"Ich bin ein Berliner"
26. Juni 1963. John F. Kennedy, der junge Präsident ist nach Berlin gekommen. In die geteilte Stadt. Die Kinder haben schulfrei, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes einen zusätzlichen Tag Urlaub bekommen. Damit die Straßen dann auch sicher voll sind. Lange war hinter den Kulissen - zwischen Berliner Senat und der Bundesregierung gestritten worden, wer auf der Fahrt durch die Stadt neben dem Präsidenten im offenen Wagen sitzen darf, Berlins regierender Bürgermeister Willy Brandt oder Konrad Adenauer. Der Bundeskanzler. Vor dem Schöneberger Rathaus fällt er dann - der Satz:
"Ich bin ein Berliner!"
"Diese Rede, wenn man sie liest, dann sieht man, dass das eine ganz harte Kalte Kriegsrede gewesen ist."
Harald Biermann, Historiker und Leiter der Kommunikation im Haus der Geschichte in Bonn. Die Stimmung ist angespannt zwischen Washington und Bonn vor dem Besuch. Der alte Kanzler und der junge Präsident sind sich nicht grün. Das Vertrauen der West-Berliner ist erschüttert. Sie verstehen nicht, warum die USA gut zwei Jahre vorher, am 13. August 1961, Tage brauchen, um auf den Bau der Mauer zu reagieren und ihn nicht stoppen. Sie fürchten: Kommt es hart auf hart, dann lässt Kennedy uns im Stich.
"Er hat dann bewusst in Kauf genommen, die Sowjetunion zu provozieren, um eben die Westberliner Bevölkerung auf seine Seite zu bringen. Und das ist ihm ja auch gut gelungen."
Charisma und perfekte Inszenierung. Die Stadt liegt Kennedy zu Füßen. Er hat das Vertrauen in die Schutzmacht Amerika wieder hergestellt. Und ganz nebenbei eine neue Tradition begründet. Seitdem steht sie fest auf dem Programm der US-Präsidenten. Die Reise nach Berlin. Gern mit Rede vor historischer Kulisse.
"Mr. Gorbatschow. Open this Gate."
Ronald Reagen vor dem Brandenburger Tor am 12. Juni 1987. Deutscher Jubel für den milde gewordenen Kalten Krieger. Das war nicht immer der Fall. Fast genau fünf Jahre zuvor kommt Reagan für einen NATO-Gipfel nach Bonn. Und vierhunderttausend Menschen gehen auf die Straße. Proteste gegen die Stationierung amerikanischer Pershing-Raketen in der Bundesrepublik. Eine der größten Demos in der Geschichte Deutschlands
"Mr. Gorbatschow. Tear down this Wall."
Bis die Mauer dann fällt, vergehen noch gut zwei Jahre - Michael Gorbatschow, lässt es geschehen. Und Reagan? Wird zwar später Berliner Ehrenbürger. Der Präsident in Washington heißt 1989 aber George Bush. Senior. Der wird von den Deutschen zunächst nicht geliebt, macht sich jedoch für die deutsche Einheit stark – auch gegen Widerstand in Europa.
"Wir Deutschen wissen, wie viel wir Ihnen, unseren amerikanischen Freunden verdanken. Niemals werden wir, niemals werde ich ganz persönlich Ihnen das vergessen."
Angela Merkel bei Ihrer Rede vor dem Kongress in Washington. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung. Das Verhältnis der beiden Staaten aber hat sich grundlegend gewandelt. Der Kalte Krieg ist zu Ende, Deutschland braucht keinen Beschützer mehr, die USA kein Bollwerk gegen den Feind im Osten.
"Es ist sicher eine pragmatischere Beziehung heute. Es sind nicht mehr die emotionalen Bindungen. Es ist auch nicht immer dieser Automatismus in den Transatlantischen Beziehungen, sondern man muss immer wieder daran arbeiten."
Harald Leibrecht. Koordinator der Bundesregierung für die Transatlantischen Beziehungen. Diese Beziehungsarbeit läuft mal besser, mal schlechter. Nach dem 11. September 2001 verspricht Bundeskanzler Gerhard Schröder den USA uneingeschränkte Solidarität – und meint damit auch militärische. Doch nur ein gutes Jahr später findet der deutsche Außenminister, Joschka Fischer, das Argument der Amerikaner für einen Krieg im Irak nicht überzeugend. Massenvernichtungswaffen:
"Excuse me, I am not convinced."
Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder lehnt die deutsche Beteiligung an dem Einsatz ab. Die Transatlantische Beziehung wird eisig. Der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schimpft über das alte Europa, die da noch kurz amtierende Bundesjustizministerin Herta-Däubler-Gmelin erklärt später vehement, sie habe Bush Junior auf einer Wahlveranstaltung nicht mit Hitler verglichen.
Trotz dieses Streits: George W. Bush nahm sich den Rat Kennedys an seine Nachfolger sehr zu Herzen: Sind sie deprimiert, fahren Sie nach Deutschland. Auch wenn die Leute eher schimpften als jubelten: George W. brachte es – wie sein Vorgänger Bill Clinton - auf fünf Deutschlandbesuche.
