Bettina Klein: Muss die Union mal wieder zur Entscheidung getragen werden, wie manche Beobachter jetzt meinen? Jedenfalls muss sie sich jetzt dem Spruch aus Karlsruhe beugen: Ehegattensplitting auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft. Dafür gab es bisher in der Partei keine Mehrheit. Nun muss eine her und die Fraktion wird sich darum heute in einer Sondersitzung bemühen. Einer der gerade angesprochenen Abgeordneten, die sich schon immer für die Gleichstellung der homosexuellen Lebenspartnerschaften in dieser Frage ausgesprochen haben, das ist Jan-Marco Luczak, und den begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen!
Jan-Marco Luczak: Schönen guten Morgen!
Klein: Herr Luczak, Sie sind auf dem Weg in die Fraktion, in die Fraktionssitzung dort. Was erwarten Sie dort heute?
Luczak: Wir haben ja jetzt nun die Situation, dass wir seit gestern Klarheit haben vonseiten des Bundesverfassungsgerichts. Jetzt ist klar, dass das grundlegende Gebot der Gerechtigkeit gilt, wie ich das mal formuliert habe, dass Paare, die gleiche Pflichten haben, auch gleiche Rechte haben müssen, dass sie gleichbehandelt werden müssen, unabhängig vom Geschlecht. Das beruhigt mich sehr, dass wir jetzt da Klarheit haben, und ich denke, wir werden jetzt in der Fraktionssitzung das Urteil auswerten. Aber wenn ich so die Stimmungslage höre, dann ist eigentlich auch ganz klar, wie das in der Vergangenheit auch immer geäußert wurde, dass wir dieses Urteil umsetzen werden und auch zügig umsetzen werden.
Klein: Sie rechnen mit einer Mehrheit dafür, mit einer Mehrheit, die sich dem Spruch aus Karlsruhe beugen wird?
Luczak: Ich möchte der Fraktionssitzung natürlich nichts vorwegnehmen und auch der Diskussion nichts vorwegnehmen. Aber wenn man die einzelnen Stellungnahmen hört, dann, glaube ich, ist es schon so, dass wir als Rechtsstaatspartei natürlich auch immer gesagt haben, wir haben Achtung vor dem Bundesverfassungsgericht, haben Achtung vor den Urteilen, die das Bundesverfassungsgericht spricht, und dazugehört auch, dass man diese Urteile respektiert und sie dann umsetzt.
Klein: Aber aus Ihren Worten klingt auch die Erwartung heraus, der Jubel über diese Entscheidung wird nicht allzu groß ausfallen, oder?
Luczak: Wir haben in den vergangenen Monaten ja eine sehr intensive Diskussion über die Frage der Gleichstellung gehabt. Die hat angefangen nicht erst beim Bundesparteitag, sondern schon vorher. Aber da hat sie natürlich ihren Höhepunkt gefunden. Das war eine sehr, sehr gute, sehr sachliche, sehr respektvolle Diskussion, die wir gehabt haben auf dem Bundesparteitag. Der Antrag, den meine Kollegen und ich seinerzeit eingebracht haben, ist ja nur sehr knapp gescheitert, das war ja etwa 40:60. Seitdem hat sich aber schon viel getan: Viele Argumente sind ausgetauscht worden, viel Verständnis ist, glaube ich, auch geweckt worden. Insofern gibt es natürlich immer noch Kritiker, das will ich gar nicht verschweigen. Ich glaube, das ist bei uns in der Fraktion so wie im Rest der Gesellschaft auch. Aber ich glaube, dass wir schon viele, viele Schritte da gegangen sind, und insofern wird das auch heute Morgen, glaube ich, eine gute Diskussion werden.
Klein: Herr Luczak, dennoch gibt es ja den Eindruck in der Öffentlichkeit, die Union musste wirklich erst vom Bundesverfassungsgericht auf den Weg der Gesetzmäßigkeit gedrängt werden. Bestreiten Sie das?
