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Charlie Brown, Snoopy und Linus feiern Bergfest

50 Jahre lang sind die Peanuts als täglicher Zeitungsstrip erschienen, das sind über 18.000 Folgen. In den USA sind sie bereits komplett als Werkausgabe erschienen. Die deutsche Übersetzung ist noch in Arbeit. Nach sechs Jahren ist immerhin mehr als die Hälfte geschafft.

Von Dirk Schneider |
    Snoopy, der auf dem Dach seiner Hundehütte liegt, Linus mit der Schmusedecke, Lucy, die für fünf Cent psychologische Beratung anbietet, und natürlich Charlie Brown, der beim Baseball mal wieder den Ball nicht fängt: Diese Bilder gehören zweifellos zum kollektiven Gedächtnis des 20. Jahrhunderts. Und das sicher auch, weil die Geschichten, die immer in genau vier Bildern stattfinden, für kleine und für große Leser gezeichnet sind:

    "Ein schönes Beispiel ist auch das kleine rothaarige Mädchen, nach dem Charlie Brown sich ja irgendwann zu verzehren beginnt. Das ist ja auch eine Erwachsenengeschichte in gewisser Hinsicht, weil das ist eine Frau gewesen, die Charles Schulz tatsächlich verehrt hat, und das ist eben wirklich unglücklich gelaufen, die hat jemand anderen geheiratet, und da hat er dann diese Liebe zu dem kleinen rothaarigen Mädchen draus gemacht."

    Matthias Wieland ist Übersetzer der Werkausgabe, in der die Peanuts, die als tägliche Zeitungsstrips erschienen sind, erstmals komplett und chronologisch in Buchform erscheinen. Erwachsenen-Probleme werden hier auf die Welt der Kinder heruntergebrochen, Kinder reden wie Erwachsene – vielleicht haben die Peanuts deshalb so große Köpfe, weil sie so komplizierte Gedanken darin herumwälzen.

    "Die Peanuts sind schon erkennbar Kinder, die sich auch in sehr vielen Bereichen kindlich verhalten. Die aber sehr viel Erwachsenes zeigen, vor allem in der Art, in der sie sich unterhalten."

    Doch nicht nur darum verpasst Wieland den Peanuts in der Neuübersetzung keine moderne Jugendsprache – das würde auch inhaltlich nicht passen.

    "Die Peanuts sind ja ein historisches Projekt. Insbesondere wenn man sich die Werkausgabe anschaut, dann erkennt man auch wirklich, wie Schulz ganze Jahre chronologisch abgearbeitet hat, wie immer wieder im Sommer Baseball gespielt wird, wie immer wieder Weihnachten gefeiert wird. Wie in den Jahren auftretende Ereignisse wie die 200-Jahres-Feier der USA aufgegriffen werden. Das bedeutet, wir können die Peanuts jetzt nicht heutige modernste Sprache reden lassen."

    Band 13 umfasst die Jahre 1975 und 1976, das Wasserbett wird in den Strips als Modeerscheinung aufgegriffen, und Joggen ist der neue In-Sport, ausgeübt natürlich von Snoopy. Schwerwiegendere historische Ereignisse wie das Ende des Vietnamkriegs finden aber keinen Raum in der sehr privaten Welt der Peanuts.

    Da jeder Strip auf eine Pointe hinausläuft, ist die Übersetzung keine einfache Arbeit. Zumal viele Wortwitze vorkommen, die sich in der Regel nicht übersetzen lassen. Hier macht sich Wieland mit Redakteur Michael Groenewald auf die Suche nach einer deutschen Entsprechung.

    Viele tagesaktuelle Bezüge der Zeitungsstrips sind heute oft nur noch schwer verständlich. Dann bemüht Wieland ein Netzwerk amerikanischer Experten, letzte Instanz ist Jeannie Schulz, die Witwe des Autors. Redakteur Groenewald zerbricht sich bis zum Schluss den Kopf, ob man richtig gelegen hat:

    "Im Grunde höre ich auf, darüber nachzudenken, ob der Strip funktioniert, in dem Moment, wo halt die Blaupause durch ist. Eigentlich kommt es immer vor, dass ich Matthias anrufe und sage: Strip 693, merke ich gerade, haben wir, glaube ich, gar nicht richtig verstanden. Lass uns den noch mal diskutieren."

    Die Werkausgabe sieht aus wie ein Comic, und das ist sie natürlich auch - sie ist aber auch eine Edition für Sprach- und Kulturwissenschaftler. In einem Glossar werden die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Strips erklärt, etwa wer der Baseballspieler Joe Garagiola war und dass es sich bei Charlie Browns Lieblingsspieler Joe Schlabotnik um eine Erfindung von Schulz handelt. Ein ausführlicher Index verweist auf Themen in den Strips wie "Björn Borg", "Krümelmonster" oder "Rolling Stones", aber auch auf Ausdrücke wie "Seufz", "Klotzkopf" oder "Wischiwaschi".

    Sechs Jahre arbeiten Wieland und Groenewald schon an der Übersetzung, weitere sechs stehen ihnen noch bevor – und die Qualität der Strips wird in die 80er Jahre hinein eher nachlassen. Doch sie lieben ihre Arbeit, und Übersetzer Matthias Wieland hat sich noch nicht allzu sehr an die kleinen Menschen mit den großen Köpfen angeglichen – behauptet er zumindest:

    "Also, natürlich habe ich eine Schmusedecke zu Hause, und ich habe angefangen, Baseball zu spielen und all diese Dinge. Nee, das jetzt eigentlich weniger, ich habe auch kein Faible für den Ersten Weltkrieg entwickelt und fange an, auf irgendwelchen Hundehütten zu sitzen. Also, es geht. Ich führe vielleicht auch Selbstgespräche mittlerweile wie Snoopy, das kann sein."