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CDU-Vorsitz
"Entscheidend ist, dass wir ein Team formieren"

Bewerber für den CDU-Parteivorsitz müssten sich vor allem der gemeinsamen Sache unterordnen, sagte die Vorsitzende der Frauenunion in der CDU, Annette Widmann-Mauz, im Dlf. Dies heiße, ein Team zu formieren, von dem sich alle angesprochen fühlen. Es gebe in der CDU auch genügend Frauen, die dafür geeignet seien.

Annette Widmann-Mauz im Gespräch mit Sandra Schulz |
Annette Widmann-Mauz bei einer Kabinettssitzung im Kanzleramt in Berlin
Annette Widmann-Mauz von der Frauenunion plädiert wünscht sich, dass künftig mehr Frauen für Führungspositionen in der Politik zur Verfügung stehen (imago/Emmanuele Contini)
Das Feld für die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer an der CDU-Parteispitze sortiert sich. Als Favoriten gelten aktuell drei Männer: Armin Laschet, Jens Spahn und Friedrich Merz. Ab heute will Kramp-Karrenbauer Einzelgespräche mit den dreien führen.
Die CDU-Chefin bittet zum Einzelgespräch - Beitrag von Alfred Schmit (03:23)
Merz, Laschet und Spahn gelten als die einzigen ernst zu nehmenden Kandidaten für die CDU-Spitze. Was kann die scheidende Chefin erreichen mit ihren Vorgesprächen? Und kann sie die Situation steuern?
Eine weibliche Bewerberin ist derzeit nicht in Sicht. Der CDU-Vorsitz wird damit nach langen Jahren, in denen mit Angela Merkel und Kramp-Karrenbauer Frauen die CDU führten, wohl wieder von einem Mann übernommen werden.
Vorsitzende der Frauenunion der CDU, Annette Widmann-Mauz, formuliert im Dlf-Interview ihr Anforderungsprofil an den künftigen Parteichef und erläutert, wie die Frauen in der CDU sich künftig aufstellen wollen, um Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten zu erhalten beziehungsweise weiter auszubauen.

"Zuerst das Land, dann die Partei, dann einzelne Personen"
Sandra Schulz: Lassen Sie uns kurz den Ausflug nach Thüringen vorwegschieben. Christine Lieberknecht wird jetzt vorgeschlagen als Interims-Regierungschefin. Kann die CDU in Thüringen anders, als diesen Vorschlag anzunehmen?
Annette Widmann-Mauz: Die CDU muss darüber sehr sorgfältig beraten und ich glaube, in der derzeitigen Situation kommt es für Thüringen zu allererst darauf an, dass wieder stabile politische Verhältnisse geschaffen werden, dass die Ränder, insbesondere die AfD nicht weiter gestärkt wird. Dazu ist es ein Vorschlag, der nicht einfach vom Tisch gewischt werden kann. Christine Lieberknecht ist eine sehr respektable Persönlichkeit und ich bin der festen Überzeugung, die demokratischen Parteien der Mitte werden darüber beraten, klug beraten. Es entscheidet sich ja daran, dass möglichst viele und möglichst alle in der demokratischen Mitte einen solchen Vorschlag unterstützen, und da scheinen noch Gespräche notwendig zu sein. Die gilt es jetzt abzuwarten.
Schulz: Das heißt, Ihr Rat wäre, dann auch die Kröte zu schlucken – das will die CDU in Thüringen im Moment ja nicht -, den demokratischen Weg zu gehen und auch dann Neuwahlen zu akzeptieren?
Widmann-Mauz: Die Devise muss lauten, zuerst das Land, dann die Partei, dann einzelne Personen. Und wenn es einen Weg gibt, der uns in dieser Reihenfolge zu Stabilität bringt, der getragen ist von einer breiten Mehrheit der demokratischen Mitte, dann ist es zumindest eine Möglichkeit. Ich würde keine Ratschläge von Berlin aus übers Telefon und übers Radio geben, sondern mir die Argumente der Kolleginnen und Kollegen im Landtag dazu auch anhören. Aber es ist zumindest eine Variante, die es ernsthaft zu erwägen gilt.
