Archiv

CDU-Politiker Middelberg
"Wir wollten Maaßen behalten"

Die Berufung von Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär sei im Einvernehmen mit der SPD getroffen worden, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU, Mathias Middelberg, im Dlf. Er halte den Kompromiss für sehr zweckmäßig - auch wenn die CDU Maaßen noch für tragbar gehalten habe als Verfassungsschutzchef.

Mathias Middelberg im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Das Bild zeigt Mathias Middelberg (CDU) im Deutschen Bundestag.
    Mathias Middelberg (CDU): Maaßen ist ein befähigter Beamter (dpa / Christophe Gateau)
    Tobias Armbrüster: Hans-Georg Maaßen – die Kontroverse um den noch obersten Verfassungsschützer hält weiter an. Was wir gestern gehört haben, führt in Berlin und eigentlich überall in Deutschland zu Stirnrunzeln und Kopfschütteln. Ein Behördenchef wird für untragbar erklärt und im nächsten Schritt befördert
    Mitgehört hat am Telefon Mathias Middelberg, der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Schönen guten Morgen.
    Mathias Middelberg: Guten Morgen.
    Armbrüster: Herr Middelberg, haben Sie Herrn Maaßen schon gratuliert?
    Middelberg: Nein, das habe ich nicht getan.
    Armbrüster: Kommt das denn noch?
    Middelberg: Das wird noch kommen, wenn er dann Staatssekretär ist.
    Armbrüster: Das heißt, Sie finden das gut, dass er aufrückt und Staatssekretär wird, nachdem er im Verfassungsschutz nicht mehr tragbar war?
    Middelberg: Wir wollten ihn ja gar nicht ablösen als Verfassungsschutzpräsidenten. Wir finden aber die jetzt gefundene Lösung durchaus sehr zweckmäßig, sehr pragmatisch. Es ist durchaus eine Koalitionsentscheidung. Es ist nicht nur eine Entscheidung, die nur die CDU oder nur die CSU getroffen hat und auch nicht nur die SPD, sondern es ist natürlich auch ein Kompromiss, den ich allerdings vom Ergebnis her wirklich für sehr zweckmäßig halte.
    Armbrüster: Sie müssen uns aber erklären, wer das eigentlich verstehen soll. Ein Mann wird von den politisch Verantwortlichen für nicht mehr tragbar in einer bestimmten Position erklärt und wird gleich im nächsten Schritt befördert. Wer soll das verstehen?
    Maaßen hat Kritik angenommen
    Middelberg: Ja. Wir haben Herrn Maaßen tatsächlich durchaus noch für tragbar gehalten, auch im Amt des Verfassungsschutzpräsidenten. Nun sieht das der Koalitionspartner SPD aus ganz unterschiedlichen Gründen, die man teilen kann oder die man nicht teilen kann, anders und hat das auch zur Koalitionsfrage stilisiert. Das kann man auch durchaus kritisieren, ob das wirklich geeignet ist, daraus eine Koalitionsfrage zu machen. Ich glaube, das ist eher der großen Nervosität der SPD geschuldet, die da Themen sucht.
    Aus unserer Sicht, um das noch mal kurz darzustellen, ist Herr Maaßen oder wäre Herr Maaßen durchaus weiter tragbar gewesen, wenngleich man ihm vorwerfen muss, dass er mit seiner, ich sage mal, Video-Analyse und Bewertung in die Öffentlichkeit marschiert ist. Das habe ich auch für einen Fehler gehalten. Ich hätte ihm geraten, diesen Vorgang intern abzuwickeln, seinen Minister zu informieren über die Bedenken, die durchaus berechtigt sind, aber das intern zu tun und nicht nach außen zu treten. Den Fehler hat er gemacht, aber die Kritik daran hat er auch angenommen.
    Armbrüster: Sie sagen jetzt, die Union hätte an Herrn Maaßen festgehalten. Dass er geht, das wollte eigentlich nur die SPD. Kann das denn das Selbstverständnis einer solchen Großen Koalition sein, dass eigentlich jeder in dieser Koalition einfach nur seine Entscheidungen durchdrückt und das, was einem nicht gefällt, dann auf den anderen schiebt?
    Middelberg: Es ist ja so, dass grundsätzlich in den jeweiligen Ressorts auch die jeweiligen Koalitionspartner, die dieses Ressort innehaben, ihr Personal auch selbst bestimmen. Es ist schon keine Selbstverständlichkeit, wenn der Koalitionspartner SPD jetzt sagt, ihr müsst den Verfassungsschutzpräsidenten austauschen, weil der gefällt uns nicht aus den und den Gründen, oder wir haben diese oder jene Kritik. Das wäre so, als wenn wir jetzt Personal in SPD-Ressorts kritisieren und deren Austausch verlangen. Das ist weiß Gott keine Selbstverständlichkeit.
    "Maaßen ist ein befähigter Beamter"
    Armbrüster: Herr Middelberg, ganz kurz! Es ging hier ja nicht um eine Petitesse, sondern es ging um den Chef immerhin des obersten deutschen Verfassungsschutzes in einer sehr angespannten sowieso politischen Lage und dann auch noch in einer solchen Lage wie nach diesen Ausschreitungen in Chemnitz. Das war jetzt nicht einfach nur ein kleiner Zwischenfall, ein kleiner Ausrutscher eines Behördenchefs.
