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Chef der Spielergewerkschaft wünscht sich Erklärung zur Hoeneß-Affäre

Eine Erklärung der Betroffenen im Steuerhinterziehungsfall Uli Hoeneß wäre ein Zeichen der Stärke in Richtung Mannschaft, sagt Ulf Baranowsky. Der Geschäftsführer der Vereinigung der Vertragsfußballspieler ergänzt, dass nun das Vertrauen für den Fußball zurückgewonnen werden müsse.

Ulf Baranowsky im Gespräch mit Bettina Klein |
    Bettina Klein: Eine Enttäuschung ist immer auch das Ende einer Täuschung und manchmal das Ende einer Selbsttäuschung. Von Enttäuschung, teilweise von persönlicher Enttäuschung war viel die Rede in den vergangenen Tagen. Es ging und geht um einen Fußballpräsidenten, und dessen Rolle nicht nur für den Verein FC Bayern München wollen wir jetzt beleuchten mit Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Vereinigung der Vertragsfußballspieler. Guten Morgen!

    Ulf Baranowsky: Guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Wie ist das jetzt mit der Vorbildfunktion von Ulrich Hoeneß, über den wir sprechen, als Vereinspräsident? Kann er die eigentlich noch wahrnehmen?

    Baranowsky: Das denke ich schon. Jetzt müssen wir natürlich auch sagen, dass es nicht an der Zeit ist, Vorverurteilungen zu machen. Jetzt müssen wir erst mal abwarten, wie sich die Sache weiter entwickelt. Es steht ja auch noch nicht fest, dass hier ein Gesetzesverstoß, der bestraft werden kann, begangen wurde. Von daher abwarten, bis ein bisschen mehr Licht in die Geschichte kommt, und dann wird man auch weiter sehen und dann wird man das ganze auch noch besser einordnen und beurteilen können.

    Klein: Eine Selbstanzeige ist für Sie noch kein Grund, dass man sagen sollte, er könnte vielleicht doch zumindest zeitweilig die Ämter ruhen lassen?

    Baranowsky: Gut, das muss letztendlich er selber entscheiden. Das muss auch sein Klub entscheiden. Er steht ja jetzt nicht als Politiker in einer Gesamtverantwortung, sondern er ist hier Privatmann. Und wie gesagt, man muss jetzt erst mal abwarten, was das Verfahren bringt. Bisher halten sich alle sehr bedeckt und ich rechne damit, dass da auch ein Kontra kommt und eine Gegenoffensive kommt. Alles andere würde mich wundern.

    Klein: Sie klingen schon so, als würden Sie wirklich zu Ulrich Hoeneß halten. Weshalb?

    Baranowsky: Nein, oder weder ja, noch nein. Ich versuche, es einzuordnen, und es ist jetzt auch nicht die Aufgabe von mir, hier mit der großen Moralkeule zu kommen. Es ist jetzt auch nicht die Aufgabe, vorzuverurteilen, sondern es ist sachgerecht, jetzt abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln.
    Ich weiß nämlich aus dem Fußball auch, dass an vielerlei Stellen – da waren Spieler dann betroffen – Vorverurteilungen erfolgt sind, unter anderem im Zusammenhang mit dem Spielmanipulationsskandal. Das war für die Betroffenen, wenn diese Anschuldigungen falsch waren, eine große Bürde, die haben da auch sehr drunter gelitten. In einem Fall geschah es beispielsweise durch eine Indiskretion, da tauchte in der Akte der Staatsanwaltschaft der Name auf als Zeuge, nicht als Beschuldigter. Er wurde dann öffentlich als Beschuldigter geführt sozusagen, hat sich dann alles aufgeklärt, aber erst viel, viel später. Darum halte ich mich sehr zurück mit Dingen, über die wir keine genauen Kenntnisse haben.

    Klein: Herr Baranowsky, lassen Sie uns noch mal einen Augenblick bei Ulrich Hoeneß bleiben. Er ist ja zitiert worden mit den Worten, er schließt einen Rücktritt aus. Er hat wohl auf jeden Fall gesagt, er denke daran im Augenblick nicht. Kann er das eigentlich alleine festlegen?

    Baranowsky: Ob er selber zurücktritt, kann er natürlich alleine festlegen. Ansonsten ist er ja Vereinspräsident und da stellt er sich turnusgemäß zur Wahl. Als Vereinspräsident ist er zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der Bayern München AG, ist also von Bayern München e.V. oberster Repräsentant, und in seiner Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender ist er natürlich auch maßgeblich damit beschäftigt, den Vorstand einzusetzen.
    Das operative Geschäft, das liegt natürlich auf den Vorständen der Bayern München AG. Für den sportlichen Bereich sind das dann insbesondere Matthias Sammer und Karl-Heinz Rummenigge.

    Klein: Wann wäre denn für Sie ein Punkt erreicht, wo ein Vereinspräsident oder Aufsichtsratsvorsitzender nicht mehr tragbar ist?

    Baranowsky: Das muss man ganz individuell schauen und dafür braucht man erst mal eine geklärte Faktenlage. Die Problematik, die wir jetzt hier haben, ist, dass sich alle sehr zurückhalten. Ich selber würde mir da etwas mehr Offensive auch wünschen, was ja ein Zeichen der Stärke wäre auch in Richtung Mannschaft, gehe aber davon aus, dass da zu gegebener Zeit dann auch noch eine Gegenoffensive kommen wird. Wichtig ist, dass Vertrauen zurückgewonnen wird, auch für den Fußball natürlich.

