Gestern Abend gedachten mehr als 100.000 Menschen in ganz Frankreich der getöteten Journalisten. Sie versammelten sich in Paris, Lyon und anderen Städten, um ihre Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen zu zeigen.
Viele Teilnehmer der Solidaritätsveranstaltungen hatten Kerzen entzündet, andere trugen Plakate mit dem Bekenntnis "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie). Dieses Schlagwort wurde auch in den sozialen Netzwerken, unter anderem bei Facebook und Twitter, rasch verbreitet.
Täter offenbar identifiziert
Die Attentäter konnten zunächst entkommen. Am Abend löste die Polizei eine Großfahndung nach drei offenbar identifizierten Männern aus, wie französische Medien berichteten. Die Polizei sucht demnach unter anderem nach zwei Brüdern aus Paris mit französischer Staatsbürgerschaft. Auch ein dritter Mann sei identifiziert, hieß es unter Berufung auf Ermittlerkreise. Die Männer sollen 34, 32 und 18 Jahre alt sein. Berichte über Festnahmen dementierte das Innenministerium.
Nach dem Anschlag hatte es Ermittlern zufolge einen Schusswechsel zwischen den Tätern und Sicherheitskräften gegeben. Die Angreifer hätten auf ihrer Flucht einen Polizisten erschossen und später einen Fußgänger überfahren. Es habe mehrere Schießereien auf offener Straße gegeben. Die französische Regierung rief die höchste Terrorwarnstufe für den Großraum Paris aus. Für Gebäude wie Kirchen und Medienhäuser sowie für den Nahverkehr wurde der Schutz erhöht.
Frankreich trauert um die Opfer
Präsident François Hollande ordnete für heute einen Staatstrauertag an. Drei Tage lang sollen die Flaggen auf Halbmast hängen, kündigte er in einer Rede an die Nation an. Weltweit löste der Anschlag Bestürzung aus. In Berlin versammelten sich rund 500 Menschen vor der französischen Botschaft, um ihr Mitgefühl auszudrücken.
Mutmaßliche islamistische Extremisten hatten gestern die Redaktion der Pariser Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" gestürmt und zwölf Menschen getötet. Unter den Opfern der mit Kalaschnikows bewaffneten Attentäter waren unter anderem der Chefredakteur der religionskritischen Zeitschrift, Stephane Charbonnier, und zwei Polizisten. Weitere elf Menschen wurden verletzt, vier von ihnen schweben noch in Lebensgefahr.
Charbonnier hatte kurz zuvor eine letzte Karikatur gezeichnet, die aus jetziger Sicht makaber wirkt. Er hatte unter Polizeischutz gestanden, weil es gegen ihn und die Zeitschrift wiederholt Drohungen wegen islamkritischer Berichte und Mohammed-Karikaturen gegeben hatte.
Nicht der erste Anschlag auf Charlie HebdoDie Täter wählten für ihren Anschlag offenbar bewusst den Mittwochvormittag aus. Zu dem Zeitpunkt findet immer die Redaktionskonferenz statt. Corinne Rey, eine Augenzeugin und Zeichnerin von "Charlie Hebdo", sagte der Zeitung "L'Humanité", dass die Täter behauptet hätten, zur Terror-Organisation Al-Kaida zu gehören. Sie hätten perfekt französisch gesprochen. Rey sagte, der Angriff habe etwa fünf Minuten gedauert. Sie habe unter einem Schreibtisch Schutz gesucht. Die Satirezeitschrift hatte 2011 mit Karikaturen des Propheten Mohammed für Schlagzeilen gesorgt und war daraufhin mit Brandbomben attackiert worden. 2013 hatte "Charlie Hebdo" eine Comic-Biografie von Mohammed herausgebracht, die für Empörung sorgte. Am Mittwoch erschien die neue Ausgabe der Satirezeitschrift mit dem Autor Michel Houellebecq auf dem Cover, dessen neues Buch von einem Frankreich der Zukunft handelt, das von Islamisten regiert wird.
(kis/hba)