Luczak: Nein. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir aus eigener Initiative hier gehandelt hätten und vielleicht auch früher gehandelt hätten. Ich finde, wir haben als Politik, als Deutscher Bundestag, hier auch einen Gestaltungsauftrag. Ich finde immer, wir sollten diesen Auftrag auch selbstbewusst wahrnehmen und aus eigener Initiative handeln.
Aber noch mal: Es ist so, dass das für uns keine einfache Diskussion war, wie das auch in anderen Bevölkerungskreisen nicht einfach war. Das ist, wenn man sich das anschaut, in der Breite der Bevölkerung durchaus ein Thema, das mit viel Emotionen beladen ist und deswegen war es, glaube ich, gut und notwendig, dass wir da eine breite Debatte darüber geführt haben. Aber noch mal: Die hat uns viele, viele Schritte nach vorne gebracht und insofern bin ich jetzt froh, dass wir das Urteil haben und jetzt auch handeln können.
Klein: Die Kritiker dieses Beschlusses und dieser notwendigen Gesetzesanpassung sind ja nicht verstummt. Wir hören mal Norbert Geis, der sich bereits gestern dazu geäußert hat.
O-Ton Norbert Geis: "Aber dennoch wird durch ein solches Urteil weiter daran gearbeitet, dass die Ehe und die Bedeutung der Ehe für die Familie und für die Gesellschaft insgesamt mehr und mehr in den Hintergrund gedrückt wird und das ist etwas, was mich besorgt macht."
Klein: Norbert Geis mit einem der zentralen Argumente der Gegner dieser Gleichstellung. – Was antworten Sie ihm heute Morgen?
Luczak: Ich schätze den Kollegen Geis sehr, ich kenne ihn aus dem Rechtsausschuss, aber ich teile seine Auffassung an dieser Stelle nicht. Ich glaube, dass weder Ehe noch Familie hier irgendetwas weggenommen wird. Denn sehen Sie, es ist ja so: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen und sich wechselseitig in Pflichten und Rechten verbinden wollen miteinander, füreinander einstehen wollen in guten wie in schlechten Zeiten, dann ist das, finde ich, nicht nur etwas sehr gutes, sondern es ist eigentlich auch sehr Konservatives, was eigentlich den Grundgedanken, den Prinzipien, den Werten von Ehe eigentlich sehr gut entspricht. Insofern sehe ich da gar keinen Gegensatz.
Klein: Das ist in der Tat eines der Argumente, die von Ihrer Seite immer wieder vorgebracht werden. Aber die wirken ja offenbar nicht für alle überzeugend?
Luczak: Ich sagte ja gerade, in der gesamten Gesellschaft gibt es da unterschiedliche Auffassungen zu. Aber trotzdem: Ich finde es immer wichtig, sich auf die grundlegenden Prinzipien und Werte zu besinnen, was steht hinter Ehe, was steht hinter Familie, und das ist für mich vor allem das Prinzip der gegenseitigen Verantwortungsübernahme, und das finden Sie auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften und da kann es dann hinterher auf das Geschlecht nicht ankommen.
Klein: Der nächste Schritt, Herr Luczak, wäre auch das Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare. Wie weit wird Ihre Partei da vorangehen?
Luczak: Auch hier haben wir ja ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Im Februar ist ja zur Sukzessiv-Adoption das Urteil ergangen. Wir haben hier eine Frist bis im kommenden Jahr, das umzusetzen. Wir müssen jetzt darüber diskutieren, wie man jetzt damit umgeht, ob man jetzt in einem großen Wurf diese Fragen auch mit behandelt oder ob man jetzt unmittelbar das Urteil aus Karlsruhe zur steuerlichen Gleichstellung nur umsetzt. Ich glaube, beim Adoptionsrecht ist es so, weil Kinder damit natürlich betroffen sind, dass einfach die Breite der Diskussion noch nicht so intensiv geführt worden ist, wie das bei der steuerlichen Frage der Fall ist.