    Klein: Sie wünschen sich eine Gegenoffensive der Spieler des FC Bayern München, die sich dann hinter oder vor ihren Präsidenten stellen sollten?

    Baranowsky: Nein, nein! – Nein, nein! – Nein, nein! – Eine Erklärung der Betroffenen. Dass die Mannschaft gut spielt, das wünsche ich mir sowieso.

    Klein: Die Spieler sagen ja auch mit Blick auf die Begegnung heute Abend, die Affäre Hoeneß, wenn man sie so nennen will, würde sie überhaupt nicht belasten. Ist das Ihrer Erfahrung nach so, oder ist es dann hinter den Kulissen doch ein großes Thema, das verunsichernd oder beunruhigend wirkt?

    Baranowsky: Da darf man den Spielern schon glauben. Die Spieler des FC Bayern sind erfahren, sind gestandene Nationalspieler, sind auch großenteils schon etwas älter und sie werden fokussiert sein, die möchten unbedingt diesen Henkelpott gewinnen. Und werden heute Abend alles in die Wagschale werfen, sind auch gewohnt, mit Unruhe umzugehen, und es betrifft sie als Spieler ja auch nicht direkt.

    Klein: Ulrich Hoeneß hat ja offenbar auch in der Gesellschaft für viele als ein starkes Vorbild gewirkt. Er hat auch immer wieder versucht, als moralische Autorität aufzutreten. Manche sagen, er hat den erhobenen Zeigefinger geschwungen, und es sei jetzt eigentlich gut, dass mal die Wahrheit ans Licht komme. Wie ist er eigentlich in diese, ich sage mal, Vaterrolle hinein geraten?

    Baranowsky: Gut, sicherlich hat er sich selber auch in diese Rolle hinein gebracht - durch sein Wirken, durch seine öffentlichen Auftritte auch. Er ist sicherlich auch in diese Rolle konstruiert worden. Da kommt das eine zum anderen.

    Klein: Der Wirbel um diese Nachricht, der erzeugt wurde bei vielen Anhängern, hat doch eine sehr persönliche Enttäuschung teilweise zu erkennen gegeben. Wie ist das zustande gekommen, wie ist das zu erklären, dass jemand, der ein Präsident eines zugegebenermaßen sehr erfolgreichen Fußballvereins ist, diese Rolle ausfüllt?

    Baranowsky: Die Frage verstehe ich jetzt nicht inhaltlich.

    Klein: Ich versuche es noch einmal. Wir haben sehr viel von persönlicher Enttäuschung auch in den vergangenen Tagen gehört und das ist ja eigentlich erstaunlich bei dem Präsidenten eines Fußballvereins wie des FC Bayern München. Haben Sie eine Erklärung dafür, weshalb auch die persönliche Enttäuschung teilweise in den Medien öffentlich so stark geäußert wurde, bis hin zur Bundeskanzlerin?

    Baranowsky: Das hängt natürlich dann auch mit dem Image zusammen, das von Uli Hoeneß in den meisten Köpfen existiert. Die meisten Personen hätten ihm das jetzt sicherlich so nicht zugetraut. Aber auch hier noch mal einfügend:
    Zunächst sollten wir abwarten, wie sich dieser Fall weiter entwickelt, um dann zu einem abschließenden Urteil zu kommen. Jetzt pauschal zu sagen, er hat was Schlimmes gemacht, in dieses Lied würde ich nicht mit einstimmen wollen, nicht zu diesem Zeitpunkt.

    Klein: Bei der Pressekonferenz des FC Bayern gestern Mittag waren Fragen zu diesem Thema von vornherein untersagt, so muss man es wohl nennen, mit der zumindest indirekten Androhung, anderenfalls die Pressekonferenz abzubrechen. Ist das dem Fußballverein Bayern München angeraten, so mit Journalisten zu verfahren? Wie sehen Sie das?

    Baranowsky: Das ist natürlich kritisch. Man muss hier wissen, dass auch die UEFA, also der europäische Fußballverband, der die Champions League ausrichtet, hier seine Finger mit im Spiel hat und natürlich auch Themen vorschreibt für die Klubs. Darüber hinaus macht es natürlich immer einen besseren Eindruck, gerade wenn man unter Druck ist, sich auch stellt, sich auch äußert. Das ist dann nach außen ein Zeichen der Stärke, wenn man auch offener mit den Dingen umgeht, ein bisschen mehr Offensive zeigt. Auch das schadet überhaupt nicht, denn nur so lässt sich letztendlich dann auch Vertrauen wieder zurückgewinnen und Ruhe schaffen.

    Klein: Und wir werden die Entwicklungen in den kommenden Tagen und Wochen in diesem Thema weiter beobachten. – Das war heute Morgen im Deutschlandfunk Ulf Baranowsky, der Geschäftsführer der Vereinigung der Vertragsfußballspieler. Danke Ihnen für das Gespräch, Herr Baranowsky.

    Baranowsky: Ja danke, Frau Klein.


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