"Ruhe in Frieden, Tommy" steht auf einem Transparent, die Fans rollen ein weißes Kreuz auf schwarzem Hintergrund aus. Salbungsvoll verliest der Stadionsprecher einen Gedenktext für den Verstorbenen, dessen Gesicht auf der Videoleinwand erscheint. Vermummte Anhänger des Chemnitzer FC brennen vor den schwarzen Transparenten weiß-rote Pyrotechnik ab. All das bejubelt von der Südkurve und toleriert von den etwa 4.000 Zuschauern des Spiels gegen die VSG Altglienicke. Sie jubeln einem verstorbenen Neonazi zu, der in den 1990ern die Gruppierung "Hooligans Nazis Rassisten" gegründet hatte und jahrelang mit seiner Security-Firma auch für die Sicherheit im Stadion zuständig war. Er war am Freitag verstorben.
Unfassbar wütend sei er über die Gedenkfeier vor dem Anpfiff, sagt der Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller von der SPD:
"Man ist so unfassbar dumm, so eine Geschichte im Stadion loszuwerden. Trauer und Beileid bei einem Tod gehört unbedingt dazu. Natürlich, das sind alles auch menschliche Regungen, die gehören dazu. Aber wenn man das für so einen Herrn macht, der ja bekannt ist und der auch eine Rolle spielt in den letzten 20, 25 Jahren in Chemnitz, kann man sich ausrechnen, was passiert. Das war also eine fürchterliche Dummheit."
CFC: "Ein Gebot der Mitmenschlichkeit"
Was den Chemnitzer FC veranlasst hat, die Bühne vor dem Spiel für einen Neonazi zu räumen, bleibt unklar. Zu einem Interview ist man heute nicht bereit. Der CFC äußerte sich nur schriftlich:
"Die Ermöglichung der gemeinsamen Trauer stellt keine Würdigung des Lebensinhalts des Verstorbenen dar. Es ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit, den Fans des CFC und Hinterbliebenen die darum baten, die gemeinsame Trauer zu ermöglichen. Dies geschah in Übereinstimmung mit Abwägungen, die von den Sicherheitsbehörden getroffen worden waren."
Die Zeilen hätten ihn aufhorchen lassen, sagt der Chemnitzer Unternehmer Stadtrat Lars Fassmann, der für die Wählervereinigung Volkssolidarität im Stadtrat sitzt.
"Dort gehe ich davon aus, dass ein gewisser Druck auf den CFC ausgeübt wurde. Ich könnte mir gut vorstellen, dass angekündigt wurde, so oder so zu trauern."
Sparkasse will Sponsoring beenden
Beim CFC und in seinem Umfeld trauerte man nicht nur vor dem Spiel. Stürmer Daniel Frahn hielt nach einem Treffer ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Support your local hools" in die Kamera. Die Fanbetreuerin des Chemnitzer FC hatte in einem Facebook-Post ebenfalls ihr Beileid mit dem Verstorbenen bekundet, den sie unter anderem als "straight" bezeichnet hatte. Sie sitzt auch für die SPD im Stadtrat.
Am Nachmittag teilte der Chemnitzer FC mit, dass der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Uhlig die Verantwortung für die Geschehnisse am gestern übernehme und sein Amt niederlege. Gegen Daniel Frahn verhängte der Verein eine Geldstrafe in unbekannter Höhe. Der Stürmer ließ mitteilen, er habe nicht gewusst, dass das von ihm gezeigte T-Shirt so tief in der Nazi-Szene verbreitet sei.
Der Hauptsponsor des CFC, die Sparkasse Chemnitz kündigte an, sein Sponsoring mit Ablauf des Vertrags zum Ende der Saison beenden. Auch die Stadtverwaltung fordert Aufklärung. Die Grünen im Stadtrat wollen die finanzielle Unterstützung für den CFC erneut überprüfen. Man sei schockiert darüber, wie weit rechtes Gedankengut im Verein und dessen Umfeld verankert sei. Auch Linke und FDP verurteilten Geschehen im Stadion.