Klein: Aber Sie werden sich auch in diesem Punkt für die volle Gleichstellung einsetzen?
Luczak: Ich sage auf jeden Fall, dass wir das Urteil, was wir haben bei der Sukzessiv-Adoption, dass wir das selbstverständlich noch umsetzen müssen. Auch das ist etwas, was der Respekt vor Karlsruhe gebietet. Hier haben wir ein bisschen eine andere Situation, weil wir eine Frist bekommen haben, weil auch die Regelung ein Stück weit komplizierter ist, weil es eben auch um die Rechte von Kindern an dieser Stelle geht, und da brauchen wir wahrscheinlich noch ein bisschen Diskussion, bis wir da eine vernünftige Lösung gefunden haben. Aber natürlich: Selbstverständlich werden wir auch dieses Urteil umsetzen, und ich finde, das sollten wir so schnell wie möglich tun.
Klein: Interpretieren Sie das Ganze jetzt als einen Modernisierungsschwenk Ihrer Partei?
Luczak: Das wird immer so apostrophiert, dass die CDU so - der Umkehrschluss würde ja heißen, dass wir nicht modern sind - ich glaube, wir machen in vielen, vielen Bereichen eine sehr moderne Politik. Aber natürlich ist es richtig: Ich sage mal – unser Fraktionsvorsitzender sagt das ja auch -, Politik fängt mit dem Betrachten der Wirklichkeit an. Es ist richtig: Ich bin jemand, der aus einer Großstadt kommt, ich bin Berliner Abgeordneter, für mich ist das ganz normal, wenn ich in meinem Wahlkreis in Schöneberg unterwegs bin, dass da auch Schwule und Lesben im Café sitzen, gemeinsam Kaffee trinken, Händchen halten. Für mich ist das ein Stück weit gesellschaftliche Normalität und da passen wir uns jetzt nach und nach auch an und das ist richtig so.
Klein: Aber erst auf Druck durch Karlsruhe hin. Das macht für Sie nichts aus?
Luczak: Nein. Es gibt bei uns sehr, sehr viele, die sich schon seit vielen, vielen Jahren dafür einsetzen, und der Eindruck, dass das nur einige wenige sind, ist ja, wie der Bundesparteitag gezeigt hat, auch falsch. Der Antrag, noch mal, den wir seinerzeit eingebracht haben, ist ja 60:40 relativ knapp abgelehnt worden. Das zeigt eben auch, wie viel Bewegung in den letzten Jahren da in die Partei gekommen ist. Insofern ist es so: Der Eindruck, den man manchmal hat, dass das alles so verknöchert zugeht bei uns, der trägt einfach nicht.
Klein: Wir haben nicht mehr viel Zeit, Herr Luczak. Dennoch zum Abschluss noch kurz die Frage. Gleichstellung hin oder her – viele sagen ja, das Ehegattensplitting als solches muss auf den Prüfstand. Es ist einfach ungerecht. Es müssen alle Paare bevorzugt werden, die Kinder haben, egal ob verheiratet oder nicht. Unterstützen Sie da eigentlich ein rückwärts gewandtes Modell?
Luczak: Ich finde es richtig, dass wir uns stärker auf Kinder fokussieren. Ich sage aber im gleichen Atemzug auch: Anders als die Opposition, als SPD und Grüne das wollen, wollen wir als Union das Ehegattensplitting behalten. Viele Paare haben darauf auch ihr Leben ein Stück weit aufgebaut, auf dieser Rollenverteilung, und das wollen wir im Nachhinein nicht ändern. Sondern auch hier gilt: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernommen haben, wollen wir das honorieren.
Klein: Das heißt, das ganze Ehegattensplitting muss noch mal auf den Prüfstand?