Wirklich Begeisterungsstürme gab es aber erst wieder für einen anderen. Einen, der den unbeliebten republikanischen Präsidenten beerben wollte. Einen jungen schwarzen Senator, der die Welt aufrief, nach Berlin zu schauen.
"People of the World look at Berlin. Where a wall came down…"
Auch wenn Barack Obama nicht vor dem Brandenburger Tor sprechen durfte, weil er ja noch nicht Präsident war. Den Menschen war es egal. Hunderttausende drängten sich auf der Straße des 17. Juni, um den Hoffnungsträger vor der Siegessäule sprechen zu sehen. Ein Volksfest. Jubel. Und über den Köpfen die Rauchschwaden von frisch gegrillter Bratwurst.
Wenn Obama morgen wieder in Berlin spricht, ist alles anders. Die Kulisse dieses Mal: Das Brandenburger Tor. Abgesperrt. Ließ sich der Kandidat Obama noch in Sporthose von Touristen fotografieren, sehen ihn dieses Mal nur die viertausend geladenen Gäste, die in die Sicherheitszone dürfen.
"Als er das erste Mal antrat, hat er Erwartungen geweckt, aber mehr noch sind Erwartungen auf ihn projiziert worden, die kein Mensch erfüllen konnte."
Ruprecht Polenz. Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages.
"Die Welt ist kompliziert, und auch der mächtigste Mann der Welt kann sie nicht so gestalten, alleine, wie er das gerne möchte."
Gut viereinhalb Jahre nach seiner ersten Wahl, zwei Kriege und Drohneneinsätze mit gezielten Tötungen, eine Finanzschulden- und Bankenkrise und das weltweite Ausspionieren von Daten im Internet später. Was ist vom Besuch des Präsidenten zu halten?
"Wegen dem Obama sind wir nicht hier. Wir wollen uns nur Berlin anschauen."
"Obama fand ich vor einigen Jahren noch sehr gut. Aber dem stehe ich jetzt zunehmend sehr kritisch gegenüber. Denn er hat ja eigentlich nichts gehalten von dem, was er versprochen hat."
"Also ich hoffe, oder ich erwarte sehr viel, weil Obama ja eigentlich ein aufrichtiger Mann ist."
Viele aber zucken auch nur mit den Schultern. Obama in Berlin? Egal!
"Obama wird sich geben wie ein typischer Politiker. Er wird um den heißen Brei herumreden und danach wird er mit Applaus gehen."
26. Juni 1963. John F. Kennedy, der junge Präsident ist nach Berlin gekommen. In die geteilte Stadt. Die Kinder haben schulfrei, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes einen zusätzlichen Tag Urlaub bekommen. Damit die Straßen dann auch sicher voll sind. Lange war hinter den Kulissen - zwischen Berliner Senat und der Bundesregierung gestritten worden, wer auf der Fahrt durch die Stadt neben dem Präsidenten im offenen Wagen sitzen darf, Berlins regierender Bürgermeister Willy Brandt oder Konrad Adenauer. Der Bundeskanzler. Vor dem Schöneberger Rathaus fällt er dann - der Satz:
"Ich bin ein Berliner!"
"Diese Rede, wenn man sie liest, dann sieht man, dass das eine ganz harte Kalte Kriegsrede gewesen ist."
Harald Biermann, Historiker und Leiter der Kommunikation im Haus der Geschichte in Bonn. Die Stimmung ist angespannt zwischen Washington und Bonn vor dem Besuch. Der alte Kanzler und der junge Präsident sind sich nicht grün. Das Vertrauen der West-Berliner ist erschüttert. Sie verstehen nicht, warum die USA gut zwei Jahre vorher, am 13. August 1961, Tage brauchen, um auf den Bau der Mauer zu reagieren und ihn nicht stoppen. Sie fürchten: Kommt es hart auf hart, dann lässt Kennedy uns im Stich.
"Er hat dann bewusst in Kauf genommen, die Sowjetunion zu provozieren, um eben die Westberliner Bevölkerung auf seine Seite zu bringen. Und das ist ihm ja auch gut gelungen."
Charisma und perfekte Inszenierung. Die Stadt liegt Kennedy zu Füßen. Er hat das Vertrauen in die Schutzmacht Amerika wieder hergestellt. Und ganz nebenbei eine neue Tradition begründet. Seitdem steht sie fest auf dem Programm der US-Präsidenten. Die Reise nach Berlin. Gern mit Rede vor historischer Kulisse.
"Mr. Gorbatschow. Open this Gate."
Ronald Reagen vor dem Brandenburger Tor am 12. Juni 1987. Deutscher Jubel für den milde gewordenen Kalten Krieger. Das war nicht immer der Fall. Fast genau fünf Jahre zuvor kommt Reagan für einen NATO-Gipfel nach Bonn. Und vierhunderttausend Menschen gehen auf die Straße. Proteste gegen die Stationierung amerikanischer Pershing-Raketen in der Bundesrepublik. Eine der größten Demos in der Geschichte Deutschlands
"Mr. Gorbatschow. Tear down this Wall."
