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CDU Sachsen-Anhalt will ARD-Hauptprogramm umbauen
Brosda (SPD): „Der Vorschlag würde ja bedeuten, es braucht die 'Tagesschau' nicht mehr“

Die CDU in Sachsen-Anhalt will Das Erste von einem eigenständigen Kanal zu einem „Schaufenster der Regionen“ umbauen. Langfristig würde das auch das Ende für "Tagesschau" und "Tatort" bedeuten, glaubt Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda (SPD). Solche Marken müsse man stärken "und nicht mutwillig beschädigen“, sagte er im Dlf.

Text: Isabelle Klein | Carsten Brosda im Gespräch mit Annika Schneider |
Blaues Mikrofon mit ARD- und MDR-Logo
Kritik an Inhalten, Beitragshöhe, Struktur oder Sendungen wie der „Tagesschau“- es ist nicht das erste Mal, dass die sachsen-anhaltinische CDU den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren will.
Besonders großes Aufsehen erregt hatte die Blockade einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 im Dezember 2020 durch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der den entsprechenden Staatsvertrag im Landtag nicht zur Abstimmung stellte – und daran fast seine schwarz-rot-grüne Koalition zerbrechen ließ.
Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, steht im Plenarsaal am Rednerpult und spricht zu den Abgeordneten.
Ministerpräsident Haseloff (CDU) im Landtag von Sachsen-Anhalt - zum Bruch seiner Koalition kam es letztendlich nicht, doch aber zur Erhöhung des Rundfunkbeitrages, die das Bundesverfassungsgericht nach Klage der anderen Bundesländer und der öffentlich-rechtlichen Sender im August 2021 entschied. (picture alliance / dpa / Klaus-Dietmar Gabbert)

"Abschaffen" oder "umwandeln"?

Nun hat Sachsen-Anhalts Staatsminister Rainer Robra (CDU) eine alte Debatte neu angestoßen, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entschlacken: Das ARD-Hauptprogramm Das Erste soll "kein eigenständiger Kanal" mehr sein. Doch was dann?

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Gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ hatte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Markus Kurze, noch gesagt: „Wir unterstützen den Vorschlag von Staatsminister Robra, langfristig den Sender Das Erste als eigenständigen Kanal abzuschaffen“. Langfristig schwebe ihm ein „Das Erste mit regionalen Schwerpunkten“ vor. Übrig bleiben sollen die dritten Programme der ARD und das ZDF als nationaler Sender.
"Umwandeln ist richtig", konkretisierte Kurze die Pläne gegenüber der dpa: "Ich hätte mich besser ausdrücken sollen". Die CDU-Fraktion veröffentlichte darüber hinaus noch eine Klarstellung auf ihrer Homepage: Man wolle Das Erste keinesfalls „abschalten“, sondern es zu einem „Schaufenster der Regionen“ umgestalten.
Markus Kurze (CDU) steht im Plenarsaal des Landtages am Rednerpult.
„Wir wissen, dass wir das politisch derzeit nicht umsetzen können. Aber das ist unser Fernziel", so Markus Kurze (CDU) gegenüber der "MZ" zu den ARD-Plänen seiner Fraktion (picture alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert)

Kritik von den Grünen

Hinter dem - nicht ganz neuen - Vorschlag steckt wiederholt auch eine generelle inhaltliche Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. So kritisiert Kurze, dass seiner Ansicht nach dort „Minderheitenmeinungen stärker vorkommen als die Meinung der Mehrheit“. Auch das Gendern in den öffentlich-rechtlichen Programmen lehnt er ab.
Die Grünen, mittlerweile Oppositionspartei in Sachsen-Anhalt, haben den CDU-Vorschlag kritisiert. So schreibt etwa Michael Kellner, der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, bei Twitter: „Die CDU Sachsen-Anhalt dreht wieder mal rechts frei - ein intakter öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie“.

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Brosda (SPD) plädiert für breite gesellschaftliche Debatte

Hamburgs Senator für Kultur und Medien Carsten Brosda (SPD) wundert sich über die Debatte: „Warum kommt das eigentlich, dass sich diese Form der Kritik offensichtlich immer wieder politisch bahnbricht, (…) statt sich gemeinsam mit der Rundfunkkommission und mit den anderen auf den Weg zu machen und zu überlegen: Wie können wir denn die Akzeptanz und die Schärfung des Auftrages öffentlich-rechtlicher Angebote noch weiter stärken?“, sagte der SPD-Politiker im Dlf.
Derzeit wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland nämlich bereits reformiert. Dafür hat die Rundfunkkommission der Länder im Oktober 2021 konkrete Vorschläge beschlossen und begleitet von einem Beteiligungsverfahren bis zum 14. Januar öffentlich zur Diskussion gestellt. Das Verfahren ist also gerade erst zu Ende gegangen.
„Also ich habe da manchmal das Gefühl, da ist eine leichte Lust an der Destruktion in der Debatte", so Brosda mit Blick auf die CDU-Aussagen. Dennoch müsse man ernst nehmen, dass die „Fragezeichen hinter der Relevanz des Angebots öffentlich-rechtlicher Anstalten“ in einigen Regionen größer sei als in anderen, was auch mit der unterschiedlichen Verankerung der Angebote in den jeweiligen Regionen zusammenhänge.
Carsten Brosda (SPD), Senator für Kultur und Medien, spricht während einer Pressekonferenz zum 5. Jahrestag der Eröffnung der Elbphilharmonie im Kleinen Saal.
„Es ist schon eine Frage an die Anstalten: Wie kümmere ich mich auch darum, dass Bürgerinnen und Bürger wirklich überall im Land das Gefühl haben, das ist etwas, das betrifft uns auch", so Carsten Brosda (SPD) im Dlf (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
Bislang bleibe das aber häufig noch eine Spezialdebatte. Dabei brauche es vielmehr einen intensiven und öffentlichen gesellschaftlichen Austausch darüber, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk zukünftig aussehen soll - „jenseits der Aufregung“ - so der SPD-Politiker: „Und ich hoffe, dass wir es als eine Aufgabe in unserer Demokratie annehmen, auch als Bürgerinnen und Bürger immer wieder für uns zu klären, was wir denn dort erwarten.“

Öffentlich-rechtliche Marken "stärken und nicht mutwillig beschädigen“

Er könne sich nicht vorstellen, dass in solch einer Debatte „ein Bürger dieses Landes tatsächlich ernsthaft sagt: Ja, die ‚Tagesschau‘ reicht auch als Fenster der Regionen“.
„Der Vorschlag würde ja bedeuten, es braucht die ‚Tagesschau‘ nicht mehr“, so Brosda: „Das hielte ich nur für mäßig schlau. Man kann das aber weitertreiben: Die ARD als Fenster der Region heißt auch, es gibt den ‚Tatort‘ nicht mehr, es gibt ‚Titel, Thesen, Temperamente‘ nicht mehr.“
Solche Sendungen seien Marken, die ein Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern hätten, das erhaltenswürdig sei, meint der SPD-Politiker: „Man muss sie stärken und nicht mutwillig beschädigen“.