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Charles de Foucauld
"Ich bin nicht hier, um zu bekehren, sondern um zu verstehen"

Als junger Offizier führte der französische Adelige ein ausschweifendes Leben, dann zog es ihn in die Wüste Nordafrikas. Als er kurz vor der Konversion zum Islam stand, entdeckt Charles de Foucauld seine christlichen Wurzeln - und wurde Mönch. In einem algerischen Kloster lebte er das vor, was heute "interreligiöser Dialog" heißt: Zum 100. Todestag des Vermittlers zwischen Christentum und Islam.

Von Corinna Mühlstedt |
    Archives of French monk Charles de Foucauld (dead in 1916) beatified by Cardinal Jose Saraiva Martins and Pope Benedict XVI, in St. Peter's Basilica at the Vatican, on November. 13, 2005. Photo by Jose Nicolas +++(c) dpa - Report+++ |
    Charles de Foucauld wurde in Rom selig gesprochen (dpa / picture alliance / Jose Nicolas)
    "Es gibt keinen Augenblick in unserem Leben, in dem wir nicht einen neuen Weg beginnen könnten und müssten, ein neues Dasein!"
    Als Charles de Foucauld diese Worte schreibt, hat der französische Adlige das mondäne Leben europäischer Metropolen hinter sich gelassen und ist als Eremit in die Sahara gezogen. Schritt für Schritt wurde aus dem Atheisten und Offizier Foucauld ein Mönch. Mehr noch: eine lebendige Brücke zwischen der Kolonialmacht Frankreich und den muslimischen Nomaden Nordafrikas.
    Keine großen Worte sondern lebendiges Beispiel
    "Ich möchte alle - Christen, Muslime und Juden - daran gewöhnen, in mir ihren Bruder zu sehen, - einen Freund aller, der bereit ist, zu helfen, ohne etwas dafür zu verlangen."
    Gemäß diesem Motto lebt Foucauld 15 Jahre in der algerischen Wüste. Während des 1. Weltkriegs wird er bei einem Überfall von Aufständischen am 1. Dezember 1916 ermordet. Eine Biographie des Schriftstellers René Bazin macht den Einsiedler kurz darauf weltberühmt. Sein Lebensstil findet Nachfolger. 2005 wird Foucauld in Rom selig gesprochen. Der Trappist Jean-Pierre Flasheur, der seit Jahrzehnten in Nordafrika lebt, charakterisiert ihn so:
    "Die bleibende Botschaft von Charles de Foucauld ist nicht in seinen Schriften zu finden, sondern in seinem Leben. Er war als Christ allein unter Muslimen, die seinen Glauben nicht teilten. Aber er hat keine großen Worte über seine Religion verloren, sondern einfach ein lebendiges Beispiel gegeben. Das ist der Punkt."
    Schmerzliche Leere in einem opulenten Leben
    Das Abenteuer beginnt 1880. Charles de Foucauld ist 22 Jahre alt. Er hat nach dem frühen Tod der Eltern seinen christlichen Glauben verloren. Als junger Offizier rebelliert er gegen jede bestehende Ordnung mit einem ausschweifenden Lebensstil und geradezu kindischen Streichen. Er schleicht sich verkleidet aus der Kaserne und hat Affären mit jungen Frauen. Das löst Skandale aus. Freunde bewundern seinen Mut. Er selbst sieht es anders:
    "Ich empfand damals eine schmerzliche Leere. Alles war mir öde. Unendliche Langeweile und quälende Unruhe nahmen mich gefangen. In mir war Nacht. Ich konnte niemand und nichts mehr wahrnehmen, weder Gott noch Mensch - nur mich."
    All dies wird dem jungen Franzosen aber nur schrittweise bewusst, sagt der Mailänder Theologieprofessor Pierangelo Sequeri:
    "Ich glaube, diese Leere, die sich in ihm auftat, war für ihn selbst eine Überraschung, denn er führte ein wirklich opulentes Leben. Aber es füllte ihn eben nicht aus. Manche meinen, sein Zustand hatte etwas mit der 'dunklen Nacht der Seele' zu tun, die ein Mystiker durchlebt, bevor er seine wahre Berufung findet. Dem jungen Charles war das nicht klar."
