schritt wird sein, dass wir in der Föderalismuskommission ein Schuldenverbot respektive eine Schuldenbremse einbauen, die uns auch zwingt, in konjunkturell schwierigeren Zeiten nicht in den Ausweg der Verschuldung zu wandern. Wir haben in den letzten über 40 Jahren ja alle politischen Probleme im Wesentlichen dadurch gelöst, indem wir sie auf die nächste Generation unserer Kinder und auch unserer Kindeskinder vertagt haben. Sie müssen nämlich für die Schulden zahlen, nicht die jetzt handelnden Politiker. Die Zinszahlungen werden ja von den nachfolgenden Generationen getätigt. Deswegen finde ich ist strategisch wichtig, dass die Große Koalition auch dazu genutzt wird, dass Bund und Länder sich auf ein Schuldenverbot oder eine Schuldenbremse einigen. Die Föderalismusreformkommission hat hier eine historische Aufgabe, vor der auch die 16 Ministerpräsidenten und der Bund nicht versagen dürfen. Die Flankierung der Konsolidierungspolitik im Bundeshaushalt muss die Schuldenbremse sein. Sie ist wirklich wichtig, weil sie ein Korsett einbaut, wenn andere Politikerinnen und Politiker andere Schwerpunkte setzen, dass man die Flucht in den Schuldenstaat, die wir 40 Jahre lang gekannt haben, im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder nicht mehr machen kann.

    Fischer: Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion Steffen Kampeter. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.