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Einlass-Chaos
Organisatorisches Versagen bedarf Aufarbeitung

Tausende Fans hatten beim Champions League-Finale zwischen dem FC Liverpool und Real Madrid in Paris Schwierigkeiten ins Stadion zu kommen. Viele warteten vergeblich, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Gerüchte zu gefälschten Tickets und Drohungen, um Video-Aufnahmen zu löschen, kursieren. Eine Einschätzung.

Chaled Nahar im Gespräch mit Astrid Rawohl | 29.05.2022
Vor dem UEFA-Champions-League-Finale Liverpool gegen Real Madrid stehen Liverpool-Anhänger dicht gedrängt vor den Gittern der geschlossenen Tore des Stade de France.
Am Einlass für die Liverpool-Fans hatte es vor dem Champions-League-Finale in Paris große Probleme gegeben. Die Polizei setzte Tränengas ein. (IMAGO/Offside Sports Photography/Charlotte Wilson)
Wer hat die Schuld an den Verzögerungen beim Einlass und der Eskalation? Die UEFA schreibt sie den Fans zu: Gäste-Fans aus Liverpool seien verspätet am Stadion angekommen. Außerdem hätte es gefälschte Tickets gegeben, die die Drehkreuze blockiert haben. Laut der Polizei hätten auch Fans ohne Karten versucht, ins Stadion zu kommen.
„Aber das solche Dinge, das größte Fußballspiel Europas gefährden, das wirkt schon ein bisschen merkwürdig. Hier sieht man eher ein organisatorisches Versagen“, urteilt Chaled Nahar im Deutschlandfunk.

Extreme Engstelle

Die Fans hätten zuerst durch eine extreme Engstelle kommen müssen, die von quergestellten Mannschaftswagen der Polizei konstruiert wurde. Im Anschluss staute es sich im Zwischenraum zwischen dem ersten Zugang und den Drehkreuzen ins Stadion. Viele warteten stundenlang, auch vergeblich.
Dass es zu Gedrängel kommt, gerade an den Gäste-Eingängen sei keine Ausnahme. Vor allem, wenn es nicht vorangeht, wächst die Ungeduld, sagt Nahar:
„Wenn Fans tausende Euros ausgeben, lange Reisen auf sich nehmen, um dann da zu sein. Der Anpfiff rückt näher, dann entsteht Ungeduld. Dann entsteht bisweilen eine Art von Panik, besonders wenn Enge entsteht.“
Damit die Situation vor dem Einlass entzerrt werde, müssten andere Zugänge geschaffen werden: „Einen Zugang herzustellen, der menschenwürdig ist, der nicht diese Enge zeigt, der zugleich zügig und nachvollziehbar ist. Wenn ich sehe, vorne tut sich was, habe ich auch die Geduld zu warten.“

Aufarbeitung notwendig

Aber nicht nur die Enge, sondern auch der Einsatz der Polizeikräfte sei ein Problem gewesen. „Dieser Einsatz wirkt überrobust und die Frage stellt, sich ob das nötig war.“
Die Organisation und der Einsatz müssten aufgearbeitet werden, die Schuld den Fans zuzuschieben, komme Hohn gleich, auch wenn Szenen, wie über Zäune kletternde Personen, nicht vorkommen dürfen:
„Wenn man es schafft, den ganzen Zugang zu entzerren, das ist im Grunde das ganze Problem, dann kann man solcher Situationen auch einfacher Herr werden.“
Von der UEFA gibt es bisher kein Wort zu einem organisatorischen Versagen. Man wolle die Situation überprüfen. Nahar vermutet: „Dort scheint das Zusammenspiel mit den lokalen Behörden nicht besonders gut zu funktionieren und das ist ein Thema, dem man sich annehmen muss.“
Das Ganze wirke aber schon merkwürdig, denn schließlich habe Paris auch in der Vergangenheit schon große Sportevents ausgerichtet wie Spiele der WM 1998, der EM 2016 oder Europapokal-Endspiele.