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China
Aufrüstung verschreckt pazifistische Nachbarn

Im Konflikt um die Ukraine vermeidet es China, sich zu deutlich auf die Seite Russlands zu schlagen. Peking will es sich weder mit Moskau noch mit dem Westen verscherzen. Im eigenen Hinterhof jedoch agiert die Volksrepublik sehr viel selbstbewusster.

Von Ruth Kirchner | 08.03.2014
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    Um satte zwölf Prozent will die chinesische Regierung den Militäretat erhöhen. (dpa / Chinafotopress)
    Eine Demonstration der Stärke. Wieder einmal brach diese Woche Chinas einziger Flugzeugträger, die Liaoning, zu einer Trainingsfahrt ins ostchinesische Meer auf. Das Staatsfernsehen zeigte Kampfflugzeuge, die auf dem riesigen Schiff Start- und Landemanöver übten. Auch als bei der Eröffnung des diesjährigen Volkskongresses die Erhöhung der Militärausgaben auf 95 Milliarden verkündet wurde, nahm Premier Li Keqiang kein Blatt vor den Mund:
    "Im Zuge des Ziels der Partei, die Streitkräfte unter den neuen Bedingungen zu stärken, werden wir die Armee weiter modernisieren und ihre Abschreckungskraft und Gefechtsfähigkeit ausbauen."
    Von Hochtechnologie-Waffen sprach Li Keqiang. Von einer Verstärkung der Küsten-, Luft- und Grenzabwehr, von einer energischen Verteidigung chinesischer Interessen, Sicherheit und Souveränität. Am Vortag hatte bereits die Sprecherin des Volkskongresses, Fu Ying, Klartext geredet und jedweder Kritik an der chinesischen Aufrüstung eine Absage erteilt.
    "Angesichts unserer historischen Erfahrungen sind wir überzeugt, dass Frieden nur durch Stärke gesichert werden kann. Unsere Bevölkerung kann nicht in Frieden leben und arbeiten ohne eine starke Verteidigung."
    Neue Töne erhöhen die Spannungen in der Region
    Ungewöhnlich offene Worte für Chinas Regierung, die es bis vor Kurzem noch den Falken im Militär überlassen hatte, ein starkes, aufgerüstetes China zu fordern. Aber unter Staats- und Parteichef Xi Jinping werden neue Töne angeschlagen, was die Spannungen in der Region bereits deutlich erhöht hat. Es geht der Volksrepublik um dreierlei: sich als Regionalmacht zu etablieren, Japans Gebietsansprüche auf eine umstrittene Gruppe unbewohnter Inseln im ostchinesischen Meer zu untergraben und die Vorherrschaft der USA im Pazifik infrage zu stellen. Für Amerika, die Schutzmacht vieler Anrainerstaaten von China – darunter Japan, Südkorea und die Philippinen - ist das eine neue Herausforderung, sagt Robert Ross, Gastprofessor an der Tsinghua-Universität in Peking
    "Die Spannungen, die wir jetzt sehen, sind typisch für die Spannungen beim Aufstieg neuer Mächte. Größere militärische Fähigkeiten führen zu größeren Interessensansprüchen und das führt zu größeren Konflikten mit anderen. Früher war es einfacher, als es um Chinas friedlichen Aufstieg ging. Für die USA waren die Beziehungen so noch leichter zu managen."
    Mit einer Juniorrolle will sich China aber jetzt nicht mehr zufriedengeben. Im Verhältnis zu Washington ist in Peking von einer „neuen Beziehung zweier großer Mächte“ die Rede, obwohl das Reich der Mitte militärisch den USA noch weit hinterherhinkt. Stephanie Kleine Ahlbrandt, mittlerweile beim Friedensinstitut in Washington, beobachtet diesen Trend schon länger.
    "China ist seit Langem konsequent in seinen Zielen. Es hat seit mehreren Jahren deutlich gemacht, dass es sich umorientiert, um eine Seestreitmacht zu werden. China will Kontrolle über seine Region gewinnen."
    Einrichtung einer Luftverteidigungszone führte fast zu Eskalation
    Besonders unversöhnlich der Konflikt mit Japan um die Senkaku oder Diaoyu-Inselns. Dass in Tokio mit Shinzo Abe ein Nationalist an der Regierung ist, macht die Lage nicht einfacher. Doch war es zuletzt Chinas überraschende Einrichtung einer Luftverteidigungszone im November letzten Jahres, die fast zu einer Eskalation führte. Weder die USA, noch Japan oder Südkorea wollten die Zone akzeptieren. Doch mittlerweile hat Peking seinen Willen mehr oder weniger bekommen. Jetzt wachsen die Befürchtungen, dass China in einer anderen Konfliktregion, im südchinesischen Meer, ebenfalls so eine Zone einrichten könnte. Dort liegt Peking mit den Philippinen, Vietnam, Taiwan und anderen wegen Gebietsansprüchen im Clinch. Der Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums Yang Yijun wies entsprechende Medienberichte zwar zurück, hielt sich aber alle Optionen offen.
    "Eine Luftverteidigungszone beinhaltet keine Veränderungen des Territoriums, des Luftraums oder des Hoheitsgebiets auf See. China als souveräner Staat hat jedes Recht solche Zonen einzurichten. Ob wir das tun, hängt vom Grad der Bedrohung unserer Luftsicherheit und vielen anderen Bedingungen ab."
    So könnte also auch das Südchinesische Meer, eine wichtige internationale Schifffahrtsroute, mehr noch als bisher zu einem Flashpoint möglicher Konflikte werden. Nächste Woche soll in Singapur beim Treffen der ASEAN-Staaten zwar erneut über einen Verhaltenskodex in den Gewässern verhandelt werden, aber bislang waren die Fortschritte eher bescheiden.
    Selbstbewusstes Auftreten mit verbalen Attacken gegen den Erzfeind
    Chinas selbstbewusstes Auftreten wird medial begleitet von verbalen Attacken - vor allem gegen den Erzfeind Japan, teilweise gegen die USA, manchmal auch gegen den Westen im Allgemeinen. Das geht über die Regionalpolitik hinaus und kann als Hinweis gesehen werden, dass über den Pazifik hinaus für China die Zeit der vom Westen definierten Ordnung abgelaufen ist – und dass in der künftigen neuen Weltordnung Länder wie China mehr Mitsprache wollen. Ein starkes Militär ist dafür aus chinesischer Sicht Voraussetzung.