Die umstrittene Chemikalie Bisphenol A ist aus dem Alltag kaum wegzudenken. Kassenbons aus Thermopapier sind damit bedruckt, als Weichmacher wird Bisphenol A in zahlreichen Plastikprodukten und Lebensmittelverpackungen verwendet, vor allem in Plastikflaschen, Konserven und Getränkedosen. Seit Jahren warnen Experten vor der Alltagschemikalie BPA: Der Stoff steht im Verdacht, den Hormonhaushalt von Frauen zu beeinflussen. Außerdem vermuten Forscher, dass Bisphenol A die Gehirnentwicklung bei Ungeborenen und Kleinkindern schädigt und auch bei Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen eine Rolle spielt.
"Im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes wäre es konsequent gewesen, 2010 das Bisphenol A nicht nur in Babyflaschen zu verbieten, sondern auch in anderen Lebensmittelkontaktmaterialien, bis wirklich klar ist, wie die gesundheitlichen Auswirkungen von Bisphenol A tatsächlich sind", sagt die Chemikerin Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Frankreich führt Verbot der Chemikalie ein
Innerhalb der EU gilt Frankreich als Vorreiter. Dort ist die Chemikalie seit dem 1. Januar 2015 in sämtlichen Lebensmittelverpackungen verboten. Deutschland sollte dem guten Beispiel der Franzosen folgen, meint Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Zwar hat die Europäische Lebensmittelbehörde den Grenzwert für Bisphenol A in Verpackungen gerade erst deutlich gesenkt, doch das reicht nicht aus, um die Verbraucher zu schützen, meint Jürgen Resch:
"Wir nehmen Bisphenol A über alle möglichen Produkte auf. Wenn man dann ein einziges Produkt überprüft, dann mag vielleicht der Grenzwert unterschritten, aber mit den anderen Aufnahmen zusammen findet diese Aufnahmen doch in einer solchen Höhe statt, dass wir eben diese gesundheitsschädliche Wirkung haben. Deswegen meinen wir, wie in Frankreich, sollte Bisphenol A für Lebensmittelverpackungen generell in Deutschland verboten werden."
Er stützt die Forderung der Deutschen Umwelthilfe mit den Ergebnissen einer von der Deutschen Umwelthilfe in Auftrag gegebenen Untersuchung. Demnach konnte die Chemikalie BPA in zwei von zehn getesteten Dosengetränken nachgewiesen werden. Zwar wurden die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten, dennoch könnten langfristige hormonelle Auswirkungen nur durch ein Verbot ausgeschlossen werden, erklärt Jürgen Resch. Außerdem wüssten die wenigsten Verbraucher, dass die Epoxidharze, mit denen die meisten Getränkedosen innen beschichtet sind, Bisphenol enthalten.
"Wir stellen zum einen fest, dass die Getränkeindustrie jedes Jahr erneut versucht, die Dose in den Markt zu drücken mit dem Argument, dass die Dose die Getränke besonders gut schützen würde. Wir haben einfach festgestellt, dass Getränkedosen zumindest teilweise belastet sind mit Bisphenol A. Und das passt einfach nicht zusammen."
Verbraucher sollten auf Kauf von Dosen verzichten
Entsprechende Anfragen an die Getränkeindustrie zum Einsatz von Bisphenol A blieben kurzfristig unbeantwortet. Dabei wirbt Rexam, der nach eigenen Angaben weltweit führende Hersteller von Getränkedosen, auf der eigenen Internetseite durchaus mit nachhaltigen Produkten. Fest steht, dass Forscher weltweit nach einem Ersatzstoff für Bisphenol A suchen, das aus Erdöl hergestellt wird. Noch ist keine Alternative gefunden. Ohnehin kann es dauern, bis die Industrie freiwillig von einem ausgereiften Verfahren ablässt und sich auf eine neue Produktionsmethode umstellt. Solange Bisphenol A nicht verboten ist, sollten Verbraucher auf den Kauf von Dosen verzichten, rät die Deutsche Umwelthilfe. Das meint auch die Chemikerin Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:
"Möglichst unverarbeitete frische Lebensmittel einzukaufen, die nicht in Dosen verpackt sind und auch auf Getränkedosen zu verzichten und auf Leitungswasser oder Getränke in Mehrwegflaschen zurückzugreifen."