Ein Gewinner der Champions League steht schon fest: Katar. Das Emirat am Persischen Golf besitzt Paris Saint-Germain und sponsert den FC Bayern. Seit Jahren reisen beide Klubs für Trainingslager und Marketingtermine nach Doha. Mehr als eine Milliarde Euro soll Katar in PSG investiert haben, ein Viertel in den brasilianischen Starspieler Neymar. Europäische Medien kritisieren diese Investitionen als Aushöhlung der europäischen Fußballkultur. Doch für Katar sind sie ein günstiger Beitrag zur Sicherheitsarchitektur.
Investitionen haben historische Gründe
Das hat historische Gründe: 1990 war der übermächtige Irak unter Saddam Hussein in das kleine Kuweit einmarschiert, die USA mussten zur Befreiung anrücken. Seither fürchtet sich Katar vor vergleichbaren Aggressionen aus der Nachbarschaft. Iran zählt rund 700.000 Streitkräfte, Saudi-Arabien 150.000 und Katar: 12.000. Diesen Mangel an militärischer Macht will Doha mit Soft Power ausgleichen: mit dem eigenen Fernsehsender Al Jazeera, mit milliardenschweren Investitionen in Kultur und mit Partnerschaften zu renommierten US-Universitäten. Oder eben mit Fußball: Über die Verbindungen zum FC Bayern und zu Paris Saint-Germain entstehen Kontakte zur deutschen und französischen Politik und Wirtschaft.
Katar gilt als Vermittler in der Krisenregion
Wahrscheinlich sind diese Kontakte in den Westen dafür ausschlaggebend, dass Saudi-Arabien sich seinen kleinen Nachbarn noch nicht einverleibt hat. Riad belässt es seit 2017 bei einem wirtschaftlichen Boykott Katars. Mit neuen Routen für Lebensmittelimporte und Flugreisen hat sich Doha schnell auf dieses Embargo eingestellt. Katar, eine Halbinsel mit 2,5 Millionen Einwohnern, bleibt ein wichtiger Vermittler in den Krisen der Region, mit Kontakten zum Libanon und zum Iran. Nur wenige Länder mit vergleichbarer Größe haben solche Wurzeln in der Weltpolitik geschlagen.
Machtverhältnisse verschieben sich
Dass Fußballklubs aus demokratischen Ländern mit ihrer Reichweite diese Außenpolitik legitimieren, ist aber mehr als bedenklich. Die katarische Erbmonarchie duldet keine kritische Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien. Die rund 250.000 katarischen Staatsbürger haben eines der höchsten Prokopfeinkommen der Welt, doch viele der 2,3 Millionen Gastarbeiter leben in menschenunwürdigen Bedingungen. Spieler und Funktionäre des FC Bayern könnten differenziert darauf hinweisen. Doch kritische Töne werden in der Fußballindustrie nicht gern gehört. So verschieben sich die Machtverhältnisse des Sports weiter nach Osten, nicht nur nach Katar, sondern auch in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach China. Vereine wie der FC Bayern und seine Sponsoren profitieren: finanziell. Autokratische Staaten wie Katar profitieren: politisch.