Luczak: Wir wollen das Ehegattensplitting fortentwickeln. Wir wollen es beibehalten, aber wir wollen stärker den Aspekt der Kinder berücksichtigen an dieser Stelle.
Klein: Jan-Marco Luczak, CDU-Bundestagsabgeordneter, heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Luczak.
Luczak: Sehr gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Jan-Marco Luczak: Schönen guten Morgen!
Klein: Herr Luczak, Sie sind auf dem Weg in die Fraktion, in die Fraktionssitzung dort. Was erwarten Sie dort heute?
Luczak: Wir haben ja jetzt nun die Situation, dass wir seit gestern Klarheit haben vonseiten des Bundesverfassungsgerichts. Jetzt ist klar, dass das grundlegende Gebot der Gerechtigkeit gilt, wie ich das mal formuliert habe, dass Paare, die gleiche Pflichten haben, auch gleiche Rechte haben müssen, dass sie gleichbehandelt werden müssen, unabhängig vom Geschlecht. Das beruhigt mich sehr, dass wir jetzt da Klarheit haben, und ich denke, wir werden jetzt in der Fraktionssitzung das Urteil auswerten. Aber wenn ich so die Stimmungslage höre, dann ist eigentlich auch ganz klar, wie das in der Vergangenheit auch immer geäußert wurde, dass wir dieses Urteil umsetzen werden und auch zügig umsetzen werden.
Klein: Sie rechnen mit einer Mehrheit dafür, mit einer Mehrheit, die sich dem Spruch aus Karlsruhe beugen wird?
Luczak: Ich möchte der Fraktionssitzung natürlich nichts vorwegnehmen und auch der Diskussion nichts vorwegnehmen. Aber wenn man die einzelnen Stellungnahmen hört, dann, glaube ich, ist es schon so, dass wir als Rechtsstaatspartei natürlich auch immer gesagt haben, wir haben Achtung vor dem Bundesverfassungsgericht, haben Achtung vor den Urteilen, die das Bundesverfassungsgericht spricht, und dazugehört auch, dass man diese Urteile respektiert und sie dann umsetzt.
Klein: Aber aus Ihren Worten klingt auch die Erwartung heraus, der Jubel über diese Entscheidung wird nicht allzu groß ausfallen, oder?
Luczak: Wir haben in den vergangenen Monaten ja eine sehr intensive Diskussion über die Frage der Gleichstellung gehabt. Die hat angefangen nicht erst beim Bundesparteitag, sondern schon vorher. Aber da hat sie natürlich ihren Höhepunkt gefunden. Das war eine sehr, sehr gute, sehr sachliche, sehr respektvolle Diskussion, die wir gehabt haben auf dem Bundesparteitag. Der Antrag, den meine Kollegen und ich seinerzeit eingebracht haben, ist ja nur sehr knapp gescheitert, das war ja etwa 40:60. Seitdem hat sich aber schon viel getan: Viele Argumente sind ausgetauscht worden, viel Verständnis ist, glaube ich, auch geweckt worden. Insofern gibt es natürlich immer noch Kritiker, das will ich gar nicht verschweigen. Ich glaube, das ist bei uns in der Fraktion so wie im Rest der Gesellschaft auch. Aber ich glaube, dass wir schon viele, viele Schritte da gegangen sind, und insofern wird das auch heute Morgen, glaube ich, eine gute Diskussion werden.
Klein: Herr Luczak, dennoch gibt es ja den Eindruck in der Öffentlichkeit, die Union musste wirklich erst vom Bundesverfassungsgericht auf den Weg der Gesetzmäßigkeit gedrängt werden. Bestreiten Sie das?
Luczak: Nein. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir aus eigener Initiative hier gehandelt hätten und vielleicht auch früher gehandelt hätten. Ich finde, wir haben als Politik, als Deutscher Bundestag, hier auch einen Gestaltungsauftrag. Ich finde immer, wir sollten diesen Auftrag auch selbstbewusst wahrnehmen und aus eigener Initiative handeln.
