Berlin
CDU vor Parteitag: Christdemokraten wollen sich neu aufstellen

Heute beginnt in Berlin der 36. Parteitag der CDU. Er steht unter dem Motto "Zukunft gemeinsam gewinnen". Die Christdemokraten haben sich viel vorgenommen. Drei Tage lang geht es um nichts weniger als die Neuaufstellung der Partei. Außerdem soll die heiße Phase des Europawahlkampfs eingeläutet werden.

    Carsten Linnemann (l), neuer CDU Generalsekretär, spricht am 12.07.2023 neben Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, bei der Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU-Bundesvorstands im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin
    Generalsekretär Carsten Linnemann und CDU-Chef Friedrich Merz (Archivbild) (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Man wolle ein Signal das Aufbruchs senden, heißt es aus der Parteispitze. Im Mittelpunkt des Parteitags stehen daher am Dienstag die Beratung und Verabschiedung des neuen Grundsatzprogramms. Doch zuvor stellen sich Vorstand und Präsidium der (Wieder-)Wahl.

    Wiederwahl von Merz gilt als gesichert

    Dabei wird mit Spannung die Rede von Friedrich Merz erwartet. Er wurde vor zwei Jahren mit knapp 95 Prozent zum Parteivorsitzenden gewählt. Seine Wiederwahl gilt als sicher - auch weil es keinen Gegenkandidaten gibt. Das Ergebnis wird trotzdem mit großer Spannung erwartet, da es als Hinweis auf die Frage nach der Kanzlerkandidatur gewertet werden wird - selbst wenn diese offiziell nicht zur Debatte stehen soll. Entsprechende Aufmerksamkeit dürfte in diesem Zusammenhang der Auftritt von CSU-Chef Markus Söder erfahren.

    Grundsatzprogramm: Ein neues Leitbild für Deutschland

    Auch die Bestätigung von Generalsekretär Linnemann gilt als gesetzt. Er zeichnet in besonderer Weise für das neue Grundsatzprogramm verantwortlich. Nach seinen Worten soll das neue Parteiprogramm ein Leitbild für Deutschland ausformulieren. Die CDU wolle den Menschen wieder "Halt, Orientierung und Zuversicht" vermitteln. Mit dem christlichen Menschenbild habe man dazu einen guten Kompass, erklärte der Generalsekretär.
    Der Entwurf des Grundsatzprogramms revidiert zudem gleich mehrere Grundentscheidungen der ehemaligen Bundeskanzlerin Merkel, wie etwa den Ausstieg aus der Kernkraft oder die Willkommenskultur in der Asylpolitik. Für deutliche Kritik bei den Kirchen sorgte bereits das Konzept der sicheren Drittstaaten. Demnach soll jeder, der in Europa Asyl beantragt, in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Asylverfahren durchlaufen.
    Im Mittelpunkt des Programms steht neben der Migrationspolitik die "Leitkultur". Der Begriff wird erstmals im Detail ausbuchstabiert. Nach den Worten der Vorsitzenden der Programm- und Grundsatzkommission, Güler, reicht ein reiner Verfassungspatriotismus für den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aus. Hinzukommen sollen unter anderem Respekt und Toleranz, das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels.

    Deutliches Bekenntnis zum "Gottesbezug im Grundgesetz"

    Ausdrücklich bekennt sich der Entwurf zur "Kraft von Religionen" und zum "Gottesbezug im Grundgesetz". "Unsere Kirchen und Gemeinden sind wichtige Partner bei der Gestaltung unseres Gemeinwesens. Sie sind gesellschaftspolitische Stabilitätsanker, die Menschen Orientierung geben, Sinn stiften und Seelsorge betreiben", heißt es im Grundsatzprogramm wörtlich. Deutschland wird als ein "christlich geprägtes Land" bezeichnet.
    Die Muslime werden als "Teil der religiösen Vielfalt" erwähnt. Die Aussage "Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland", stieß im Vorfeld bei Islamvertretern bereits auf Ablehnung. Sie bediene antimuslimische Vorurteile, hieß es.

    Linnemann spricht sich gegen Koalition mit Grünen aus

    Auf dem Parteitag wird es auch um die Koalitionsfrage auf Bundesebene gehen, sollte die CDU dort wieder in Regierungsverantwortung kommen. Vor Beginn des Bundesparteitags hat sich Generalsekretär Linnemann demonstrativ von den Grünen distanziert. Grundsätzlich müsse man zwar mit allen können, sagte er der "Bild am Sonntag". Er hofft jedoch auf ein bürgerliches Bündnis mit der FDP.
    In der Partei herrscht Uneinigkeit über eine mögliche Zusammenarbeit mit den Grünen. Erst am Samstag hatte der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Wüst dafür geworben, dass sich die Union mehrere Koalitionsmöglichkeiten offen halten solle. Er habe erfolgreich mit der FDP regiert, nun arbeite die CDU mit den Grünen "vertrauensvoll und gut zusammen".

    EU-Spitzenvertreter zu Gast

    Der Mittwoch wird ganz im Zeichen des Europawahlkampfs stehen. EU-Kommissionpräsidentin von der Leyen hält als Spitzenkandidatin der CDU eine Rede. Als Gäste werden auch EU-Parlamentspräsidentin Metsola und der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Weber, erwartet.
    Rund 1.000 Delegierte sind zum Parteitag angemeldet. Mit einer Dauer von drei Tagen ist es einer der längsten Parteitage in der Geschichte der CDU - auch in den 1990er-Jahren gab es bereits dreitägige Delegiertentreffen.

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