"Alle müssen sich einordnen"
Schulz: Lassen Sie uns jetzt herübergehen zur Personalsuche bei der Bundes-CDU. Es soll heute ja das Treffen geben zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz. Was kann AKK Merz von der Frauenunion ausrichten?
Widmann-Mauz: Wichtig ist, dass wir als CDU zu Geschlossenheit zurückkehren, und die braucht die CDU gerade nach dem, was wir im letzten Jahr erlebt haben. Das heißt, die Personen müssen sich der gemeinsamen Sache unterordnen, und das heißt, ein kluges Team, ein starkes Team zu formieren, von dem sich Männer und Frauen angesprochen fühlen, das von Inhalt und Stil so abläuft, dass auch Menschen sagen: Jawohl, damit kann ich und will ich mich identifizieren. Ich glaube, das ist das, was jetzt im Vordergrund stehen muss.
Schulz: Das wäre ja auch eine klare Message an Friedrich Merz. Mit Geschlossenheit hatte der es zuletzt ja nicht so.
Widmann-Mauz: Wie gesagt, alle müssen sich einordnen. Wir haben ja gesehen, dass es nichts bringt, wenn man in einem aufwendigen Verfahren zu einer Parteivorsitzenden kommt, die aber im Grunde vom ersten Tag an von der unterlegenen Seite nicht akzeptiert und respektiert wird. Das bringt uns nicht weiter, sondern das führt zum Niedergang der CDU. Dazu ist es eine zugute und auch zu stolze Partei und das erfordert von allen, die jetzt sich für das Amt der Parteivorsitzenden oder des Parteivorsitzenden interessieren, dass sie sich in den Dienst der Sache und damit auch ins Glied stellen. Das ist ganz entscheidend.
"Keiner und keine schafft es allein"
Schulz: Das heißt, wenn ich Ihnen gut zuhöre, auch das, was Sie zwischen den Zeilen sagen – Friedrich Merz hat ja das, was Sie anmahnen, nämlich eine Lösung, eine Einigung, auch eine Mehrheit zu akzeptieren, in den vergangenen anderthalb Jahren nicht geschafft. Das heißt, er scheidet als Favorit der Frauenunion aus?
Widmann-Mauz: Die Frauenunion hat keine Festlegung zu Kandidatinnen und Kandidaten getroffen, weil wir ja noch gar nicht wissen, wer am Ende letztendlich zur Verfügung steht. Unsere Parteivorsitzende führt Gespräche mit entsprechenden Persönlichkeiten, die entweder sich bereits dafür empfehlen, oder solche, an denen man auch nicht vorbei kommt.
Und wie gesagt: Ich glaube, am Ende ist entscheidend, dass wir ein Team formieren, denn keiner und keine schafft es allein. Das hat das letzte gut eine Jahr gezeigt und das wird auch in der Zukunft so sein. Es muss ein gutes Teamspiel geben zwischen Kanzleramt, Parteivorsitz und Fraktion, und dazu braucht es starke Gremien und die müssen diesen Teamcharakter auch ausdrücken, und dazu sind die Gespräche der Parteivorsitzenden jetzt in dieser Woche auch richtig und notwendig.
Schulz: Aber wenn Sie starke Gremien fordern, kann dann die Frauenunion, die ja mehr als 100.000 Köpfe versammelt, diese Leerstelle lassen?
Widmann-Mauz: Nein. Wir haben Bewerbungen. Wir haben Menschen, die sich interessieren. Für die Frauenunion ist entscheidend: Wer bringt unsere Inhalte am Ende voran, mit welchem politischen Stil tut er oder sie das und mit welchem Team tut er oder sie das. Die Gespräche beginnen gerade erst und deshalb macht es gar keinen Sinn, sich vorfestzulegen, sondern wir brauchen am Ende ein in sich schlüssiges Teamkonzept und darüber wird jetzt zu beraten sein.
Widmann-Mauz: Eine Volkspartei muss für Frauen attraktiv bleiben
Schulz: Was sagt es, dass wir in den jetzt genannten Kandidaten nur über Männer sprechen?
