In seinen Reden gibt es Passagen, die Bundespräsident Joachim Gauck ausschmückt, in denen er vom Manuskript abweicht. Doch geht es um Ceta, tut er das nicht:
"Gerade in diesen Tagen, hier in Ottawa, können wir erleben, wie sich die kanadische Regierung und die Europäische Union bemühen, die Ceta mit einem strategischen Partnerschaftsabkommen und dem Wirtschafts- und Handelsabkommen Ceta noch weiter zu intensivieren."
Diesem verschlungenen Satz schiebt er dann doch noch dies hinterher:
"Habe mich vorsichtig genug ausgedrückt, gell?"
Gauck wird auf die Ceta-Debatte angesprochen, wie auch die 16-köpfige Wirtschaftsdelegation auf dieser Reise. Michael Vassiliadis, Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie räumt ein, die Vorbehalte aus Deutschland kämen für die kanadische Seite teils überraschend:
"Wir sollten an einer Stelle nicht zur Absurdität kommen: Wir verhandeln ein Freihandelsabkommen und anschließend erwecken wir den Eindruck, wir vertrauen unserem Verhandlungspartner nicht. Das ist doch absurd."
Kritiker von Ceta, meint der Gewerkschafter, behaupteten, die Kanadier seien nur darauf erpicht, den Investorenschutz so streng zu formulieren, damit sie Deutschland mit Milliardenklagen überziehen könnten. Das aber sei eine falsche Erwartung - auch Kanadas Konzerne sähen lieber Verfahren vor ordentlichen deutschen Gerichten, so Vassiliadis.
"Das kann man regeln, wenn man es regeln will. Und da ist mein Eindruck, und so ist es auch gesagt worden, das die Rechtskultur in Kanada das auch so sieht und so praktiziert."
Kritik an der Kritik aus Deutschland
In ihren Gesprächen im kanadischen Handelsministerium oder Wirtschaftsverbänden bemühen sich die Deutschen, die Diskussion von der anderen Atlantikseite kleiner erscheinen zu lassen.
"Es gibt eine Community, die auch wirklich an jedem Thema maximal dunkle Seiten erkennen will. Und gerade das Thema Ökonomie und das Thema Welthandel kritisch stellt."
Wenn die deutsche Wirtschaft auf deutsche Ceta-Bedenken angesprochen wird, kann einer in der Gruppe praktisch regierungsamtlich antworten: Uwe Beckmeyer, SPD, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Wie sein Vorgesetzter Sigmar Gabriel meint Beckmeyer, die EU-Kommission sei auf dem absolut falschen Dampfer, wenn sie Nachverhandlungen ausschließe:
Ähnlicher Pragmatismus auf beiden Seiten
"Ich habe manchmal den Eindruck, da wird mit einer gewissen Vogel-Friss-Oder-Stirb-Mentalität argumentiert, und das ist nicht richtig."
Ohnehin wüssten die Kanadier, dass die Blockade der Kommission in Brüssel enden könnte, sobald die neue im Amt ist. Dann mögen die Verhandlungen zwar noch länger dauern, aber es zahle sich aus, wie sich Kanada und Europa ähnelten.
"Kanada ist, jedenfalls in einigen Bereichen, sehr, sehr pragmatisch in der Frage. Und das ist eigentlich gut. Auch wir sind in der Frage ja Pragmatiker in der Frage. In Ottawa ist bekannt: Ein Land mit großen Energiereserven, mit reichlich Öl und Gas wird in Berlin geschätzt - zumal es politisch verlässlicher ist als viele der übrigen Lieferanten."
Ist sich Michael Vassiliadis, der Gewerkschafter, mit Hartmuth Zeiß, Vorstandsvorsitzender von Vattenfall Europe Mining einig - einer, der sich vor allem für den üppigen kanadischen Energiemarkt interessiert.
"Wir haben, glaube ich, in Deutschland einen relativ großen Widerstand gegen alles, was nicht das ist, was gewöhnt ist seit 20, 30 Jahren."