    Abschied vom Militär im tiefgläubigen Algerien
    Charles ist hin und her gerissen zwischen Orientierungslosigkeit und einem exzessiven Lebenswandel, als sein Regiment 1880 von Frankreich nach Algerien verlegt wird. Man befürchtet Unruhen in dem nordafrikanischen Land, das seit Jahrzehnten unter französischer Kolonialherrschaft steht. Der Ortswechsel zeigt dem jungen Offizier eine unbekannte Welt.
    Ein Jahr später schlägt die Abteilung, in der Charles dient, tatsächlich den Aufstand einheimischer Stämme nieder. Dabei entwickelt er erstmals Sympathie für die Algerier, meint der Biograph Hoffmann-Herreros:
    "Ihm imponiert der Mut, mit dem die Nordafrikaner sich gegen die Kolonialmacht wehren, und dass sie besonders erbittert sind, weil die Franzosen eine muslimische Pilger-Stätte zerstört haben. Der Islam beeindruckt ihn. Welch tiefen Glauben mussten diese Muslime haben, da sie den Kampf unterbrechen, um zu beten? Foucauld vergleicht ihren Gebetseifer mit der Glaubenspraxis französischer Durchschnittschristen, und schämt sich für die Christen."
    Die menschenleere Sarah - endloser Wüstensand mit Verwehungen und einer Wüstenstraße. Darüber Himmel.
    Algerische Sahara - Die Weite der Wüste hatte es Charles de Foucauld angetan (TOROMORO/MAXPPP/ Oussama Ayoub)
    1882 nimmt Charles de Foucauld seinen Abschied vom Militär und beschießt, den Norden Afrikas als Forschungsreisender zu erkunden. Die Weite der Wüste hat es ihm angetan.
    Getarnt als Jude auf Forschungsreise nach Marokko
    "Ich hatte in Algerien acht Monate unter einem Zelt in der Sahara verbrachte. Da bekam ich großen Geschmack am Reisen."
    1883 wagt er eine fast einjährige Forschungsreise in das benachbarte Königreich Marokko, das sich bislang gegenüber christlichen Europäern hermetisch abschließt. Charles macht sich in Begleitung eines befreundeten Rabbi auf den Weg und tarnt sich als Jude Namens Joseph Aleman. Überfälle, Hunger und Krankheiten bringen ihn öfter an den Rand seiner Kräfte. Doch es gelingt ihm, Marokko vom Norden bis in die Sahara zu durchqueren. Unter den marokkanischen Juden und Muslimen findet Charles aufrichtige Freunde, die ihm manchmal sogar das Leben retten.
    Zugleich macht er tiefe spirituelle Erfahrungen. Eines Nachts notiert er zwischen dem Atlas-Gebirge und der Wüste:
    "Der Mond steht mitten in einem wolkenlosen Himmel und verbreitet mildes Licht. Die Luft ist lau und von keinem Windhauch bewegt. In der tiefen Ruhe erinnere ich mich an mein erstes Lager in der Sahara. In der Intensität solcher Nächte begreift man den Glauben der Araber an eine geheimnisvolle Nacht, in der die ganze Natur sich verneigt, um ihren Schöpfer anzubeten."
    Die bedingungslose Hingabe vieler Muslime an diesen Schöpfer und die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich im Gebet vor ihm niederwerfen, beeindrucken Charles zunehmend.
    Mit Teppich und Kaftan zurück in Paris
    Als er nach Frankreich zurückkehrt und seine Aufzeichnungen über Marokko veröffentlicht, bringt ihm das große Anerkennung. 1885 wird ihm in Paris die Goldmedaille der Geographischen Gesellschaft überreicht. Wichtiger als die Ehrung ist für ihn aber der spirituelle Gewinn, den er aus seiner Reise zieht:
    "Als ich diesen Glauben sah, diese Menschen, die ständig in der Gegenwart Gottes leben, begann ich etwas Größeres und Wahreres zu ahnen als die weltlichen Geschäfte."
    In seiner Pariser Wohnung behält Charles zunächst arabische Lebensgewohnheiten bei, er schläft auf einem Teppich und bekleidet sich mit einem Kaftan. Er studiert auch den Koran. Der Münchner Theologe und Foucauld-Experte Jürgen Rintelen beschreibt die Wirkung der Lektüre so:
    "Wie sehr hat Charles diese fremde Welt fasziniert! Sie hat angefangen, sein Denken zu erweitern. Scheint hier nicht Gültigeres auf als sein Skeptizismus? Freunden gegenüber lässt er sogar Überlegungen durchblicken, ob er nicht Moslem werden solle."
