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Chemiecocktail im Supermarkt

Früherdbeeren, Paprika oder Weintrauben - immer wieder sind Lebensmittel mit Pestiziden belastet. Meist liegen die gefundenen Werte unterhalb der gesetzlich erlaubten Höchstmenge. Aber das trifft immer nur auf den jeweils einzelnen Stoff zu, der gefunden wird. Viel problematischer: Der Chemiecocktail, also die Summe unterschiedlicher Einzelstoffe. Greenpeace hat sich in führenden deutschen Supermärkten umgeschaut.

Von Werner Nording |
    Drei Viertel aller Lebensmittel in Deutschland werden von sechs führenden Supermarktketten verkauft. Greenpeace wollte wissen, welche Supermärkte dabei Obst und Gemüse mit der geringsten Pestizidbelastung anbieten. Fast fünf Wochen lang haben Tester die drei Obstsorten Birnen, Tafeltrauben und Pfirsiche, beziehungsweise Nektarinen eingekauft, sowie die fünf Gemüsesorten Tomaten, Karotten, Salatgurken, Paprika und Kopfsalat. Alle Proben wurden auf 300 Einzelpestizide untersucht. Dabei stellten die Labors schwere Missstände fest. Jede vierte Obst- und Gemüseprobe sei stark belastet gewesen, sagte Swati Jangle von Greenpeace Deutschland heute in Hamburg.

    "Wir 658 Proben untersucht. Bei denen haben wir in 15 Prozent Proben gefunden, die die gesetzlichen Höchstmengen überschritten, in 16 Proben haben wir Extrembelastungen gefunden, die für Kleinkinder akut giftig sind, in 112 deutschen Proben haben wir bei 27 Proben nicht zugelassene Pestizide gefunden - hier besteht der Verdacht, dass die Bauern illegale Pestizide eingesetzt haben."

    Nur ein Drittel aller Obst- und Gemüseproben aus deutschen Supermärkten konnten die Tester empfehlen, weil sie keine Pestizide enthielten, jede zweite Probe war nicht empfehlenswert, aber noch nicht akut gesundheitsgefährdend. Jede vierte Probe überschritt die Grenzwerte zum Teil deutlich.

    "Wir haben in allen zu beanstandenden Waren Anzeige gestellt bei den entsprechenden Behörden und Staatsanwaltschaften und werden auch weiter verfolgen, dass die Ware aus dem Sortiment genommen wird und die Kontrollen verbessert werden."

    Mit einem ausgeklügelten Punktesystem haben die Tester die deutschen Supermärkte bewertet. Die Geschäfte mit den am wenigsten belasteten Obst- und Gemüsesorten bekamen die meisten Punkte, wurden hohe Schadstoffwerte gefunden, gab es Minuspunkte.

    "Von den deutschen Supermärkten haben Lidl und der Metro-Konzern mit seiner Kette Real am schlechtesten abgeschnitten, weil sie das am stärksten mit giftigen Pestiziden belastete Obst und Gemüse verkaufen. Am besten schneidet der deutsche Discounter Aldi ab, im Mittelfeld liegen Edeka/Spar, Tengelmann, Rewe und der Regionalanbieter Tegut."

    Beim Metro-Konzern mit seinen Töchtern Kaufhof, Real und Extra wurden laut Greenpeace 30 Prozent der Proben als nicht empfehlenswert eingestuft, bei Lidl waren es sogar 32 Prozent. Aldi hatte 22 Prozent nicht empfehlenswertes Obst und Gemüse im Sortiment. Der Discounter konnte punkten, weil er mehr Ware aus Holland anbietet und diese Ware in der Regel weniger stark belastet ist als Obst und Gemüse aus dem Mittelmeerraum. Bedenklich nannte Greenpeace die Tatsache, dass deutsche Supermarktketten das Lebensmittelrecht oftmals ignorieren und täglich gegen Gesetze verstoßen, wenn sie gesundheitsgefährdende Ware verkaufen.

    "Handelsketten sind selbst dafür verantwortlich, Obst und Gemüse anzubieten, das keine Pestizide enthält, bei denen Höchstmengen überschritten werden. Das liegt in der Verantwortung der Handelsketten, solche Ware vorher schon auszusortieren. Die Supermärkte selbst handeln in dem Sinne kriminell, wenn sie so eine Ware anbieten."

    In den Supermärkten sei besseres Qualitäts-Management-System dringend erforderlich. Außerdem müssten die Landesministerien besser kontrollieren und schärfere Sanktionsmaßnahmen einführen. Wer unbelastetes Obst und Gemüse essen will, sollte auf Bioware zurückgreifen, rät Greenpeace. Die werde oft auch im Supermarkt angeboten.

    "Am einfachsten erkennt man Bio-Ware am Bio-Siegel, das sechseckige so genannte Künast-Siegel, das ist auch in den üblichen Handelsketten zu finden, weil auch die eigene Biomarken anbieten und auch dort muss das Bio-Siegel drauf sein. Das heißt, man muss nicht in den kleinen Bioladen gehen, sondern kann auch bei den normalen Handelsunternehmen normale Bioware finden."