Strafzölle auf E-Autos aus China
Diese Folgen könnten die EU-Maßnahmen haben

Nachdem die EU angekündigt hat, Importzölle auf Elektroautos aus China zu verhängen, sind die Sorgen vor einem Handelskrieg groß. Einige Experten sehen auch die Verkehrswende in Deutschland in Gefahr. Ein Überblick über die möglichen Folgen.

    Die EU-Kommission wirft China vor, mit Subventionen für E-Autobauer den Wettbewerb zu verzerren.
    Chinesische E-Autos zu niedrigen Preisen: Das ermöglicht auch die Regierung in Peking durch Subventionen. (IMAGO / NurPhoto / IMAGO / CFOTO)
    Nun sollen sie doch kommen: höhere Importzölle auf Elektroautos aus China. Das hat die Europäische Kommission nach längerer Prüfung verkündet. Ob die Zölle von bis zu etwa 38 Prozent aber tatsächlich gezahlt werden müssen, hängt davon ab, ob mit China nicht doch noch eine andere Lösung gefunden wird. Darauf hofft auch die deutsche Bundesregierung.
    Sollte das nicht der Fall sein, sollen die neuen Importzollregelungen ab dem 4. Juli 2024 gelten.

    Inhalt

    Welche Zölle verhängt die EU?

    Die EU-Kommission will nicht alle E-Autos aus China gleich besteuern. Sie unterscheidet zwischen Herstellern, die bei der Prüfung der Importzölle mit der Kommission kooperiert und Informationen bereitgestellt haben, und solchen, die das ablehnten. Die Autos der kooperativen Hersteller werden mit etwa 21 Prozent Importzoll belegt, die anderen mit etwa 38 Prozent.
    Namentlich genannt wurden außerdem die chinesischen Hersteller BYD, Geely und SAIC. Für BYD droht ein Importzoll von 17,4 Prozent, für Geely von 20 Prozent und für den Volkswagen-Partnerkonzern SAIC von 38,1 Prozent. Aber auch auf alle anderen Elektroautos aus China werden Zölle erhoben. Die Importzölle betreffen auch deutsche Hersteller, die in China produzieren, wie beispielsweise Smart oder die BMW-Tochter Mini.

    Warum will die EU Strafzölle verhängen?

    Nach Ansicht der EU wird die gesamte Wertschöpfungskette bei der Produktion von Autobatterien und Elektroautos in China durch staatliche Subventionen massiv verzerrt. Dadurch, dass chinesische Firmen derart stark subventioniert werden, können sie den Weltmarkt mit ihren Produkten zu sehr niedrigen Preisen fluten. Das ermöglicht ihnen große Sondergewinne. Die EU sieht in dieser Wettbewerbsverzerrung einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) und beruft sich darauf, dass diese Regeln auch das Verhängen von Importzöllen erlaubt.

    Warum subventioniert China die E-Auto-Branche so stark?

    Zuletzt hat die chinesische Wirtschaft etwas geschwächelt. Eine der Ursachen: Die Binnennachfrage hat in China nachgelassen. Dennoch haben chinesische Firmen weiter viel produziert. Das führte zu einer Überproduktion. Um diese Produkte aber auf dem Weltmarkt verkauft zu bekommen, mussten die Preise gesenkt werden. Dafür subventioniert der chinesische Staat die Firmen mit hohen Summen.

    Droht ein Handelskrieg mit China?

    Die USA haben bereits vor wenigen Wochen Zölle auf viele verschiedene chinesische Produkte erhöht – die Importzölle auf Elektroautos sogar auf etwa 100 Prozent. Auch der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union und China beschränkt sich nicht nur auf E-Autos. Bereiche wie die Stahlindustrie oder die Medizintechnik sind ebenfalls betroffen.
    Die Sorgen vor einem Handelskrieg mit China werden immer größer. Denn die chinesische Regierung erwägt nun eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO). Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte, die Entscheidung der EU verletze wahrscheinlich WTO-Regeln und sei "unverhohlen protektionistisch". China "behalte sich das Recht vor", bei der WTO Klage einzureichen "und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen entschlossen zu verteidigen".
    Es beziehen sich also sowohl China als auch die EU auf die WTO-Regeln. Diese sehen aber auch vor, dass bei Streitigkeiten die Parteien durch Dialog zu einer Lösung finden.
    Außerdem droht China ebenfalls mit höheren Zöllen: Ein Experte eines staatlichen Forschungsinstituts sprach von 25 Prozent Einfuhrzoll für westliche Verbrennerfahrzeuge mit größeren Motoren. Das dürfte vor allem deutsche Autobauer wie BMW und Mercedes betreffen.
    Die Bundesregierung hofft indessen, dass sich die Strafzölle noch abwenden lassen. Einen Handelskrieg könne sich "niemand wünschen", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). "Es wäre für Deutschland eine Katastrophe und es wäre auch für die Europäische Union nicht von Vorteil." Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hofft, dass die Strafzölle noch verhindert werden können. "Entscheidend ist, dass jetzt gesprochen wird", sagte der Grünen-Politiker.
    Um die Kommissionsentscheidung noch zu kippen, gibt es hohe Hürden: Deutschland müsste im Ministerrat eine Mehrheit von 15 Mitgliedsländern organisieren, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen.

    Wie reagiert die deutsche Industrie?

    Zwar seien die chinesischen Subventionen durchaus schwierig, aber sie bezweifele, dass Importzölle das richtige Instrument sei, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller. „Drei von vier deutschen Autos gehen in den Export“, sagt Müller, „und wir befürchten natürlich Rückstoßeffekte, die den Zugang zum chinesischen Markt erschweren, den wir für den Hochlauf von Elektromobilität brauchen“.
    Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, die Zölle würden für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft nicht ohne Folgen bleiben. Die EU müsse aufpassen, nicht zwischen die geopolitischen Mühlen seiner zwei wichtigsten Handelspartner zu geraten, erklärte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Der weltgrößte Autozulieferer Bosch gibt zu bedenken, höhere Importzölle könnten das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation befeuern, was große Teile der Bevölkerung treffe.
    Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zufolge befürwortet allerdings die breite Mehrheit der Industrieunternehmen in Deutschland Strafzölle gegen China wegen des zunehmenden Konkurrenzdrucks aus dem Land.

    Wären die Zölle auf chinesische E-Autos ein Rückschlag für die Verkehrswende?

    Bis 2030 sollen 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren, damit die Klimaziele erreicht werden können. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts waren es im April 2024 aber erst 1,46 Millionen. Daher braucht es auch ein breiteres Angebot an kleinen und günstigen Elektroautos. Durch die möglichen Strafzölle der EU gegen China würden aber genau diese E-Autos für europäische Verbraucher teurer.
    Zwar will Europa auch unabhängiger von China werden und die eigene Produktion im Bereich der Elektromobilität ausbauen. Aber die deutsche Automobilindustrie produziert vor allem teurere Autos – auch in der Elektromobilität. Eine eigene europäische Produktion von günstigen E-Autos bräuchte also Zeit. „Wir sehen, dass wir mittel- bis langfristig auch die chinesischen Hersteller hier brauchen, um den Kunden in Deutschland und Europa ein gutes Angebot zu machen“, sagt Christian Hochfeld, Geschäftsführer der Initiative Agora Verkehrswende.

    mg