Aber noch mal: Es ist so, dass das für uns keine einfache Diskussion war, wie das auch in anderen Bevölkerungskreisen nicht einfach war. Das ist, wenn man sich das anschaut, in der Breite der Bevölkerung durchaus ein Thema, das mit viel Emotionen beladen ist und deswegen war es, glaube ich, gut und notwendig, dass wir da eine breite Debatte darüber geführt haben. Aber noch mal: Die hat uns viele, viele Schritte nach vorne gebracht und insofern bin ich jetzt froh, dass wir das Urteil haben und jetzt auch handeln können.
Klein: Die Kritiker dieses Beschlusses und dieser notwendigen Gesetzesanpassung sind ja nicht verstummt. Wir hören mal Norbert Geis, der sich bereits gestern dazu geäußert hat.
O-Ton Norbert Geis: "Aber dennoch wird durch ein solches Urteil weiter daran gearbeitet, dass die Ehe und die Bedeutung der Ehe für die Familie und für die Gesellschaft insgesamt mehr und mehr in den Hintergrund gedrückt wird und das ist etwas, was mich besorgt macht."
Klein: Norbert Geis mit einem der zentralen Argumente der Gegner dieser Gleichstellung. – Was antworten Sie ihm heute Morgen?
Luczak: Ich schätze den Kollegen Geis sehr, ich kenne ihn aus dem Rechtsausschuss, aber ich teile seine Auffassung an dieser Stelle nicht. Ich glaube, dass weder Ehe noch Familie hier irgendetwas weggenommen wird. Denn sehen Sie, es ist ja so: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen und sich wechselseitig in Pflichten und Rechten verbinden wollen miteinander, füreinander einstehen wollen in guten wie in schlechten Zeiten, dann ist das, finde ich, nicht nur etwas sehr gutes, sondern es ist eigentlich auch sehr Konservatives, was eigentlich den Grundgedanken, den Prinzipien, den Werten von Ehe eigentlich sehr gut entspricht. Insofern sehe ich da gar keinen Gegensatz.
Klein: Das ist in der Tat eines der Argumente, die von Ihrer Seite immer wieder vorgebracht werden. Aber die wirken ja offenbar nicht für alle überzeugend?
Luczak: Ich sagte ja gerade, in der gesamten Gesellschaft gibt es da unterschiedliche Auffassungen zu. Aber trotzdem: Ich finde es immer wichtig, sich auf die grundlegenden Prinzipien und Werte zu besinnen, was steht hinter Ehe, was steht hinter Familie, und das ist für mich vor allem das Prinzip der gegenseitigen Verantwortungsübernahme, und das finden Sie auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften und da kann es dann hinterher auf das Geschlecht nicht ankommen.
Klein: Der nächste Schritt, Herr Luczak, wäre auch das Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare. Wie weit wird Ihre Partei da vorangehen?
Luczak: Auch hier haben wir ja ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Im Februar ist ja zur Sukzessiv-Adoption das Urteil ergangen. Wir haben hier eine Frist bis im kommenden Jahr, das umzusetzen. Wir müssen jetzt darüber diskutieren, wie man jetzt damit umgeht, ob man jetzt in einem großen Wurf diese Fragen auch mit behandelt oder ob man jetzt unmittelbar das Urteil aus Karlsruhe zur steuerlichen Gleichstellung nur umsetzt. Ich glaube, beim Adoptionsrecht ist es so, weil Kinder damit natürlich betroffen sind, dass einfach die Breite der Diskussion noch nicht so intensiv geführt worden ist, wie das bei der steuerlichen Frage der Fall ist.
Klein: Aber Sie werden sich auch in diesem Punkt für die volle Gleichstellung einsetzen?