Widmann-Mauz: Wir haben als Frauenunion sicherlich nicht damit gerechnet, dass wir nach einem Jahr weiblicher Parteivorsitzender wieder vor die Frage gestellt sind, in der Reihenfolge, in der Schlange bereits die nächsten Anwärterinnen zu präsentieren. Wir haben im Moment eine Bundeskanzlerin, wir haben eine Kommissionspräsidentin in der Europäischen Union, wir haben noch eine Parteivorsitzende. Wir haben viele Frauen, die für ein Team geeignet sind, und deshalb kommt es darauf an, dass Frauen auch eine Rolle spielen. Aber wie gesagt, wir sind auch noch lange nicht da in der CDU, wo wir sein wollen. Wir brauchen mehr Ministerpräsidentinnen, wir brauchen mehr Fraktionsvorsitzende weiblich in den Ländern. Baden-Württemberg tritt im nächsten Jahr mit einer weiblichen Spitzenkandidatin an. Deshalb ja, wir brauchen auch mehr Frauen, die dann in den entscheidenden Momenten in der Reihe stehen.
Schulz: Da sagen jetzt viele Männer, warum brauchen wir eigentlich mehr Frauen. Was ist Ihre Antwort?
Widmann-Mauz: Die CDU ist in den vergangenen Jahrzehnten weit überwiegend von Frauen gewählt worden. Das heißt, sie hat ein gutes Angebot gemacht an Persönlichkeiten, an Frauen, die andere Frauen ansprechen und motivieren, in den Inhalten, die ihre Themen ansprechen. Eine Partei, die regierungsfähig bleiben will, die Volkspartei bleiben will, braucht dann auch die Attraktivität bei den Wählerinnen, und da tragen Frauen, die politisch mitwirken, Stil und Inhalt gestalten, einen wesentlichen Beitrag.
Strukturelle Veränderungen zu Gunsten von Frauen in der CDU
Schulz: Wie wollen Sie das erreichen?
Widmann-Mauz: Die CDU hat auf ihrem Parteitag in Leipzig eine Struktur- und Satzungskommission ins Leben gerufen, die seit gestern darüber berät, auch mit welchen strukturellen Veränderungen wir mehr Frauen in Verantwortung, in Führungspositionen, in Mandate bekommen. Wir hatten dazu gestern eine mehrstündige intensive Diskussion. Die ist auch noch nicht abgeschlossen, sondern wird jetzt in den kommenden Monaten intensiviert. Wir wollen strukturelle Veränderungen in der CDU herbeiführen, um den Frauen mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen und zu ermöglichen.
Schulz: In Kommissionen Themen zu versenken, bei denen man nicht so richtig schnell Fortschritt erzeugt, das soll ja im politischen Geschäft ab und zu mal vorkommen. Ich habe in der "Süddeutschen Zeitung" ihre Forderung nach einer paritätischen Listenbesetzung gesehen. Das ist ja das Projekt, das zuletzt Brandenburg in die Tat umgesetzt hat, allerdings auch gegen viel Protest zum Beispiel auch aus der CDU. Die Frage: Ist das ein realistisches Projekt unter einer Merz-CDU?
Widmann-Mauz: Das werden wir sehen. Wir haben in dieser Kommission die Aufgabe, unsere Satzung zu verändern, denn wir wollen als Frauen ja nicht abhängig davon sein, ob der oder die jeweilige Vorsitzende gerade unsere Themen und die Strukturen so prägt, wie sie angemessen und zeitgemäß sind. Deshalb ist das kein Versenken in irgendwelchen Gremien, sondern es geht darum, Strukturen zu schaffen, an denen man sich orientieren kann und die auch Sicherheit bieten, Verlässlichkeit bieten. Und wir werden mit demjenigen, der dann für den Parteivorsitz zur Wahl steht, natürlich genau die Gespräche führen und davon natürlich auch abhängig machen, inwieweit unsere Unterstützung gegeben ist. Deshalb ist es klug, sich bereits im Vorfeld darum zu bemühen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.