    Als Asket und Einsiedler in Syrien und Nazareth
    Doch die abendländische Familientradition der Foucaulds behält die Oberhand. Charles konvertiert nicht zum Islam, sondern entdeckt seinen christlichen Glauben neu. 1890 tritt in den Trappisten-Orden ein und schließt sich dem Kloster Akbes in Syrien an. Hier lebt er eine strenge Askese, arbeitet hart und meditiert häufig:
    "Sobald ich glaubte, dass Gott existiere, wusste ich: Ich kann nicht anders als ganz für ihn leben."
    Um Gott und dem historischen Jesus so nah wie möglich zu kommen, zieht Charles schließlich als Einsiedler nach Nazareth - in die Stadt, in der Jesus seine Jugend verbracht hatte. Er begeistert sich für die Lehren großer Mystiker wie Johannes vom Kreuz oder Teresa von Avila. Zunehmend betont er - ganz im Sinn der mittelalterlichen Mystik - die Notwendigkeit, vor Gott innerlich "klein" und "leer" zu werden:
    "Wenn unsere Seele ganz leer geworden ist, dann gibt sich Gott uns ganz, dann erfüllt er uns, dann vereint er sich mit uns. Dafür sind wir Menschen alle geschaffen."
    Alle Menschen? Spielt Charles mit dieser Formulierung auf außerchristliche mystische Traditionen an? Man weiß, dass er in der marokkanischen Sahara engen Kontakt zu muslimischen Mystikern hatte. In Syrien könnte er wiederum Texte von Sufis wie Jelalladin Rumi gelesen haben:
    "Stirb Deinem Ich und komm zum Leben aus Gott. Wer sich mit ihm vereinigt, muss sich ganz loslassen."
    Rückkehr nach Algerien zur geliebten Wüste
    Ahnt Charles de Foucauld bereits, dass die Mystik die Religionen verbindet? Glichen die tiefen Erfahrungen, die ihn als jungen Skeptiker in der Wüste Marokkos zum Nachdenken brachten, gar mystischen Erlebnissen? Fest steht: Die Erinnerung an Marokko lässt Foucauld zeitlebens nicht los. Er möchte nach Nordafrika zurückkehren.
    Ab 1896 absolviert Foucauld - dem Rat seiner kirchlichen Vorgesetzten folgend - ein Theologie-Studium in Rom. 1901 wird er zum Priester geweiht. Anschließend übersiedelt er nach Algerien und lässt sich nahe der marokkanischen Grenze in der Oase Beni Abbes nieder. Zufrieden schreibt er seinen Verwandten:
    "Sowohl die französischen Soldaten, die hier stationiert sind als auch die muslimischen Einheimischen haben mich sehr gut aufgenommen. Beni Abbes liegt inmitten eines Hains mit 6000 Dattelpalmen. Die Oase schmiegt sich an einen Hang. Oberhalb hat man einen weiten Blick über die Steinwüste, der sich in dem schönen Himmel der Sahara verliert und an die Ewigkeit Gottes denken lässt, der noch viel größer ist: Alluha Akbar!"
    "Alluha Akbar" - Gott ist größer als alle Vorstellungen! - Mit diesen Worten ruft der Muezzin alle Muslime fünf Mal am Tag zum Gebet.
    Charles nimmt ebenso oft nach monastischer Tradition sein Brevier zur Hand. In der Ruhe und Weite der Sahara findet der Mystiker Foucauld, was er sucht:
    "Die Wüste ist mir unendlich lieb. Es tut so gut in dieser Einsamkeit zu sein und die Ewigkeit vor Augen zu haben. Man spürt förmlich wie die Wahrheit einen ganz erfüllt."
    In Beni Abbes bemüht sich Charles, eine Brücke zwischen den Religionen und Kulturen zu werden. Die Ordensfrau Elli-Miriam Wagner, die seit Langem in Nordafrika zu Hause ist, erinnert sich:
    "Als er in Beni Abbes angekommen ist, - er hat dort ein kleines Kloster gegründet - sagte er: Ich möchte der Bruder aller Menschen sein, egal ob Christ oder Muslim, Ungläubiger oder Soldat. Für ihn war diese Offenheit für alle Menschen ganz fundamental."