Luczak: Ich sage auf jeden Fall, dass wir das Urteil, was wir haben bei der Sukzessiv-Adoption, dass wir das selbstverständlich noch umsetzen müssen. Auch das ist etwas, was der Respekt vor Karlsruhe gebietet. Hier haben wir ein bisschen eine andere Situation, weil wir eine Frist bekommen haben, weil auch die Regelung ein Stück weit komplizierter ist, weil es eben auch um die Rechte von Kindern an dieser Stelle geht, und da brauchen wir wahrscheinlich noch ein bisschen Diskussion, bis wir da eine vernünftige Lösung gefunden haben. Aber natürlich: Selbstverständlich werden wir auch dieses Urteil umsetzen, und ich finde, das sollten wir so schnell wie möglich tun.
Klein: Interpretieren Sie das Ganze jetzt als einen Modernisierungsschwenk Ihrer Partei?
Luczak: Das wird immer so apostrophiert, dass die CDU so - der Umkehrschluss würde ja heißen, dass wir nicht modern sind - ich glaube, wir machen in vielen, vielen Bereichen eine sehr moderne Politik. Aber natürlich ist es richtig: Ich sage mal – unser Fraktionsvorsitzender sagt das ja auch -, Politik fängt mit dem Betrachten der Wirklichkeit an. Es ist richtig: Ich bin jemand, der aus einer Großstadt kommt, ich bin Berliner Abgeordneter, für mich ist das ganz normal, wenn ich in meinem Wahlkreis in Schöneberg unterwegs bin, dass da auch Schwule und Lesben im Café sitzen, gemeinsam Kaffee trinken, Händchen halten. Für mich ist das ein Stück weit gesellschaftliche Normalität und da passen wir uns jetzt nach und nach auch an und das ist richtig so.
Klein: Aber erst auf Druck durch Karlsruhe hin. Das macht für Sie nichts aus?
Luczak: Nein. Es gibt bei uns sehr, sehr viele, die sich schon seit vielen, vielen Jahren dafür einsetzen, und der Eindruck, dass das nur einige wenige sind, ist ja, wie der Bundesparteitag gezeigt hat, auch falsch. Der Antrag, noch mal, den wir seinerzeit eingebracht haben, ist ja 60:40 relativ knapp abgelehnt worden. Das zeigt eben auch, wie viel Bewegung in den letzten Jahren da in die Partei gekommen ist. Insofern ist es so: Der Eindruck, den man manchmal hat, dass das alles so verknöchert zugeht bei uns, der trägt einfach nicht.
Klein: Wir haben nicht mehr viel Zeit, Herr Luczak. Dennoch zum Abschluss noch kurz die Frage. Gleichstellung hin oder her – viele sagen ja, das Ehegattensplitting als solches muss auf den Prüfstand. Es ist einfach ungerecht. Es müssen alle Paare bevorzugt werden, die Kinder haben, egal ob verheiratet oder nicht. Unterstützen Sie da eigentlich ein rückwärts gewandtes Modell?
Luczak: Ich finde es richtig, dass wir uns stärker auf Kinder fokussieren. Ich sage aber im gleichen Atemzug auch: Anders als die Opposition, als SPD und Grüne das wollen, wollen wir als Union das Ehegattensplitting behalten. Viele Paare haben darauf auch ihr Leben ein Stück weit aufgebaut, auf dieser Rollenverteilung, und das wollen wir im Nachhinein nicht ändern. Sondern auch hier gilt: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernommen haben, wollen wir das honorieren.
Klein: Das heißt, das ganze Ehegattensplitting muss noch mal auf den Prüfstand?
Luczak: Wir wollen das Ehegattensplitting fortentwickeln. Wir wollen es beibehalten, aber wir wollen stärker den Aspekt der Kinder berücksichtigen an dieser Stelle.
Klein: Jan-Marco Luczak, CDU-Bundestagsabgeordneter, heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Luczak.
Luczak: Sehr gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.