    Middelberg: Das ist sicher keine Petitesse gewesen. Aber ich sage Ihnen noch mal: Wir haben eine andere Bewertung gehabt. Wir hätten Herrn Maaßen nicht für untragbar gehalten. Deswegen ist es auch kein Problem, wenn man jemanden, den man tatsächlich für tragbar hält, auch weiter verwendet. Wir meinen, dass Herr Maaßen Expertise hat, dass er ein wirklich befähigter Beamter ist, und deswegen gibt es bei uns auch die Position, dass wir ihn behalten wollten.
    Ich hätte mich auf der anderen Seite auch gefragt, wenn Herr Maaßen jetzt einfach so entlassen worden wäre und hätte auch mit seinen durchaus vorhandenen Fähigkeiten, sage ich mal, jetzt schon auf dem Altenteil gesessen und wir hätten ihm zehn, zwölf Jahre Ruhegehalt zahlen müssen. Ich weiß nicht, ob das nicht auch eine erhebliche Empörung ausgelöst hätte. So wird Herr Maaßen jetzt weiter verwendet und das halte ich jedenfalls grundsätzlich für eine vernünftige Entscheidung.
    Armbrüster: Wie wollen Sie denn sicherstellen, dass solche Ausrutscher, wie zum Beispiel dieses "Bild"-Interview, dass Herrn Maaßen so etwas nicht noch einmal passiert im Innenministerium?
    Middelberg: Herr Maaßen ist ja jetzt sehr eng eingebunden in die Hierarchie dieses Innenministeriums und er kann sich jetzt als beamteter Staatssekretär auch nur noch in Abstimmung mit seiner Hausspitze äußern.
    Armbrüster: Das heißt, wir können festhalten, er ist da so ein bisschen an der kurzen Leine?
    Middelberg: Das ist die Frage, wie jetzt der Bundesinnenminister und wie das Haus, ich sage mal, sich selbst managt. Aber er ist nicht mehr so selbständig wie in einer, ich sage mal, eigenständigen Behörde, die zwar dem Bundesinnenministerium untergeordnet ist, aber doch schon ein erhebliches Maß an Eigenständigkeit hat.
    "Asylstreit war sicherlich nicht notwendig"
    Armbrüster: Herr Middelberg, da kommt bei mir wieder der Eindruck an, und ich schätze mal bei vielen, die Ihnen jetzt zuhören. Sie reden jetzt auch wieder vom CSU-Innenministerium, das betonen Sie, die SPD, die CDU. Arbeitet diese Koalition eigentlich noch tatsächlich zusammen, oder sitzt da jeder einfach nur auf seinem Ressort, in seinem Ministerium, und sieht, dass bei ihm selbst alles gut läuft?
    Middelberg: Ich verstehe ja die Kritik daran, die sich auch gerade an diesem Streit festmacht. Aber gerade deshalb liegt mir daran, auch mal zu sagen: Ich glaube, dass dieser Streit um Herrn Maaßen tatsächlich nicht so wichtig ist. Wenn er im Amt geblieben wäre, wäre diese Republik nicht untergegangen. Jetzt verlässt er das Amt, da geht das Land auch nicht dran kaputt. Ich glaube, dass Herr Maaßen tatsächlich nicht die entscheidende Frage ist, sondern dass wir ganz andere Themen haben, Migration, Integration, Pflege, Rente, wer baut Wohnungen. All diese Dinge sind doch wesentlich wichtigere Fragen. Selbst wenn man mal auf die Leistungsbilanz des Innenministeriums, auch von Minister Seehofer blickt – das ist ja jetzt gar nicht so schlecht: Familiennachzug beschränkt, wir haben die Eckpunkte für das neue Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz vorgelegt. Er hat überhaupt mal einen Masterplan vorgelegt zum Thema Migration. So was hat es ja bislang noch gar nicht gegeben. Auch das viel kritisierte BAMF arbeitet jetzt mal endlich vernünftig, produziert Entscheidungen in weniger als drei Monaten. Das sind doch durchaus Erfolge. Ich glaube, dass einfach die Koalition – das sage ich mal ganz offen – vielleicht an einigen Punkten zu blöd ist und sich immer wieder in eigentlich überflüssigen Streits verheddert, statt mal auf ihre eigentlich insgesamt ganz brauchbare Arbeit hinzuweisen. Das ist, glaube ich, das Kernproblem dieser Regierung.
    Armbrüster: Wer hat da denn die größeren Fehler gemacht in der Vergangenheit, die CSU oder die SPD?
    Middelberg: Ich will da jetzt keinem schwarze Peter zuschieben. Aber dieser Asylstreit vor der Sommerpause war sicherlich nicht notwendig.
    Armbrüster: Das heißt, das war die CSU, wenn wir uns da richtig erinnern?
    Middelberg: Ob jetzt dieser Streit und der weitere Streit noch darüber, über die weitere Verwendung von Herrn Maaßen, ob der nun wirklich notwendig ist, ob den dieses Land tatsächlich braucht, oder ob wir nicht mit einem Staatssekretär Maaßen im Bundesinnenministerium auch ganz gut leben können, das müssen dann auch andere beantworten.
    Armbrüster: Live hier bei uns in den "Informationen am Morgen" war das Mathias Middelberg, der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Ich danke Ihnen vielmals für das Gespräch.
    Middelberg: Ich danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.