    Leben unter den muslimischen Nomaden Tuareg
    Diese Einstellung prägt Foucauld auch Jahre später, als er weiter in den Süden Algeriens zieht und in dem Dorf Tamanrasset unter muslimischen Nomaden lebt, den Tuareg. Die Achtung vor der Tradition anderer, die er Zeit Lebens zeigt, ist damals keineswegs selbstverständlich. Als ein Islamwissenschaftler und Freund, Henrie de Castris, ihm ein neues Buch über den Islam zukommen lässt, bedankt sich Charles mit den Worten:
    "Ich bin auch dankbar, dass dieses Buch den Menschen die Wahrheit über den Islam zugänglich macht und sie von dem Wust der Fabeln über die Muslime befreit, die man in Europa täglich zu hören bekommt."
    Blick in die Hauptstraße von Tamanrasset, dem Hauptort der Tuareg. Mehrere Menschen, u.a. mit Turbanen bekleidet, laufen über einen Platz mit einem großen Baum und einem Haus im Hintergrund.
    Algerien: Tamanrasset - Stadt der Tuareg (dpa)
    Immer deutlicher erkennt Charles, dass die Ablehnung, die Christen und Muslime oft gegeneinander hegen, auch das Ergebnis zahlloser Vorurteile ist. Haben doch mehr als 1000 Jahre blutige Konflikte das Verhältnis zwischen den Anhängern beider Religionen geprägt. Die Folgen bekommt Foucauld auch in Tamanrasset schmerzlich zu spüren:
    "Die Tuareg, die hier leben, sind aufgrund von Jahrhunderte alten Vorurteilen uns Weißen gegenüber sehr distanziert, aber viel offener als die Araber. Fröhlich, neugierig werden sie schnell vertraut, sobald das Eis gebrochen ist. Sie haben aber so viel Schlechtes über uns "Ikufar" - das heißt Heiden - gehört, dass dieses Eis sehr schwer zu brechen ist."
    Schrittweise gewinnt Foucauld dennoch ihr Vertrauen. Bedürftige kommen in seine Einsiedelei. Er versorgt sie medizinisch oder teilt mit ihnen das wenige Essen, das er hat. Sie nennen ihn bald "Marabou", heiligen Mann, und verwenden dabei einen Titel, den sie seit Generationen muslimischen Asketen geben.
    Schwester Elli-Miriam sagt: "Charles de Foucauld hat sich auf diese andere Kultur eingelassen. Er hat Tage und Nächte damit verbracht ihre Sprache zu studieren, er hat ein Wörterbuch verfasst, das auch noch heute gültig ist, 2000 Seiten - und 6000 Seiten Tuareg-Poesie. Er hat von ihnen gelernt.
    Charles studiert auch die Musik der Tuareg. Im Lauf der Jahre gelingt es ihm, ihre Kultur sehr differenziert zu sehen - mit allen Stärken und Schwächen. Dabei betont er immer wieder:
    "Ich bin nicht hier, um die Tuareg zu bekehren, sondern um sie zu verstehen… Und ich bin zunehmend überzeugt, dass es auch nicht angebracht ist, Einzelbekehrungen anzustreben. Wohl aber müsste man die Bildung dieser Völker heben."
    Charles unterrichtet einzelne, kauft Sklaven frei und ermöglicht zwei befreundeten Tuareg eine Reise nach Frankreich. Beide sind beeindruckt von der dortigen Kultur, aber zugleich froh, in ihre Heimat zurückkehren zu können. Sie zeigen auch kein Interesse, den christlichen Glauben anzunehmen, bemerkt Foucauld. Und nicht nur das.
    "Eine alte Tuareg-Dame, der ich öfter geholfen hatte, erklärt mir eines Tages: 'Wie schrecklich, dass so ein guter Mensch wie Du bei seinem Tod in die Hölle kommt, weil er kein Moslem ist!' Sie gestand mir, dass sie und viele ihrer Bekannten täglich zu Gott beten, der 'Marabu' solle Moslem werden, damit er gerettet wird."
    Die Sorge um das Seelenheil des jeweils anderen besteht auf beiden Seiten. Auch Foucauld betet für seine muslimischen Tuareg-Freunde und fragt sich manchmal, ob sie nicht in ihrem eigenen Interesse Christen werden sollten:
    "Wann wird es so weit sein, dass sie in Sachen Religion zu der Überzeugung kommen, das Sicherste für sie sei, so zu glauben wie ich es tue?"