Bis die Mauer dann fällt, vergehen noch gut zwei Jahre - Michael Gorbatschow, lässt es geschehen. Und Reagan? Wird zwar später Berliner Ehrenbürger. Der Präsident in Washington heißt 1989 aber George Bush. Senior. Der wird von den Deutschen zunächst nicht geliebt, macht sich jedoch für die deutsche Einheit stark – auch gegen Widerstand in Europa.
"Wir Deutschen wissen, wie viel wir Ihnen, unseren amerikanischen Freunden verdanken. Niemals werden wir, niemals werde ich ganz persönlich Ihnen das vergessen."
Angela Merkel bei Ihrer Rede vor dem Kongress in Washington. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung. Das Verhältnis der beiden Staaten aber hat sich grundlegend gewandelt. Der Kalte Krieg ist zu Ende, Deutschland braucht keinen Beschützer mehr, die USA kein Bollwerk gegen den Feind im Osten.
"Es ist sicher eine pragmatischere Beziehung heute. Es sind nicht mehr die emotionalen Bindungen. Es ist auch nicht immer dieser Automatismus in den Transatlantischen Beziehungen, sondern man muss immer wieder daran arbeiten."
Harald Leibrecht. Koordinator der Bundesregierung für die Transatlantischen Beziehungen. Diese Beziehungsarbeit läuft mal besser, mal schlechter. Nach dem 11. September 2001 verspricht Bundeskanzler Gerhard Schröder den USA uneingeschränkte Solidarität – und meint damit auch militärische. Doch nur ein gutes Jahr später findet der deutsche Außenminister, Joschka Fischer, das Argument der Amerikaner für einen Krieg im Irak nicht überzeugend. Massenvernichtungswaffen:
"Excuse me, I am not convinced."
Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder lehnt die deutsche Beteiligung an dem Einsatz ab. Die Transatlantische Beziehung wird eisig. Der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schimpft über das alte Europa, die da noch kurz amtierende Bundesjustizministerin Herta-Däubler-Gmelin erklärt später vehement, sie habe Bush Junior auf einer Wahlveranstaltung nicht mit Hitler verglichen.
Trotz dieses Streits: George W. Bush nahm sich den Rat Kennedys an seine Nachfolger sehr zu Herzen: Sind sie deprimiert, fahren Sie nach Deutschland. Auch wenn die Leute eher schimpften als jubelten: George W. brachte es – wie sein Vorgänger Bill Clinton - auf fünf Deutschlandbesuche.
Wirklich Begeisterungsstürme gab es aber erst wieder für einen anderen. Einen, der den unbeliebten republikanischen Präsidenten beerben wollte. Einen jungen schwarzen Senator, der die Welt aufrief, nach Berlin zu schauen.
"People of the World look at Berlin. Where a wall came down…"
Auch wenn Barack Obama nicht vor dem Brandenburger Tor sprechen durfte, weil er ja noch nicht Präsident war. Den Menschen war es egal. Hunderttausende drängten sich auf der Straße des 17. Juni, um den Hoffnungsträger vor der Siegessäule sprechen zu sehen. Ein Volksfest. Jubel. Und über den Köpfen die Rauchschwaden von frisch gegrillter Bratwurst.
Wenn Obama morgen wieder in Berlin spricht, ist alles anders. Die Kulisse dieses Mal: Das Brandenburger Tor. Abgesperrt. Ließ sich der Kandidat Obama noch in Sporthose von Touristen fotografieren, sehen ihn dieses Mal nur die viertausend geladenen Gäste, die in die Sicherheitszone dürfen.
"Als er das erste Mal antrat, hat er Erwartungen geweckt, aber mehr noch sind Erwartungen auf ihn projiziert worden, die kein Mensch erfüllen konnte."
Ruprecht Polenz. Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages.
"Die Welt ist kompliziert, und auch der mächtigste Mann der Welt kann sie nicht so gestalten, alleine, wie er das gerne möchte."
Gut viereinhalb Jahre nach seiner ersten Wahl, zwei Kriege und Drohneneinsätze mit gezielten Tötungen, eine Finanzschulden- und Bankenkrise und das weltweite Ausspionieren von Daten im Internet später. Was ist vom Besuch des Präsidenten zu halten?
"Wegen dem Obama sind wir nicht hier. Wir wollen uns nur Berlin anschauen."
"Obama fand ich vor einigen Jahren noch sehr gut. Aber dem stehe ich jetzt zunehmend sehr kritisch gegenüber. Denn er hat ja eigentlich nichts gehalten von dem, was er versprochen hat."
"Also ich hoffe, oder ich erwarte sehr viel, weil Obama ja eigentlich ein aufrichtiger Mann ist."
Viele aber zucken auch nur mit den Schultern. Obama in Berlin? Egal!
"Obama wird sich geben wie ein typischer Politiker. Er wird um den heißen Brei herumreden und danach wird er mit Applaus gehen."