    Christlicher Mönch oder muslimischer Marabou?
    Das Sicherste? In dieser Formulierung spiegelt sich ein Dilemma, in dem sich Foucauld befindet: Denn nach der kirchlichen Lehre des 19. Jahrhunderts gilt die christliche Religion als die einzig wahre, die Menschen zum ewigen Leben führt. Erst ein halbes Jahrhundert nach Charles Tod wird die katholische Kirche während des Zweiten Vatikanischen Konzils ihre strenge Haltung korrigieren.
    In der Erklärung "Nostra Aetate" wird der Vatikan 1965 offiziell bekräftigen, dass auch in anderen Religionen Wahrheit ist, Foucauld weiß noch nichts von all dem. Doch in seinem Lebensstil verwirklicht er bereits viele Prinzipien des interreligiösen Dialogs und ist seiner Zeit damit weit voraus. Der Trappist Jean Pierre vermutet:
    "Charles de Foucauld wollte ein Zeugnis geben für ein christliches Leben und hatte anfangs wohl auch die Vorstellung, durch sein Beispiel andere bekehren zu können. Er hatte zunächst ein Kreuz auf seiner Kutte. Aber er hat dieses Kreuz dann gegen Ende seines Lebens entfernt. Er hat also vermutlich verstanden, dass auch der Islam die Menschen auf seine Weise zu Gott führen kann."
    Ein Gespräch, das Foucauld mit einem evangelischen Gast führte, bringt seine Haltung deutlich zum Ausdruck:
    "Sehen Sie, mein Freund, Sie sind Protestant, jener Herr ist ungläubig, die Tuareg sind Muslime. Und ich bin Mönch. Und ich bin sicher: Gott wird uns alle aufnehmen, wenn wir es verdienen."
    Dieser inneren Weite trägt Foucauld auch mit seinem Äußeren Rechnung. Ein Zeitzeuge, der Forscher Emil Gautier, erinnert sich:
    "Seinem Auftreten nach war nicht eindeutig, ob man es bei Charles mit einem christlichen Mönch oder einem muslimischen Marabou zu tun hatte. Sein Kittel aus Baumwolle passte zu beidem. Auf dem Kopf trug er eine Art Fez. Es gab Einheimische, die sich bei seinem Anblick irrten, ihn für einen Moslem hielten. Charles hat sich selten bemüht, solche Missverständnisse aufzuklären."
    Beim Aufstand der Einheimischen ermordet
    Denn nicht zuletzt macht ihm noch ein weiteres Thema zu schaffen: Das Christentum gilt zu seiner Zeit in Afrika weithin als Religion der Kolonialmächte und wird von vielen Einheimischen allein deshalb abgelehnt. Auch Charles ist häufig über das rücksichtslose und keineswegs christliche Verhalten mancher Europäer entsetzt. Oft schreibt er wütende Briefe an Vorgesetzte:
    "Obwohl viel Gutes getan werden könnte, verschlimmert man die jämmerliche intellektuelle Lage dieser Völker, indem man nur an ihnen verdienen will. Wenn Frankreich für seine Kolonien keine bessere Verwaltung zustande bringt, wird es die Kolonien verlieren."
    Foucauld sollte langfristig Recht behalten. Schon im Zuge des ersten Weltkriegs kommt es zu massiven Aufständen gegen die französische Besatzung. Selbst die endlose Weite der Sahara wird unsicher. Charles versucht zu vermitteln und hält einigen Freunden unter den französischen Soldaten ebenso die Treue wie den Tuareg. Die Ordensfrau Elli-Miriam sagt:
    "Er hätte nach Frankreich zurück können. Und er hat bewusst gewählt: Er bleibt. Und er hat so eine Art Lehm-Burg gebaut, damit die Menschen von Tamanrasset, wenn sie bedroht sind, dorthin fliehen können. Er wollte sie nicht allein lassen."
    Für seine Solidarität zahlt Foucauld allerdings einen hohen Preis. Am 1. Dezember 1916 wird er bei einem Überfall von Aufständischen, die diese Burg plündern wollen, erschossen. Kurz vor seinem Tod hat er in einem Brief an seine Cousine den spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz zitiert:
    "Unser Zunichte-Werden ist das mächtigste Mittel, uns mit Jesus zu verbinden und den Menschen Gutes zu tun."